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Israel bestreitet Hinrichtung von palästinensischen Rettungskräften

Israels Armee bestreitet Hinrichtung von palästinensischen Rettungskräften

06.04.2025, 07:1906.04.2025, 07:19
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Der Tod einer Gruppe von palästinensischen Rettungskräften im Gazastreifen durch Schüsse israelischer Soldaten bringt das Militär in Erklärungsnot. Laut der «Times of Israel» räumte die Armee am Abend ein, dass ihre anfängliche Darstellung des Vorfalls von vor rund zwei Wochen inkorrekt war. Die Truppen hätten jedoch niemanden hingerichtet und auch nichts zu vertuschen versucht. Unter den Getöteten seien mehrere Mitglieder der islamistischen Terrororganisation Hamas. Der Fall werde erneut untersucht und heute dem Generalstabschef Ejal Zamir vorgelegt, hiess es.

Ein Kranken- und ein Feuerwehrwagen waren am 23. März nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmonds (PRCS) in Rafah von israelischen Soldaten angegriffen worden. Die Leichen von 14 Männern konnten erst sieben Tage später aus einem Massengrab geborgen werden. Laut dem «Wall Street Journal» handelte es sich dabei um acht Sanitäter des Roten Halbmonds sowie sechs des palästinensischen Zivilschutzes. Zudem sei an einer anderen Stelle die Leiche eines UN-Mitarbeiters gefunden worden. Ein Mann werde vermisst.

Die israelische Armee hatte damals behauptet, dass sich mehrere Fahrzeuge auf verdächtige Weise – ohne Koordinierung und ohne Scheinwerferlicht – den Truppen genähert hätten. Das Militär habe nun eingeräumt, dass diese Darstellung falsch war und auf den Aussagen der Soldaten beruhte, die an dem Vorfall beteiligt waren, berichtete die «Times of Israel».

Video mit letzten Minuten im Leben der Retter

Der Rote Halbmond hatte bei einem der getöteten Sanitäter ein Mobiltelefon gefunden, auf dem die letzten Minuten des Rettungstrupps per Video und Audio aufgezeichnet sind. Auf dem Video sind Krankenwagen und ein Feuerwehrfahrzeug zu sehen, die deutlich markiert sind und sich mit Scheinwerferlicht und Blaulicht fortbewegen. Eine Kopie des Materials sandte die Organisation nach eigenen Angaben an den UN-Weltsicherheitsrat.

Gaza Roter Halbmond 23.März
Das zertrümmerte UN-Fahrzeug und das Feuerwehrauto sind auf Fotos zu sehen, die am Tatort aufgenommen wurden.Bild: Ocha/Roter Halbmond

Durch einen UN-Diplomaten waren die Aufnahmen an die «New York Times» gelangt, die sie in der Nacht zum Samstag veröffentlichte. Laut der «Times of Israel» wollte die Armee den Zwischenfall in Rafah im Süden Gazas daraufhin erneut gründlich untersuchen. Die Bildaufzeichnung bricht nach weniger als einer Minute ab, als der Konvoi unter israelischen Beschuss gerät. Nach Einschätzung des Roten Halbmonds wurden die unbewaffneten Retter aus nächster Nähe erschossen. Die bisherigen Ermittlungen der Armee hätten dagegen ergeben, dass dies nicht der Fall war, berichtete die «Times of Israel».

Bericht: Hamas-Kämpfer unter Getöteten

Mindestens sechs der 15 Getöteten seien von Geheimdienstmitarbeitern sofort als Hamas-Kämpfer identifiziert worden. Nach den tödlichen Schüssen habe ein Vize-Bataillonskommandeur mit seinen Soldaten die Leichen eingesammelt, sie in Sand eingegraben und die Stelle markiert, berichtete die Zeitung weiter. Nach Angaben des Militärs sei das Vergraben von Leichen eine gängige Praxis, um zu verhindern, dass wilde Hunde und andere Tiere die Leichen fressen.

Die Armee habe ein UN-Team über die Stelle informiert. Am nächsten Tag habe das UN-Team den Ort jedoch nicht finden können; die Armee sei da schon mit anderen Aufgaben befasst gewesen. Die UN-Seite sei dann aufgefordert worden, einige Tage später zurückzukehren. Dem «Wall Street Journal» zufolge hatte das Team der Vereinten Nationen dagegen mehrere Tage vergeblich auf die Erlaubnis der israelischen Armee gewartet, nach den Getöteten zu suchen.

UN-Hilfswerk fordert Zugang für Hilfskonvois

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef wies unterdessen auf die Not der rund eine Million Kinder und Jugendlichen in Gaza hin. Tausende Paletten mit Hilfsgütern stünden zwar an der Grenze bereit, aber der Zugang zu dem abgeriegelten Küstengebiet sei seit dem 2. März gesperrt, beklagte der zuständige Regionaldirektor Edouard Beigbeder. Gebrauchsfertige Säuglingsnahrung sei nur noch für 400 Kinder und für einen Monat übrig. Unicef schätzt aber, dass fast 10'000 Säuglinge unter sechs Monaten zusätzliche Nahrung benötigen.

Unicef forderte die Kriegsparteien – also Israel und die Hamas – erneut auf, die Feindseligkeiten einzustellen und die gebrochene Feuerpause wiederherzustellen. An die Hamas appellierte Unicef, die von ihr aus Israel verschleppten Geiseln freizulassen. Auslöser des Kriegs war das Massaker palästinensischer Terroristen aus Gaza am 7. Oktober 2023 in Israel. (sda/dpa)

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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Butschina
06.04.2025 08:27registriert August 2015
Wieso vergräbt man auch die Autos? Da dürften wilde Hunde ja wenig Freude dran haben. Das macht das Ganze für mich sehr suspekt. Das müsste von einer unabhängigen Stelle untersucht werden.
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Dr. Rodney McKay
06.04.2025 08:15registriert September 2024
Die Liste mit Kriegsverbrechen der israelischen Armee ist um einen Eintrag reicher. Und der Westen schaut weiterhin geschlossen dabei zu.

Kranke Welt.
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Yupidu
06.04.2025 16:12registriert März 2020
Irgendjemand überrascht? Vielleicht der Hauptgrund des zweiten Bibi Besuch im Weissen Haus? Kriminelle untereinander....
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