Der russische Enthüllungsjournalist Iwan Golunow kommt nach internationalem Protest wieder auf freien Fuss. Alle Anschuldigungen gegen den 36-Jährigen würden fallengelassen, sagte der russische Innenminister Wladimir Kolokolzew am Dienstag laut der Agentur Interfax. Es gebe nach den Ermittlungen keinen Hinweis auf eine Straftat, hiess es weiter.
Fahnder hatten behauptet, Golunow habe in seinem Rucksack und in seiner Wohnung Drogen gehabt. Untersuchungen seiner Haare und Fingernägel ergaben aber keine Anhaltspunkte für den Konsum. Die Ermittler veröffentlichten dem Vernehmen nach auch gefälschte Fotos von den Drogenverstecken in der Wohnung. Die Drogengeschichte galt als inszeniert, um den für seine Artikel über Korruption bekannten Journalisten mundtot zu machen.
Iwan Golunow hatte für sein Internetportal «Medusa» etwa enthüllt, wie Polizei und Geheimdienstler sich im Beerdigungsgeschäft bereicherten. Deshalb war er nach Darstellung seiner Redaktion seit Monaten auch Drohungen ausgesetzt. Die Arbeit von Enthüllungsjournalisten ist in Russland lebensgefährlich.
Der Menschenrechtsbeauftragte beim russischen Präsidenten sprach von einem «Sieg der Bürgergesellschaft» in Russland. Der gesunde Menschenverstand, das Gesetz und die übergeordneten Behörden hätten sich durchgesetzt. Auch Präsident Wladimir Putin war von verschiedenen Seiten über den Fall informiert worden.
Innenminister Kolokolzew sagte, er werde bei Putin die Entlassung zweier Generäle der Polizei beantragen. Zugleich kündigte er Ermittlungen bei der Polizei an. Die Polizisten stehen im Verdacht, Golunow die Drogen untergeschoben zu haben, um ihn an weiteren Recherchen zu hindern. Es stehen auch Vorwürfe im Raum, die Polizisten hätten ihn misshandelt.
Am Samstag hatte ein Haftrichter zunächst zwei Monate Hausarrest angeordent. Golunows Anwälte legten am Dienstag Berufung ein und verlangten die sofortige Freilassung.
Gegen Golunows Festnahme und die drohende Haft protestierten zahlreiche russische Kollegen und Journalistenorganisationen. Eine Petition für dessen Freilassung hatten 180'000 Menschen unterzeichnet.
«Wir sind froh, dass die Behörden auf die Gesellschaft gehört haben», erklärte die Redaktion von «Medusa» in einer gemeinsamen Stellungnahme mit mehreren prominenten Journalisten. Die Organisation Reporter ohne Grenzen lobte ebenfalls die «historische Mobilisation der russischen Zivilgesellschaft».
Für Mittwoch, den russischen Nationalfeiertag, ist im Stadtzentrum von Moskau ein Solidaritätsmarsch für Golunow geplant. Dieser Marsch dürfe nicht die «festliche Stimmung» am Nationalfeiertag beeinträchtigen, warnte der Kreml. (tam/sda/dpa/afp)