Auch schon verunsichert? Na, hoffentlich nicht: In den vergangenen Tagen sorgten zahlreiche Berichte von Boulevardmedien für Verunsicherung bei Lesern. In den Meldungen hiess es, ein Asteroid, gerne auch mal «Gott des Chaos» genannt, rase auf die Erde zu.
Der 340 Meter breite Himmelskörper solle die Welt in zehn Jahren am 13. April 2029 erreichen – Grund zur Panik also? Am Dienstagvormittag war man aufgrund der Hiobsbotschaften im digitalen Blätterwald beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) offenbar genervt.
Also setzten die Forscher einen launigen Tweet ab: Versehen mit dem Hinweis «#Servicetweet» schrieben die Forscher auf Twitter: «+++ Wichtiger Hinweis zum bevorstehenden Vorbeiflug eines Asteroiden in 2.6-facher Monddistanz: Keine Panik! Eine Gefahr, von dem Brocken getroffen zu werden, besteht eigentlich nur für Personen ab einer Körpergrösse von über 1 Million Kilometer. +++»
Von dem Himmelskörper geht also keine Gefahr aus, er wird – so die Forscher – in grossem Abstand an der Erde vorbeifliegen.
Für die sarkastische Beschwichtigung einiger panischer Boulevard-Leser ernete der Twitter-Account mehr Likes, als du in der Nacht Sternschnuppen erblicken dürftest. Über 1900 «Gefällt mir»-Angaben gab es bis in die Nacht zum Mittwoch nämlich.
+++ Wichtiger Hinweis zum bevorstehenden Vorbeiflug eines Asteroiden in 2,6-facher Monddistanz: Keine Panik! Eine Gefahr, von dem Brocken getroffen zu werden, besteht eigentlich nur für Personen ab einer Körpergröße von über 1 Million Kilometer. +++ #Servicetweet
— DLR_next (@DLR_next) August 27, 2019
Und das DLR feuerte weiter – und zeigte in einem Screenshot eine Auswahl der reisserischen Schlagzeilen: So hiess es über den Asteroiden, der in zehn Jahren an der Erde vorbeiziehen wird, in einigen deutschen Publikationen: «160-Meter-Monster! DIESER Weltraumklopper rast auf die Erde zu» oder auch «Asteroid 'Gott des Chaos' fliegt auf die Erde zu – Nasa bereitet sich vor».
Der Himmelskörper, den Wissenschaftler «99942 Apophis» nennen, wurde 2004 von US-Forschern entdeckt. Mit dem Namen erregten die Wissenschaftler Aufmerksamkeit für ihren Fund: In der altägyptischen Mythologie ist der Gott Apophis die Verkörperung des Chaos.
Und eine zweite Besonderheit machte den «Gott des Chaos» für Schreckensmeldungslustige interessant: Zwischenzeitlich räumten die Entdecker dem Asteroiden eine Kollisionswahrscheinlichkeit mit der Erde von 2.4 Prozent ein – eine Einschätzung, die das Forscherteam jedoch wenige Tage nach der ersten Meldung zurückzog. Auch zum apokalyptischen Spitznamen äusserte sich das DLR spöttisch: «Ausser dem »160-Meter-Monster« fliegt übrigens einigen Schlagzeilen zufolge auch der »Gott des Chaos« auf die Erde zu. Seltsam, dachte der wäre schon längst gelandet ...»
Die Aufregung um den Asteroiden nahm das DLR zum Nutzen, um ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten. So kam es unter dem ersten ironischen Tweet der Forscher zu diesem Austausch:
Den letzten tatsächlichen Asteroideneinschlag gab es auf der Erde übrigens vor sechs Jahren: Damals richtete die Explosion eines 20-Meter-Asteroiden in der russischen Millionenstadt Tscheljabinsk Verwüstungen an. Mit einem ohrenbetäubendem Knall raste eine Druckwelle über das Land. Die Explosion des 16'000-Tonnen-Brockens verletzte am 15. Februar 2013 etwa 1500 Menschen – meist durch geborstene Scheiben.
An Tausenden Gebäuden entstanden Schäden. Gut 100 Jahre zuvor hatte es in der einsamen Tunguska-Region in Sibirien einen Feuerball und dann die Explosion eines 40-Meter-Asteroiden gegeben. Die Naturkatastrophe am 30. Juni 1908 fegte Millionen Bäume auf einer Fläche fast so gross wie der Kanton St.Gallen weg.
(pb/mit dpa)