Mit einer grossen Militärparade gedachte die russische Führung am Dienstag dem Sieg der Roten Armee über das nationalsozialistische Deutschland. Auch der russische Präsident Wladimir Putin war zugegen und nahm auf der Ehrentribüne zwischen zwei Veteranen Platz.
Gemäss dem Anlass könnte man denken, die Veteranen hätten ihren Anteil am Sieg der Sowjetunion über den Nationalsozialismus gehabt. Das scheint allerdings nicht der Fall zu sein, wie das oppositionelle russische Medium «Agentstwo» recherchiert hat.
Demnach sass der 98-Jährige Juri Dwoikin auf Putins rechter Seite. Auf den Bildern des russischen Staatsfernsehens trägt Dwoikin eine Schiebermütze. Zwar kämpfte er im Zweiten Weltkrieg, allerdings weit hinter der Front: Nach seiner Ausbildung zum Scharfschützen wurde Dwoikin vom Innenministerium der UdSSR in die Westukraine geschickt, berichtet «Agentstwo».
In der Gegend um Lwiw sollte Dwoikins Einheit damals Jagd auf Anhänger des ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera machen, der auch heute eine grosse Anhängerschaft in der Ukraine hat. «Innerhalb von zwei Tagen erschossen wir mehr als 5'000 Menschen und befreiten Wälder und Bauernhöfe von ukrainischen Nationalisten», erinnert sich Dwoikin im Gespräch mit dem Veteranennetzwerk «Unsterbliches Regiment».
Putins linker Sitznachbar war an den Kämpfen im Zweiten Weltkrieg gar nicht beteiligt – der Mann namens Gennady Saitsew wurde erst 1934 geboren war bei Kriegsende erst elf Jahre alt, schreibt «Agentstwo».
1959 begann Saitsew seinen Dienst im sowjetischen KGB-Geheimdienst, berichtet das russische Medium «Rodina». Im Gespräch mit «Rodina» erzählt Saitsew, wie er im Jahr 1968 am Einmarsch sowjetischer Truppen in der Tschechoslowakei beteiligt gewesen war. Ihr Ziel: Die Niederschlagung des Prager Frühlings. Saitsew soll damals die Einheit kommandiert haben, die im Verlauf des sowjetischen Einmarsches das tschechoslowakische Innenministerium in Prag eroberte.
Gemeinsam ist den beiden: Parteisoldaten, Einmarsch, Gewalt gegen die Zivilbevölkerung. Putin hat sich mit den passenden Veteranen umgeben. Ungewollt und ungewohnt ehrlich vom Kreml.
Hoffentlich ist dieser Alptraum bald vorbei. Die Durchhalteparolen von Prigoschin klingen schon wie das berühmte Pfeifen im Walde