Der prominente kanadische Kardinal Marc Ouellet wird in seinem Heimatland wegen sexueller Belästigung verklagt. Der als Vertrauter von Papst Franziskus geltende Geistliche aus der Diözese Québec wird kanadischen Medien zufolge zusammen mit Dutzenden weiteren Personen sexueller Übergriffe beschuldigt.
Eine Frau wirft dem 78-Jährigen, der in vergangenen Konklaven als Anwärter auf den Heiligen Stuhl gesehen wurde, übergriffige Berührungen vor – unter anderem 2010 an Rücken und Gesäss. Sie sei damals Mitte 20 und Praktikantin in der Diözese gewesen. Der Vatikan liess eine Anfrage am Mittwoch zu dem Fall und den Vorwürfen gegen Ouellet unbeantwortet.
Der Kardinal zählt zu den ranghohen Bediensteten im Vatikan. Von 2002 bis 2010 war Ouellet Erzbischof der Diözese Québec, der ältesten in Kanada. Der französischsprachige Landesteil gilt als überwiegend katholisch. Auf seine Zeit in Québec gehen auch die Anschuldigungen aus der Klageschrift zurück. Der heute emeritierte Papst Benedikt XVI. machte Ouellet 2010 zum Präfekten und damit Leiter des Dikasteriums für die Bischöfe – eine zentrale und mächtige Behörde im Vatikan, die sich etwa um die Ernennung der Kirchenmänner kümmert.
Jorge Mario Bergoglio bestätigte Ouellet nach seiner Wahl zum Papst 2013 im Amt als Präfekt des Dikasteriums. Heute wird Ouellet zum engeren Kreis um Franziskus gerechnet und gilt als dessen Vertrauter. Schon 2013 war sein Name auf Listen für mögliche Nachfolger auf dem Stuhl Petri zu lesen. Ende Juli begleitete Ouellet den Papst auf dessen Reise nach Kanada, während der Franziskus mehrfach bei den Indigenen des Landes für jahrzehntelangen Missbrauch in von der Kirche geführten Internaten um Vergebung bat. (aeg/sda/dpa)