Wie Kiew langsam eingekesselt wird
Ist es die Ruhe vor dem Sturm? In den letzten zwei Tagen hat sich die militärische Situation in der Ukraine nicht entscheidend verändert. Militärexperten erwarten jedoch, dass noch in dieser Woche der Kampf um Kiew beginnt. Aus den Vororten Irpin, Buscha und Hostomel werden bereits heftige Gefechte gemeldet. Nachdem russische Truppen aus Irpin und Buscha zurückgedrängt werden konnten, wurden beide Vororte mit Artillerie beschossen. Beobachter melden viele zerstörte Wohnhäuser. Irpin liegt ca. 25 Kilometer vom Kiewer Regierungsviertel entfernt.
Russische Truppen, welche von Belarus in die Ukraine eindrangen, sollen laut dem Institute for the Study of War (ISW) Kiew von Westen her umzingeln. Ein polnisches Beratungsunternehmen für Sicherheitsfragen schätzt die Truppenstärke auf 18 BTGs (Battalion tactical group). Jedes BTG besteht aus ca. 600 bis 800 Soldaten und Offizieren, 10 Kampfpanzern und 40 Schützenpanzern. Die gesamte russische Armee verfügt über ca. 170 BTGs.
Durch Irpin verläuft der Korridor für Zivilisten. Laut ukrainischen Angaben zerstörte russische Artillerie zwei Eisenbahnbrücken, welche Zivilpersonen zur Flucht aus Kiew nutzten.
Unterstützt werden soll die Belagerung Kiews von zwei Truppenverbänden aus dem Nord-Osten und Osten. Diese werden bei den Städten Sumy (Osten) und Tschernihiw (Nord-Osten) gefordert. Beide Städte werden belagert und befinden sich nicht in russischer Hand. Trotzdem sind langsame Truppenbewegungen von dort in Richtung Kiew zu beobachten.
Im Südosten von Kiew befindet sich der strategisch wichtige Boryspil Airport. Die russische Truppenkonzentration in der Nähe deutet darauf hin, dass auch dieser Flughafen bald ins Visier Aggressoren gerät.
Im Süden dringen russische Einheiten immer weiter in Richtung Atomkraftwerk Ukraine Süd. Es handelt sich dabei um das zweitgrösste AKW der Ukraine. Das grösste, das AKW Saporischschja, ist, zusammen mit dem benachbarten Kohlekraftwerk, bereits in russischer Hand.
Der Angriff auf die Stadt Mykolajiw (500'000 Einwohner), welche sich auf dem Weg dahin befindet, war bisher nicht erfolgreich. Die 500'000-Einwohner-Stadt wird aktuell von drei BTGs attackiert.
(tog)


