Wie der FC Trump das schöne Spiel zerstört
Was war uns vor dieser zweiten Halbzeit alles versprochen worden? Der Vereinsboss und Spielertrainer in Personalunion des FC Trump (in den roten Tenues), Donald J., nahm den Mund sogar für seine Verhältnisse richtig voll. Die ersten Treffer werde er quasi mit dem Anpfiff versenken – wenn nicht sogar noch früher. Seine Fans hingen an seinen Lippen, standen sich vor dem Fanshop die Beine in den Bauch und kauften noch schnell seine Krypto-Coins – und sogar die seiner Frau.
Auf der Gegenseite standen die Spieler des FC Dems (blaue Tenues) mit heruntergelassenen Hosen da. Die unkonventionelle Spielweise der Trumpisten in der ersten Halbzeit hatte sie ratlos zurückgelassen. Doch statt sich während der Pause darauf einzustellen, leckten sie sich lieber die Wunden. Und ihr Coach? Er unterliess es, das Team richtig einzuschwören. Dafür nahm er ein Nickerchen.
Kurz vor Beginn der zweiten Halbzeit wird den Dems das Taktikbuch des Gegners zugespielt. Darin enthalten sind angestrebte Regeländerungen, taktische Fouls und Bestechung der Schiris. Doch die Rat- und Führerlosigkeit der Dems ist so frappant, dass keine koordinierte Reaktion erfolgt. Diesem Team fehlt ganz klar einer wie Xhaka.
Als der Stadion-Speaker die Aufstellung des FC Trump herunterliest, sind sowohl Freund als auch Feind überrascht. Die Liste enthält lauter unbekannte Namen, Neulinge und Quereinsteiger. Die Qualifikation der Startelf beschränkt sich auf die Loyalität zum Klub-Boss. Fussball hat kaum jemand auf professionellem Level gespielt. Entsprechend amateurhaft startet die zweite Halbzeit.
Das Spiel als grottig zu bezeichnen, ist noch eine Untertreibung. An Unterhaltung mangelt es aber nicht. Im Gegenteil. Innerhalb weniger Minuten hat sich das Stadion in ein Tollhaus verwandelt – in ein animiertes Slapstick-Wimmelbild. Wo auch immer der neutrale Zuschauer hinschaut, ereignet sich ein Unfall. Auf dem Platz, in den Zuschauerrängen und auch in den Katakomben herrscht so viel Action, dass auch erfahrene Chronisten nur Bruchstücke davon überliefern können. Nach 8 von 45 Minuten muss man konstatieren: Die Hütte brennt nicht nur einfach, sie tanzt dazu auch noch nackt auf der Bar, während sie billige Zaubertricks zeigt.
Als erster Protagonist fällt Starstürmer Musk auf. Wie von der Tarantel gestochen feuert er scheinbar ohne System zahlreiche Angestellte des Stadions. Danach pflügt er die gegnerische Platzhälfte um. Viel Zählbares kommt dabei nicht heraus – aber wenigstens ist der Rasen kaputt.
Musks irrwitziges Tempo und sein erratisches Vorgehen lässt bald schon die Vermutung aufkommen, er habe es mit dem Doping etwas übertrieben. Dass er bereits nach wenigen Einsatzminuten ausgewechselt werden muss, kommt deshalb nicht überraschend. Bei seiner Auswechslung lässt er sich dann noch zu einer üblen Geste hinreissen.
Am anderen Ende des Platzes sieht es nicht besser aus. Die Innenverteidigung mit Kash Patel und Pete Hegseth irrt wie besoffen im eigenen Strafraum umher. Vorstopper Lutnik drischt die Bälle im besten Kick-and-Rush-Stil aus der eigenen Zone. Dass das Team auf eine dermassen veraltete und nachweislich erfolglose Taktik setzt, mit der im modernen Fussball kein Blumentopf mehr gewonnen wird, scheint den Fans egal. Sie hoffen auf eine Hail Mary.
Die zahlreichsten Ballkontakte verzeichnet Mittelfeldstratege Stephen Miller. Er hat sich an die äusserste rechte Flanke zurückgezogen und spielt dort klein-klein mit J.D. Vance, Russell Vought, Susie Wiles und Steve Witkoff. Sie orientieren sich dabei an den Anweisungen, die ihnen Peter Thiel und Curtis Yarvin aus der Ehrenloge zurufen. Trotzdem hat die Gurkentruppe Mühe, sich zu organisieren. Komplett im Offside steht Robert F. Kennedy Jr. Nicht nur auf dem Feld, sondern auch innerhalb des FC Trump. Er ist sich das gewöhnt – von den Familientreffen.
Dass der FC Trump dennoch nicht komplett unter die Räder kommt, hat der Klub verschiedenen Faktoren zu verdanken. Einer davon ist Schlussmann Jerome Powell. Sein beherztes Stellungsspiel durchkreuzt zwar die taktischen Vorgaben des Klub-Bosses, er behält sein Team damit aber im Spiel. Bei einigen Eigentoren war er indes machtlos. Nicht verhindern konnte er beispielsweise, dass seit Anpfiff die Preise für Verpflegung und Parkplätze stetig steigen.
Ein anderer Faktor ist, dass der Hauptschiedsrichter schon länger für den FC Trump pfeift und den VAR immer mal wieder ignoriert. Im Chaos gelingt es auch dem FC Trump, sich über Schiedsrichter-Entscheide hinwegzusetzen. Und wenn das Resultat nicht gefällt, wird halt die Person an der Anzeigetafel ausgetauscht. Dafür sorgt der Klub-Boss höchstpersönlich – so können Eigentore als eigene Erfolge gewertet werden.
Eins muss man ihm lassen. Der Klub-Boss ist omnipräsent. Zuerst begnadigt er die randalierenden Hooligans, die immerhin einen Stadionmitarbeiter auf dem Gewissen haben, dann lässt er sich in den Ehrenlogen den Ring küssen, nur um sogleich unten auf dem Feld die Linienrichter zu bedrohen. Im Fanshop verkauft er Merchandise-Artikel und zurück im Büro zerstört er die Nachwuchsabteilung, dreht den wichtigsten Ausbildungsstätten den Geldhahn ab und streicht Fan-Programme zusammen. Dafür bereichert er sich, lässt sich fürstlich von gegnerischen Klub-Bossen beschenken und für Unsummen die Armee im Gästesektor auflaufen.
Auch auf dem Feld versucht er sich, fällt dabei aber vor allem durch Getorkel und Querschläger auf. Technisch ist er eine Null. Er ist mehr der Mann fürs Grobe, der es vor allem auf die Knochen der Gegner abgesehen hat. Seine Qualitäten beschränken sich auf hinterlistige Fouls und das Aufheizen seiner Fans. Darin ist er allerdings ein unangefochtener Meister.
Seinem Anhang gefällt's. Auf dem Platz läuft's nicht, aber sie erfreuen sich am Gaudi, wenn die aufgerüstete maskierte Stadionsicherheit willkürlich Personen entfernt. Da wird gejohlt und geklatscht. Dass es dabei auch zu tödlichen Zwischenfällen kommt ... Schwamm drüber. Hauptsache, irgendwer – womöglich der Gegner – kriegt eins aufs Maul.
Die Gräben zwischen den Fanlagern werden immer tiefer. Nach Jahren der Schmach dürfen sich FC-Trump-Anhänger endlich wieder auf der Siegerseite fühlen – wenigstens mental. Sie stören sich nicht daran, wie unansehnlich das Spiel geworden ist. Vom Regelwerk kennen viele nur die erste Seite. Für die Feinheiten des Spiels interessieren sie sich nicht. Ausserdem zeigt der klubeigene Fernsehsender sowieso nur einen geschönten Zusammenschnitt fern jeglicher Realität. TV-Sendern, die nicht hofgetreu berichten, wird gedroht.
Dass die steten Regelverstösse die gegnerischen Fans immer mehr zur Weissglut treiben, feuert die siegestrunkenen FC-Trump-Fans nur noch an. Ihrem Klub-Boss lassen sie deshalb fast alles durchgehen. Einzig, dass er den Vertrag mit einem alten Freund nicht offenlegen will, stimmt einige milde kritisch. Dass Trumps Männer indes das Stadion dermassen auseinandernehmen, dass langsam der ordentliche Spielbetrieb ernsthaft in Gefahr gerät, ist für sie zweitrangig. Deshalb haben sie ihn ja ins Amt gehievt, den verurteilten Verbrecher.
Und das ist die eigentliche Krux der Story. Bei all dem Tohuwabohu geht vergessen, dass das Stadion nur so gross und strahlend gebaut werden konnte, weil das Spiel so erfolgreich ist. Und der Ursprung und Motor des Erfolgs liegt in der Schönheit des Spiels, seiner Balance. Zerstört man diese, kommt der Motor ins Stottern und das Stadion zerfällt. Dem FC Trump scheint das egal. Aber er kannibalisiert für den kurzfristigen Kick und die persönliche Bereicherung, was ihn einst gross machte.
Liebe das Spiel mehr als das Gewinnen – dieses Credo ist leider vorbei. Auch in Europa müssen wir achtgeben, dass es nicht so weit kommt.