«Es ist viel zu viel Drama, eine Freakshow. Deshalb halte ich mich aus der Politik raus und gehe nicht wählen», sagt Kellnerin Bella. Aufgrund besserer Arbeitsbedingungen ist sie von Dodge City im US-Bundesstaat Kansas nach Florida gezogen.
Als ich Bella in Miami Beach, unweit der wogenden Wellen des Meeres und unter im Wind wiegenden Palmen, auf die bevorstehende Präsidentschaftswahl anspreche, scheint es ihr direkt abzulöschen. Sie bezeichnet Donald Trump als Clown und Kamala Harris als Transsexuelle, die ausschaue, «als hätte sie mal einen Adamsapfel gehabt».
Müsste die Kellnerin jedoch jemanden wählen, wäre dies «definitiv der Clown, definitiv Donald Trump». Der Republikaner habe in der Vergangenheit wiederholt Erfolge verbuchen können und er schaffe Arbeitsplätze. «Kamala Harris hingegen schert sich einen Dreck um gar nichts», so die Meinung von Bella.
Auch der aus Ecuador stammende Santiago verspürt keine Lust mehr auf die amerikanische Politik und lässt das Wählen bleiben. Der Verkäufer begründet dies unter anderem mit dem Mehrheitswahlsystem der USA:
Wen würde er wählen, wenn er sich entscheiden müsste? Santiago lacht:
Dass es der Republikaner tatsächlich ein zweites Mal ins Weisse Haus schafft, daran glaubt der Verkäufer jedoch nicht – und bedient sich Trumps Narrativen. «Die ganze Sache ist doch manipuliert.» Santiago verweist auf die letzte Wahl:
Dabei seien die Herausforderungen in den Vereinigten Staaten gross, so Santiago. Die Inflation stelle ein riesiges Problem dar, alles sei doppelt so teuer wie vor zwei Jahren, die Löhne jedoch gleich geblieben. «Mir geht es so weit okay, ich habe einen guten Job. Aber ich kenne viele Leute, die hier in Miami Mühe haben, durchzukommen.»
Bella und Santiago gehören zum Wählersegment der Latinos, das bei der Präsidentschaftswahl eine Schlüsselrolle innehat und in Florida sehr zahlreich vertreten ist. 27 Prozent der Bewohner des Sunshine State (23 Mio. Einwohner) haben lateinamerikanische Wurzeln, in Miami, ganz im Süden Floridas, sind es sogar über 70 Prozent. Dies zeigt sich an jeder Ecke.
Bereits der Taxifahrer, der uns vom Flughafen ins Hotel fährt, spricht ausschliesslich Spanisch. Jede zweite Person, die ich an der Strandpromenade auf die Wahl am 5. November anspreche, winkt ab. «Mein Englisch ist viel zu schlecht, als dass ich mich mit dir über Politik unterhalten könnte, tut mir leid.»
Wie viele von Ihnen wählen gehen werden – wenn sie denn dürfen –, ist offen. Was Nachwahlbefragungen und Umfragedaten jedoch zeigen: Der Support für Kamala Harris ist «gefährlich niedrig», wie die «New York Times» schreibt.
Während 2016 noch 68 Prozent der Latinos die demokratische Kandidatur unterstützten, waren es vor vier Jahren bei Joe Bidens Sieg 62 Prozent. Gemäss Umfragen liegt der Wert aktuell bei nur noch 56 Prozent, Trump hingegen könne bei den Latinos seine 36 Prozent von 2020 halten.
Auch dank der Stimme von George. Der Latino ist in Miami Beach in der Finanzbranche tätig und überzeugter Trump-Anhänger:
George fährt fort: «Trump weiss in Wirtschaftsfragen, was er tut.» Als er im Amt war, sei alles besser gewesen, «anders als jetzt, wo die Sozialisten das Land regieren».
Kamala Harris bezeichnet er als Schwindlerin, drei Viertel des Landes würden sie nicht als Präsidentin wollen. Auch das Interview bei Fox News sei eine Katastrophe gewesen. Dass Harris für ihren Auftritt bei Trumps Haussender selbst aus konservativen Kreisen positives Feedback erhielt, tut George als «Propaganda» ab.
Für die Wahl prognostiziert George einen Erdrutschsieg für Trump, «ausser sie begehen wieder Wahlbetrug, wie beim letzten Mal».
Auch wenn es bei weitem nicht die Mehrheit ist: Wieso erhält Donald Trump trotz aller despektierlicher Aussagen bei den Latinos so viel Zuspruch, während Kamala Harris um gefühlt jede Stimme kämpfen muss?
Christine liefert eine Erklärung. Die Staatskunde-Lehrerin aus Miami Beach hat lateinamerikanische Wurzeln, ihr Grossvater diente in der kubanischen Armee, er und auch ihre Mutter seien vom Kommunismus stark geprägt worden:
Viele Latinos pflegten dieses Denken, so Christine. Sie selbst sei als unabhängige Wählerin registriert, habe jedoch konservative Werte und in der Vergangenheit republikanisch gewählt. Das hat sich geändert: «Trump repräsentiert die echten republikanisch-konservativen Werte nicht. Er ist eine Gefahr für die Demokratie. Deswegen wähle ich nun Kamala Harris.»
Die vom Kommunismus geprägte Gegenwart. Sie zeigt sich exemplarisch in Little Havana, eine halbe Autostunde westlich von Miami Beach. Im berühmten Stadtviertel, benannt nach Kubas Hauptstadt Havanna, leben zahlreiche Exilkubaner, es ist ein Zentrum für lateinamerikanische Kunst, Kultur und Geschichte.
Mehrere Denkmäler erinnern unter anderem an die Gefallenen während der kubanischen Revolution und die bei der Invasion in der Schweinebucht verstorbenen Exilkubaner.
Ich komme in Little Havana mit einem älteren Mann ins Gespräch, der, obwohl bereits pensioniert, an einem Stand Kokosnüsse verkauft. Er stammt ursprünglich aus Panama und ist vor 26 Jahren in die USA eingewandert.
Auch er zeigt, angesprochen auf die anstehende Präsidentschaftswahl, Anzeichen von Politikmüdigkeit:
Von den beiden aktuellen Kandidaturen ist der Rentner nur bedingt überzeugt. Er werde jedoch Kamala Harris wählen, «sie ist meine beste Option». Der Mann bleibt allerdings skeptisch, was die Wahrscheinlichkeit betrifft, dass Harris die in seinen Augen drängendsten Probleme seiner Gemeinschaft – Gesundheit und Mietkosten – zu lösen vermag.
Ein paar Häuserblocks weiter treffe ich auf Jessica und ihre Familie. Sie ist die Einzige, die Englisch spricht. Auch Jessica wird ihre Stimme Kamala Harris geben:
Die Latina lebt mit ihrer Familie in Kalifornien, gemeinsam verbringen sie die Ferien in Florida. Ein Besuch in Little Havana gehört dazu. Jessica hat früher mit der Behörde von Kamala Harris zusammengearbeitet und leitet aktuell ein Masterprogramm an einer Universität.
Was sind die grössten Herausforderungen der USA? Jessica antwortet sofort und erwähnt die Waffengewalt an öffentlichen Orten und in Schulen. Ihr sei die Popularität des zweiten Zusatzartikels der Verfassung bewusst, der es der Regierung untersagt, das Recht auf Waffen einzuschränken. Aber:
Dann gibt es noch die, die wählen möchten, es aber nicht dürfen. Rentnerin Terrylin ist in Mississippi aufgewachsen und lebt heute auf den Amerikanischen Jungferninseln in der Karibik. Diese östlich von Puerto Rico gelegenen Inseln sind amerikanisches Territorium, jedoch kein US-Bundesstaat. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben daher kein Wahlrecht.
Mit einem Lachen im Gesicht erzählt mir Terrylin zunächst, wen sie sicher nicht wählen würde: Donald Trump. Sie sei jedoch auch mit den politischen Positionen von Joe Biden und denjenigen von Kamala Harris und Tim Walz nicht vollumfänglich einverstanden. Gerade in der Aussenpolitik habe es viele sehr fragwürdige Entscheide gegeben. «Für die Zukunft unseres Landes sind Harris und Walz aber mit Sicherheit die bessere Wahl.»
Trump sei für das Präsidentenamt viel zu alt und leide unter offensichtlichen geistigen Beeinträchtigungen. Er sei ein Narzisst und kümmere sich nicht um das Wohlergehen des Landes. Die Rentnerin macht sich Sorgen:
Terrylin appelliert an die Bürger der USA, wieder vermehrt eigenständig und kritisch zu denken, öfters zu einem Buch zu greifen, anderen Menschen zuzuhören. Dann könne es mit den Vereinigten Staaten gut kommen.
Die Gespräche mit der lateinamerikanischen Community zeigen vor allem eines: Viele Menschen sind frustriert, haben genug von der Art und Weise, wie in den USA derzeit Wahlkampf gemacht wird, und das Vertrauen in die Politik verloren. Zahlreiche weitere Personen haben sehr kritische Aussagen getätigt, wollen aber in diesem Artikel nicht genannt werden. Oder haben sogleich abgeblockt, als ich sagte, dass es um die Präsidentschaftswahl geht.
Ob sich an diesem Zustand nach dem 5. November etwas ändert, ist – unabhängig vom Wahlausgang – fraglich.
Frage mich, auf welche Leistung er diese Aussage bezieht?
Innenpolitisch?
Gesundheitspolitik:
2019, Abschaffung Versicherungsobligatorium
Corona-Krise - Totalversagen
Migrationspolitik:
Mauer zum Teil bauen und gut ist? Tatsächlich deutliche Gewalt Zunahme
Aussenpolitik?
Er hat die Verbündeten allesamt verprellt, drohte mit dem Austritt aus der Nato, griff die EU in ihrer Einheit an
America First
Wirtschaft?
Handelskriege anzetteln
Deregulierung, auf Kosten Umwelt
usw..
Leben in einer Fantasiewelt?
Und bei den Jungferninseln hab ich gestutzt: «(…) amerikanisches Territorium, jedoch kein US-Bundesstaat. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben daher kein Wahlrecht.» Also Land, das US-Staatsterritorium ist, aber die dort lebenden Menschen dürfen nicht wählen?! Was ist denn das für eine Demokratie?