Der russische Geheimdienst FSB hat laut Staatsmedien einen Korrespondenten der renommierten US-Zeitung «Wall Street Journal» festgenommen. Ein Gericht in Moskau hat nun einen Haftbefehl wegen angeblicher Spionage erlassen. Die Untersuchungshaft sei zunächst bis 29. Mai angesetzt, teilte das Gericht am Donnerstag mit. Dem Journalisten drohen bis zu 20 Jahre Haft bei einer Verurteilung. Und die Strafjustiz in Russland gilt als politisch gesteuert, die meisten Anklagen enden mit einem Schuldspruch.
Medien hatten zuvor berichtet, der Reporter sei verschwunden.
Der 1991 geborene Reporter Evan Gershkovich werde der «Spionage im Interesse der amerikanischen Regierung» verdächtigt, teilte der Geheimdienst FSB am Donnerstag laut Staatsagentur Tass mit. Er wurde in Jekaterinburg im Ural festgenommen – wegen angeblicher Spionage gegen einen militärisch-technischen Komplex. Das Gebiet Swerdlowsk um Jekaterinburg gilt als eine der Hochburgen der russischen Rüstungsindustrie.
US-Amerikaner werden immer wieder in Russland wegen Spionage verdächtigt. Gershkovich wird allerdings der erste Journalist sein, der verhaftete wurde, obwohl er offiziell beim russischen Aussenministerium akkreditiert ist. Die russische Opposition sprach von einer «Geiselnahme». Das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny teilte mit:
Nach Darstellung des Kremls sind die Spionagevorwürfe gegen Gershkovich bewiesen. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte am Donnerstag im staatlichen Rundfunk:
Er hoffe nun, dass es keine Repressionen gegen russische Journalisten in den USA gebe, sagte Peskow auf Nachfrage. «Das dürfte zumindest nicht sein, weil es in dem Fall nicht um einen Verdacht geht, sondern darum, dass er auf frischer Tat ertappt wurde», sagte der Kremlsprecher.
Zuvor hatte schon Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa den vom FSB erhobenen Vorwurf der Spionage gegen Gershkovich bestätigt. Sacharowa sagte, womit sich Gershkovich in Jekaterinburg befasst habe, habe nichts mit Journalismus zu tun. Auf Telegram behauptete sie weiter:
Das «Wall Street Journal» hat derweilen alle Vorwürfe gegen seinen Reporter dementiert und dessen Freilassung gefordert. «Wir sind solidarisch mit Evan und seiner Familie», teilte die Zeitung mit. Die Menschenrechtsorganisation «Reporter ohne Grenzen» nannte die Festnahme «besorgniserregend». «Journalisten dürfen nicht zur Zielscheibe werden», forderte die Organisation. 2022 hat die russische Führung im Zuge ihres Angriffskriegs gegen die Ukraine die Meinungs- und Pressefreiheit im Land noch einmal deutlich eingeschränkt.
Breaking: Russia’s main security agency said it had detained Wall Street Journal reporter Evan Gershkovich, a U.S. citizen, for what it described as espionage https://t.co/5mr3h7uroZ
— The Wall Street Journal (@WSJ) March 30, 2023
Russland hatte zuletzt im Zuge des Ukraine-Kriegs die Gangart gegen westliche Journalisten verschärft. Es drohen etwa auch Verfahren wegen Diskriminierung oder Rufschädigung der russischen Armee. Einige Korrespondenten und Medien hatten im vergangenen Jahr nach Kriegsbeginn zeitweilig die Arbeit eingestellt aus Angst vor Repressionen. Die Zahl der westlichen Journalisten ist geringer geworden, weil viele Medien keine Akkreditierungen erhalten für ihre Reporter.
Die russische Opposition sprach von einer «Geiselnahme». «Putin ist bereit, jede Methode anzuwenden, um Druck auf den Westen auszuüben», teilte das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny mit. Kremlchef Wladimir Putin hatte in der Vergangenheit immer wieder inhaftierte russische Kriminelle in den USA durch einen Austausch mit in Moskau verurteilten Amerikanern freibekommen.
(yam/sda/dpa)
Vermutlich wollen die mal wieder einen öffentlichkeitswirksamen Geiselaustasch in den Medien.