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Bundestagswahl: Russland-Bots überschwemmen deutsche Medien

Russian President Vladimir Putin chairs a Security Council meeting via videoconference at the Kremlin in Moscow, Russia, Friday, Feb. 7, 2025. (Pavel Byrkin, Sputnik, Kremlin Pool Photo via AP)
Putins Online-Armee greift die Bundestagswahl in Deutschland an.Bild: keystone

Russland-Bots und die Bundestagswahl: Putins Armee überschwemmt deutsche Medien

08.02.2025, 22:1708.02.2025, 22:17
Anna Von Stefenelli / watson.de
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Er tut es wieder. Der russische Machthaber Wladimir Putin mischt sich in die innerpolitischen Angelegenheiten von Deutschland ein – mit Methoden der hybriden Kriegsführung.

Kurz vor der Bundestagswahl warnt die Regierung erneut vor einer Einflussnahme von Russland auf den Urnengang am 23. Februar. Grund ist einem Regierungsbericht zufolge eine dramatische Welle von Fake News auf Social Media durch russische Bots – aber nicht nur. Wieder einmal steckt offenbar die Cyber-Operation «Doppelgänger» dahinter.

Mit KI: Putins Armee nimmt Einfluss auf Bundestagswahl

Informationen sind ein starkes Instrument in der Beeinflussung von Wähler:innen. Umso wirksamer sind Fake News, weil sie Social Media fluten und nicht schnell genug widerlegt werden können.

Im Mittelpunkt von Putins-Online-Armee steht derzeit laut «Politico» die Bundestagswahl. Mit Fake-News-Seiten, Schläferkonten und KI-generierten Inhalten will Russland Einfluss nehmen. Damit verbreitet die Operation «Doppelgänger» falsche Informationen. Stets mit dem Ziel, das Vertrauen in westliche Institutionen zu untergraben.

Auf die gleiche Weise ging Russland bereits bei den US- und Europawahlen vor, wie die Geheimdienste mehrerer Staaten feststellten. Putin versuche mit «Doppelgänger», kremlfreundliche Botschaften zu verbreiten und die Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland zu untergraben.

«Doppelgänger»: Russland flutet Social Media mit Fake News

Deutsche Behörden haben dem Bericht zufolge mehr als 100 Pseudonachrichten-Websites identifiziert, die im Stillen über Monate hinweg Inhalte angehäuft haben. Ein anonymer Beamter erklärte laut «Politico» deren Aufbau: «Diese Plattformen sind ähnlich aufgebaut und mit generischen, oft von KI generierten Artikeln gefüllt.» Solche Schläfer-Webseiten sehen ihm zufolge häufig aus wie legitime Medien-Portale. Zunächst bleiben sie Undercover, bis zu einem sensiblen politischen Moment.

So wie jetzt, kurz vor der Bundestagswahl. Dazu sagt der Beamte:

«Zu einem bestimmten Zeitpunkt wird eine erfundene Geschichte veröffentlicht und dann schnell über soziale Medien und Influencer verbreitet. Wir müssen davon ausgehen, dass diese Seiten im Vorfeld der Bundestagswahl aktiviert werden sollten.»

AfD und Musk: Russland-Bots überschwemmten im Januar X

Besonders brisant ist diese Einflussnahme aktuell, da die russlandfreundliche und von Elon Musk unterstützte AfD derzeit auf Platz zwei in Umfragen vor der Wahl liegt. Die in weiten Teilen rechtsextreme Partei wird nicht nur aktiv unterstützt, sondern profitiert auch von Unsicherheit und Angst in der Bevölkerung.

Die deutlichsten Anzeichen einer massiven Zunahme von Falschinformationen sind derzeit auf Musks Plattform X zu finden. Laut «Politico» und dem Bericht der Bundesregierung stieg die Aktivität von Geister-Accounts auf über 3000 Beiträge an einem einzigen Tag, ganz im Gegensatz zu November und Dezember. In den letzten beiden Monaten des Vorjahres war die Aktivität mit kaum mehr als 50 Beiträgen pro Tag relativ gering geblieben. Seit Anfang Januar sollen die koordinierten Fake-News-Beiträge deutlich angestiegen sein.

Diese Technik der «Überlastung» von Social Media mit schnellen Wellen von Posts, um die Illusion einer viralen Verbreitung zu erzeugen, ist charakteristisch für russische Desinformationskampagnen.

Doch bei welchen Infos sollte man hellhörig werden? Klar ist: Inhaltlich folgen diese Fake-News laut des Berichts einem klaren Muster: Häufig ist etwa die deutsche Unterstützung für die Ukraine Thema. Die Regierung würde seine eigenen Bürger:innen vernachlässigen und Ukrainer:innen bevorzugen.

Ein Beispiel von Ende Januar: Ein falscher Bericht beschreibt einen angeblichen Korruptionsskandal, in den Wirtschaftsminister Robert Habeck und ein anonymer «ukrainischer Kultusminister» verwickelt sind. Diese erfundene Story wurde Anfang des Jahres auf einer solchen Schläfer-Webseite veröffentlicht und innerhalb kürzester Zeit durch koordinierte X-Konten verbreitet – mit zahlreichen Retweets binnen Minuten.

Dem Bericht zufolge laufen diese Wellen der Wahlbeeinflussung beinahe automatisiert ab. Gefälschte Konten veröffentlichen diese Informationen in regelmässigen Abständen.

Eigentlich ist die wachsende Bedrohung im Cyber-Raum schon seit Langem bekannt. Mit «Doppelgänger» verknüpfte Websites haben schon früher Medien wie den «Spiegel» geklont, um ahnungslose Leser:innen zu täuschen.

Deutschland geht gegen Cyber-Bedrohung vor

Doch wehren kann sich Berlin offenbar noch nicht ausreichend gegen die Angriffe. Dennoch intensiviert die Regierung die Bemühungen, gibt Geheimdienstinformationen an internationale Verbündete weiter. Auch Sanktionen sowie die öffentliche Anklageerhebung gegen die Netzwerke, die hinter der Kampagne stehen, stehen im Raum.

Der Beamte erklärt gegenüber «Politico»: «Wir arbeiten an einem 'Kulturwandel' im Aussenministerium.» Das Bewusstsein für die Bedrohung sei gestiegen. Und: «Botschafter werden in ihren Gastländern immer lauter. Dies stellt sicher, dass sie, wenn sich Desinformation verbreitet, über die Glaubwürdigkeit und die Netzwerke verfügen, um die Dinge richtigzustellen.»

In den vergangenen Jahren haben europäische Behörden Russland und Putin für die Einmischung mehrere Wahlen verantwortlich gemacht. Die belgischen und tschechischen Behörden haben ein grosses russisches Netzwerk zerschlagen, das im Vorfeld der Europawahlen im vergangenen Jahr Russland-Propaganda verbreitet haben soll. Im Dezember wurden Präsidentschaftswahlen in Rumänien abgesagt, nachdem die Sicherheitsdienste gewarnt hatten, dass Russland «aggressive» hybride Angriffe durchführe.

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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Martin Baumgartner
09.02.2025 04:20registriert Juni 2022
Wenn das BSW unter der 5% Hürde verschwindet, wandert Sahra Wagenknecht vielleicht nach Russland aus. Das versucht er jetzt verzweifelt mit allen Mitteln zu verhindern.
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ChruschteChranz
09.02.2025 00:39registriert Januar 2022
Das Problem ist nicht einmal die riesen Flut an Falschmeldungen... sondern die (meist ungebildeten) Leute, die diesen Mist ohne Wenn und Aber glauben.
Warum wird "Medienkompetenz" nicht als Pflichtfach in den Schulen gesetzt??!!
Da müssen wir viel mehr Arbeit investieren!
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mMn
09.02.2025 03:09registriert September 2020
Wie kommz man als stolzer Deutscher auf die Idee, AfD zu wählen und Deutschland damit direkt in die Arme Putins zu treiben? Denkt man einfach nur an die Pösen Ausländer? Ist denn Putin nicht auch ein Ausländer der nach Deutschland will?
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