Ägyptens Armee hat in der vergangenen Jahren im Norden der Halbinsel Sinai nach Erkenntnissen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) Tausende Häuser zerstört.
Dabei handele es sich um Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht und möglicherweise um ein Kriegsverbrechen, teilten die Menschenrechtler am Mittwoch mit. Zehntausende Bewohner seien vertrieben worden.
Die ägyptischen Sicherheitskräfte geben an, im Nord-Sinai gegen Terrorgruppen vorzugehen. Dort ist unter anderem ein ägyptischer Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aktiv. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Anschlägen auf Sicherheitskräfte und zu schweren Zusammenstössen.
Die Armee hat deshalb in mehreren Orten Pufferzonen eingerichtet, etwa um Schmuggel-Tunnel in den Gaza-Streifen zu zerstören. Dafür demolierten die Streitkräfte HRW zufolge Wohnhäuser innerhalb, aber auch ausserhalb dieser Pufferzonen.
Zwischen Ende 2013 und Juli 2020 zerstörte die Armee dem Bericht zufolge insgesamt mindestens 12 350 Gebäude und 6000 Hektar Ackerfläche. Die Menschenrechtsorganisation schätzt, dass 100 000 der rund 450 000 Einwohner des Nord-Sinai als Folge von Zerstörung und Gewalt seit 2013 vertrieben wurden. Hunderte, womöglich auch Tausende Familien seien dafür bislang nicht entschädigt worden.
Die Spannungen in der Region nahmen zu, nachdem das Militär den frei gewählten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi 2013 gestürzt hatte. Seitdem sind Hunderte Angehörige der ägyptischen Sicherheitskräfte bei Angriffen getötet worden, zu denen sich meist der IS bekannte. (aeg/sda/dpa)