Vornehme Zurückhaltung statt ungezügelter Freude: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich betont zurückhaltend zu Berichten über die Freigabe aus Berlin zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an sein Land geäussert.
Zudem wurde durch US-Medien bekannt, dass nun doch auch die USA Abrams-Kampfpanzer an die Ukraine liefern wollen. Eine offizielle Bestätigung könne bereits an diesem Mittwoch geben.
Seit Monaten pocht die Ukraine auf die Lieferung von Kampfpanzern westlicher Bauart für den Kampf gegen die russischen Angreifer.
Die erste offizielle Anfrage erfolgte schon eine Woche nach Kriegsbeginn Anfang März vergangenen Jahres. Die Frontlinie in der Ostukraine hat sich seit Wochen kaum noch bewegt. Mit den Kampfpanzern hofft die Ukraine, wieder in die Offensive zu kommen und weiteres Gelände zurückzuerobern. Gleichzeitig wird für das Frühjahr eine Offensive Russlands befürchtet.
«Viele Bemühungen, Worte, Versprechen», sagte Selenskyj am Dienstagabend zur monatelangen Diskussion um die Lieferung von Kampfpanzern in seiner täglichen Videoansprache. Wichtiger sei, die Realität zu sehen. «Es geht nicht um fünf oder zehn oder fünfzehn Panzer. Der Bedarf ist grösser.» Die Ukraine bemühe sich täglich, den Mangel an schweren Kampfpanzern auszugleichen. «Und ich danke jedem Einzelnen von Ihnen, der uns dabei unterstützt.»
Die Diskussionen um die Lieferung von Panzern müssten jetzt in Entscheidungen münden, forderte Selenskyj. «Entscheidungen, die unsere Verteidigung gegen die (russischen) Terroristen wirklich stärken.» Die Verbündeten der Ukraine verfügten über die erforderliche Anzahl von Panzern. «Wenn wir das nötige Gewicht an Entscheidungen haben, werden wir Ihnen gern für jede einzelne wichtige Entscheidung danken», betonte Selenskyj. «Daran arbeiten wir noch.»
«Wir werden alles haben, alles für die Rückeroberung unserer Gebiete und für die Gegenoffensive», schrieb Selenskyjs Kanzleichef Andrij Jermak. «Panzerfahrer werden sich freuen, ebenso wie Artilleristen und später auch Piloten.» Bald werde «alles wieder Ukraine» sein.
Mit dem Hinweis auf Piloten nahm der Kanzleichef eine neue Diskussion vorweg, die Aussenminister Dmytro Kuleba wenige Minuten zuvor angedeutet hatte. «Jetzt F-16? Ja!, ich übernehme das», schrieb er auf Facebook über ein Gespräch mit einem nicht genannten europäischen Kollegen. Damit legte er den nächsten Schritt der ukrainischen Führung offen, die sich nun auch um die baldige Lieferung von Kampfflugzeugen bemühen will. Das ukrainische Militär hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es auch Kampfflugzeuge benötige, um seine Kampfkraft zu erhöhen.
Auch der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, bejubelte die geplante Lieferung an sein Land - und stellte sogleich weitergehende Forderungen nach modernen Kampfjets. «Halleluja! Jesus Christus!», schrieb er auf Twitter, «Und nun, liebe Verbündete, lasst uns eine starke Kampfjet-Koalition für die Ukraine auf die Beine stellen, mit F-16 und F-35, Eurofightern und Tornados, Rafale und Gripen-Jets - und allem, was ihr der Ukraine liefern könnt.» Melnyk ist inzwischen stellvertretender Aussenminister seines Landes.
Es wird erwartet, dass sich am Mittwoch die Panzer-Pläne der USA und Deutschlands konkretisieren. Noch ist unklar, um welche Leopard-Variante es sich handelt und welche Länder noch liefern werden. Auch die Zahl der Kampfpanzer ist noch unbekannt. (yam/sda/dpa)