Bilder, die ihn oberkörperfrei beim Angeln in Sibirien zeigen oder reitend auf einem Pferd, gehen seit Jahren um die Welt. Sie sollen vor allem eins demonstrieren: Wladimir Putin ist ein starker und – noch viel wichtiger – gesunder Mann. Nicht erst seit dem Krieg gegen die Ukraine halten sich jedoch hartnäckig Gerüchte über eine ernsthafte Erkrankung des russischen Präsidenten.
Neuestes Beispiel: Putin soll sich demnächst einer Operation unterziehen müssen. Dies teilten angebliche Kremlinsider auf dem Telegram-Kanal «General SVR» mit. Der Account soll von einem ehemaligen russischen Auslandsgeheimdienstmitarbeiter betrieben werden, der sich Viktor Mikhailovich nennt, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten.
Mikhailovich zufolge bestünden Putins Ärzte trotz des Krieges darauf, dass dieser in naher Zukunft operiert werde. Der Kremlchef habe allerdings noch nicht zugestimmt, die OP solle jedoch keinesfalls vor dem 9. Mai, dem «Tag des Sieges» in Russland, sein.
Der Eingriff und die anschliessende Genesung würden Putin voraussichtlich «für kurze Zeit», womöglich zwei bis drei Tage, ausser Gefecht setzen, heisst es in dem Beitrag. «Es ist unwahrscheinlich, dass Putin bereit ist, die Macht für einen längeren Zeitraum abzugeben», sagte ein Sprecher von «General SVR» in einem am Samstag veröffentlichten Video, auf das sich mehrere internationale Medien beriefen. Warum Putin operiert werden soll, wurde nicht deutlich.
Der russische Präsident soll für den Fall eines Eingriffs allerdings bereits Gespräche mit einem möglichen Vertreter geführt haben: Nikolai Patruschew, dem Sekretär des russischen Sicherheitsrates. Er war von 1999 bis 2008 Leiter des russischen Geheimdienstes FSB .
«Interessanterweise wissen wir, dass Putin Patruschew gegenüber deutlich gemacht hat, dass er ihn fast als die einzige wirklich vertrauenswürdige Person und den einzigen Freund im System der Macht betrachtet», berichtete Mikhailovich. Und er urteilte: Patruschew sei die «denkbar schlechteste Option für einen Nachfolger». In dem Video sagte er: «Patruschew ist ein absoluter Schurke.» Er sei nicht besser als Putin.
Der britischen «Daily Mail» zufolge gilt der 70-Jährige als einer der wichtigsten Architekten der bisherigen Kriegsstrategie – und als der Mann, der Putin davon überzeugt hat, dass es in Kiew von Neonazis wimmeln soll.
Das Video von «General SVR» folgt auf einen Bericht des russischen Investigativnetzwerkes «Proekt», das sich intensiv mit Putins Gesundheitszustand auseinandergesetzt hat. Das Medium stützt seine Recherchen auf öffentlich zugängliche Daten sowie Informationen verschiedener Krankenhäuser.
Demnach gebe es mehrere Hinweise darauf, dass der russische Präsident gesundheitliche Probleme habe: Ein Onkologe namens Evgeny Selivanov soll Putin innerhalb von vier Jahren Dutzende Male in seinem Ferienhaus in Sotschi besucht haben. Selivanov soll auch bei Putin gewesen sein, als dieser im Jahr 2017 zeitweise aus der Öffentlichkeit verschwunden war. Noch häufiger seien die Hals-Nasen-Ohren-Ärzte Igor Esakow und Alexej Schcheglow zum Kremlchef gereist. Gemeinsam seien sie mindestens 18 Mal zusammen in Sotschi gewesen.
Zudem soll sich der Kremlchef im vergangenen Herbst heimlich einer Operation unterzogen haben, die mit einer Schilddrüsenerkrankung im Zusammenhang stehen soll. Schilddrüsenerkrankungen, auch Schilddrüsenkrebs, werden zumeist von HNO-Ärzten diagnostiziert, schreibt «Proekt» unter Berufung auf den israelischen Experten Michael Fremderman.
Im Juli 2020 habe sich Putin zudem mit Ivan Dedow, dem Chef des Nationalen Forschungszentrums, über Schilddrüsenkrebs und hormonelle Folgemedikation unterhalten. «General SVR» behauptete Berichten zufolge bereits im November 2020, dass Putin Darm- beziehungsweise Unterleibskrebs habe. Im Zusammenhang mit der angeblichen Schilddrüsenerkrankung berichteten mehrere Medien ausserdem von einem «Steroid-Wahn», ausgelöst durch Schilddrüsenhormone.
Aufnahmen von Putin während Treffen mit dem russischen Aussenminister Sergej Shoigu und dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor wenigen Wochen heizten die Gerüchte um eine weitere mögliche Erkrankung des Kremlchefs an: Er soll Symptome haben, die auf eine Parkinsonerkrankung hinweisen könnten. In einem Video ist zu sehen, wie der Kremlchef sich mit seiner rechten Hand fest an den Tisch klammert, zudem wippt sein rechtes Bein.
Putin is hailing Russia's "liberation" of Mariupol after his forces completely destroyed during a two-month siege.He told defense minister Sergei Shoigu to block off the Azovstal metallurgical plant, where the last Ukrainian troops are holed up, "so that a fly can't get in." pic.twitter.com/g2lNd44qXF— max seddon (@maxseddon) April 21, 2022
Beim Treffen mit Lukaschenko ist zu sehen, wie Putins Daumen unkontrolliert zittert.
Putin is unsteady. pic.twitter.com/ohlCZvMqYt— Ken Olin (@kenolin1) April 25, 2022
Die Aufnahmen gelten für manch einen als Bestätigung für eine angebliche Parkinsonerkrankung Putins. So schrieb etwa Louise Mensch, eine ehemalige Abgeordnete der britischen konservativen Partei, zum Video des Kremlchefs mit dem russischen Aussenminister: «Putin hat Parkinson .» Auch Medien griffen die Behauptung auf und beurteilten mithilfe von Expertinnen und Experten die Symptome.
Die britische «Daily Mail» analysierte ein Video von Putin bei der Ostermesse in Moskau , bei der der Kremlchef nervös auf seiner Lippe und der Innenseite des Mundes herumgekaut habe. Dies könne auf einen trockenen Mund hinweisen, der wiederum ein Symptom einer Parkinsonserkrankung sei.
John Hardy, Neurogenetiker am UK Dementia Research Institute, sagte der «Deutschen Welle» (DW) bezüglich des Videos mit Shoigu allerdings, es gebe bei Putin keine Anzeichen für Parkinsonismus. Der Präsident habe nicht gut ausgesehen, aber es sei keine Parkinsonserkrankung. Ray Chadhuri, ein Neurologe an der Universität London, stimmte dieser Einschätzung zu: «Wenn ich mir den kurzen Clip ansehe, kann ich keinen Hinweis auf Parkinsonismus bei Putin finden», sagte Chadhuri der «DW».
Caroline Rassell, Geschäftsführerin von Parkinson's UK, sagte dem Medium, Parkinson sei eine komplexe Krankheit mit mehr als 40 Symptomen, die von körperlichen bis hin zu geistigen Beschwerden reichten, und es sei daher unmöglich, eine Diagnose anhand eines zwölfminütigen Videoclips zu stellen.
Der Kreml dementiert Berichte über Putins angebliche Erkrankungen seit Jahren. Kremlsprecher Dmitri Peskow soll in einem Interview mit dem inzwischen eingestellten russischen Radiosender «Echo Moskau» gesagt haben, Putin habe keine Krebserkrankung. Im vergangenen Frühjahr sagte er der russischen Nachrichtenagentur Tass, dem Präsidenten gehe es «exzellent».
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hingegen wich der Frage zu Putins Gesundheitszustand im italienischen Magazin «Zona Bianca» am Wochenende aus: «Fragen Sie doch die Staats- und Regierungschefs, die ihn in letzter Zeit gesehen haben», sagte er.
Das Investigativmedium «Proekt» verweist in seinem Bericht auch auf die Geschichte der Verschleierung gesundheitlicher Probleme Putins. So sei der Präsident 2012 vom Pferd gefallen. Wenig später sei der Kremlchef bei einer Veranstaltung mit einem humpelnden Bein gesehen worden. Die Verbreitung von Videos des Auftritts sollte unterbunden werden, lediglich Fotos von dem Termin sollten öffentlich gemacht werden. Dies scheiterte jedoch:
Putin selbst gab 2021 in einem Interview zu, beim Training einmal vom Pferd gefallen zu sein. «Das Pferd hielt vor einer Absperrung an und ich machte buchstäblich einen Purzelbaum», sagte er der russischen Nachrichtenagentur Tass. Wann sich der Vorfall ereignete, sagte er jedoch nicht. Mehreren Berichten zufolge soll Putin aufgrund seines Hobbys ausserdem Rückenprobleme haben, die nicht näher definiert wurden. Mindestens zweimal soll Putin sich einer Operation oder einem anderen schwerwiegenden Eingriff an der Wirbelsäule unterzogen haben, berichtete «Proekt».
Das Investigativnetzwerk erwähnt in seinem Bericht zudem Phasen, in denen Putin zeitweise von der Bildfläche verschwand:
«Proekt» berichtet ausserdem davon, dass Putin auf fragwürdige Verfahren zurückgreife, die seiner Gesundheit dienen sollen. Demnach bade der Präsident im Blut von Hirschgeweihen, die den Tieren bei lebendigem Leibe abgehackt würden. Die «Geweihbäder» seien eine alternative Therapie in der russischen Region Altai, die an Kasachstan und die Mongolei grenzt.
Demnach sollten die Bäder das Herz-Kreislauf-System verbessern und die Haut verjüngen, berichtete «Proekt». «Tierschützer vergleichen die Erfahrung der Tiere mit der Folter, die das Ziehen der Fingernägel eines Menschen darstellt», so die Journalisten. Aussenminister Shoigu habe Putin auf die Bäder gebracht. Für die Wirkung des Geweihblutes gebe es allerdings keine wissenschaftlichen Beweise.
Auf Reisen werde der Kremlchef dem Bericht zufolge seit 2016 immer von mindestens fünf Ärzten begleitet. 2019 seien es durchschnittlich sogar neun gewesen. Zu der Gefolgschaft gehörten demnach unter anderem Putins Tochter Maria Woronzowa, die Medizin an der Moskauer Staatsuniversität studiert hat, sein Cousin und Chirurg Jewgeni Putin sowie Dimitri Werbow, einst am Moskauer Zentralkrankenhaus angestellt und inzwischen Leiter für medizinische Angelegenheiten am Kreml.
Welcher Arzt den Kremlherrscher aber wie behandelt, bleibt das wohl am besten gehütete Geheimnis Russlands.
Verwendete Quellen:
Antwort im Artikel: nichts
Was er genau hat ist Spekulation. Ich bin mir aber fast sicher, dass sein Gehirn auch davon betroffen ist.
Gutes Pferdchen 🐴!