Neuer Brennpunkt an der amerikanischen Südwest-Grenze. In den vergangenen Tagen sind bei der texanischen Kleinstadt Del Rio gegen 15'000 Migrantinnen und Migranten ohne gültige Reisepapiere eingereist.
Weil das Grenzwachtkorps CBP (Customs and Border Protection) mit der Menschenmenge zumindest anfänglich komplett überfordert war, harren die Menschen seit Tagen im Niemandsland zwischen den offiziellen Grenzposten aus; in der Spätsommerhitze von Texas spendet bloss die «International Bridge», die einzige Strassenverbindung zwischen Mexiko und Amerika in Del Rio, ein wenig Schatten. (Am Sonntag stiegen die Temperaturen auf fast 40 Grad Celsius.) «Ich hätte nie in meinem Leben gedacht, dass ich etwas in dieser Grössenordnung erleben würde», sagte Bruno Lozano, der demokratische Stadtpräsident von Del Rio, Einwohnerzahl: 36'000.
NEW: As of 7:15pm Del Rio time, here is what the situation under the international bridge looks like, where close to 15,000 migrants have camped out after crossing illegally. Many of the migrants have constructed makeshift shelters from sticks and plants. @FoxNews pic.twitter.com/i6tyPxSw25
— Bill Melugin (@BillFOXLA) September 19, 2021
Am Wochenende nun verabschiedete die Regierung von Präsident Joe Biden ein Hilfspaket, um die dramatische Lage etwas zu entschärfen. Demnach wollte das nationale Sicherheitsministerium Tausende von Menschen aus Del Rio direkt in ihre Heimat ausschaffen. Die Rede war am Sonntag von fünf bis acht Flügen pro Tag.
Die meisten Migrantinnen und Migranten, hiess es aus Texas, stammten aus Haiti; viele flohen bereits vor Jahren aus dem Inselstaat und arbeiteten in den vergangenen Jahren in Brasilien oder Chile. An einer Rückkehr nach Haiti, einem der ärmsten Länder der Welt, haben sie kein Interesse. So zitierte die Nachrichtenagentur AP den 38-jährigen Fabricio Jean mit den Worten: «In Haiti, da gibt es keine Sicherheit. Das Land ist in einer politischen Krise.»
Auch entschied die Regierung Biden, die Zahl der Grenzwächter in Del Rio massiv aufzustocken, um mehr als 2000 CBP-Agenten. Für den texanischen Gouverneur Greg Abbott reichen diese Ankündigungen allerdings nicht aus. Deshalb blockierte die texanische Staatspolizei am Samstag kurzerhand den Zugang zum Grenzfluss Rio Grande und verhinderte damit, dass die Tausenden von Migranten unter der «International Bridge» sich auf der mexikanischen Flussseite weiter mit Lebensmitteln und Getränken versorgen konnten.
The Texas Department of Public Safety is in full force along the border around the Del Rio area.
— Greg Abbott (@GregAbbott_TX) September 18, 2021
They have built a barricade with their squad cars and State Troopers.
The National Guard is working with them to secure the border.
@TxDPS @TexasGuard pic.twitter.com/U2XR9qgZce
Abbott beklagt sich seit Monaten darüber, dass die Regierung Biden den Schutz der Grenze vernachlässige; so kündigte er im Sommer an, nötigenfalls selbst eine Mauer zu bauen, nachdem Biden gesagt hatte, dass keine Bundesgelder mehr in die Erstellung eines Grenzwalls fliessen würden. Bereits bewilligte das Staatsparlament von Texas, in dem die Republikaner die Mehrheit stellen, 788 Millionen Dollar. Weitere 54 Millionen Dollar soll Abbott von privaten Geldgebern gesammelt haben.
Allerdings zeigt das Beispiel Del Rio, dass ein solche Befestigung kein Allheilmittel ist. So befindet sich Zaun fast einen Kilometer entfernt von der eigentlichen Grenze; die Befestigung, die von Bidens Vorgängern erbaut wurde, schirmt ein Industriegebiet von den Wiesen und Wäldern direkt am Rio Grande ab. Gemäss amerikanischen Gesetzen aber kann eine Migrantin oder ein Migrant einen Asylantrag stellen, wenn er sich auf amerikanischem Boden befindet. Weil die Grenze zwischen Mexiko und Amerika gegen 3145 Kilometer lang ist, kommt der Kampf des Grenzwachtkorps gegen Menschenschmuggler einer Sisyphusarbeit gleich.
BREAKING: I am absolutely stunned by what I’m witnessing right now. We are on a boat in the Rio Grande near the Del Rio international bridge and we are watching as masses of hundreds of migrants walk across the river from Mexico and stream into the US illegally. @FoxNews pic.twitter.com/xXE4pDkpIe
— Bill Melugin (@BillFOXLA) September 18, 2021
Seit Beginn des aktuellen Fiskaljahres im Oktober 2020 haben gegen 1.5 Millionen Menschen die Grenze zwischen Mexiko und Amerika ohne gültige Reisepapiere überschritten; allein im Abschnitt Del Rio griff das Grenzwachtkorps in den vergangenen fast zwölf Monaten gegen 215'000 Migrantinnen und Migranten auf. (bzbasel.ch)
Das glaube ich Fabricio Jean gerne. Ich möchte auch nicht in Haiti leben und kann absolut verstehen, dass er von dort weggegangen ist.
Aber so funktioniert Asyl nicht, ganz einach nicht.