Russlands Präsident Putin liebt spektakuläre Bilder. Wenn er in den Ferien ist, setzt ihn der Kreml wie einen Rockstar unter den Staatschefs in Szene. Fotos von einem Kurztrip zum Angeln in Sibirien könnten gut ein halbes Jahr vor der Wahl den Personenkult beflügeln.
Da ist er wieder, der nackte Oberkörper des russischen Präsidenten. Mit ausgebreiteten Armen steht Wladimir Putin auf einem Floss in der Sommersonne im tiefsten Sibirien, einen dicken Fisch in der linken Hand. «Seht her, was für ein toller Hecht!», scheint die Pose beim Angeln in der Republik Tuwa zu sagen.
Wie kaum ein anderes Staatsoberhaupt liebt der 64-jährige Putin die medienwirksame Inszenierung seines Körpers und seiner Männlichkeit. Unvergessen sind seine Fotos als Reiter mit freiem Oberkörper, sein Auftritt als Biker in Lederkluft oder als Taucher, der antike Tongefässe aus den Tiefen des Gewässers fischt. Auch als knallharter Eishockey-Spieler und als Judoka setzt sich der etwa 1,72 Meter grosse Kremlchef und Träger eines Schwarzen Judo-Gürtels gern in Szene.
Dieses Jahr also zwei Tage Kurzferien im Süden Sibiriens. In vergnüglicher Runde mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu und zwei Gouverneuren lässt sich Putin buchstäblich die Sonne auf den Pelz scheinen. Ein wenig schüchtern sitzt der ebenfalls obenrum entblösste Minister neben ihm, während Putin seinen muskulösen Torso bräunt und mit ausgestreckten Armen die Sonne grüsst.
«Das war ein sehr kurzer aber reichhaltiger Urlaub», erzählt Kremlsprecher Dmitri Peskow Agenturen über den Ausflug von Anfang August. Putin sei unter anderem im See geschwommen, Motorboot und Quad gefahren, ein vierrädriges Geländemotorrad.
Zwei Stunden habe Putin im Taucheranzug mit einer Harpune einen Hecht gejagt. «Zwei Mal habe ich auf ihn geschossen, beim ersten Mal hat es nicht gereicht», sagt Putin der «Komsomolskaja Prawda» zufolge.
Nach einem Angelausflug 2013 mit Schoigu und Regierungschef Dmitri Medwedew hatte der Kreml Bilder von einem stolzen Putin gezeigt, der einen 21 Kilogramm schweren Hecht aus dem Wasser gezogen hat. Ob er den Rekord diesmal eingestellt hat, war sich Peskow nicht sicher.
Putin inszeniert sich immer wieder als Naturfreund und zeigt sich zur Erholung beim Angeln gern auch mit prominenten Gästen. 2007 Fischte er in Tuwa zusammen mit Fürst Albert II. von Monaco, 2001 vertrieb er sich mit dem damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac in St.Petersburg die Zeit.
Selbst mit den früheren US-Präsidenten George W. Bush und dessen Vater schwang er 2007 bei einem USA-Besuch die Angelroute – zu einer Zeit, als das Verhältnis zu Washington noch deutlich besser war als heute.
Dass Putin und US-Präsident Donald Trump zusammen in Sibirien auf Fischfang gehen könnten, scheint seit dem Beginn der Ukraine-Krise 2014 unwahrscheinlicher denn je. Die Beziehung zu Washington ist wegen Vorwürfen einer russischen Wahleinmischung und Sanktionen zerrüttet wie nie seit dem Kalten Krieg.
Während sich Trump in den Ferien beim Golfen ablichten lässt, geriert sich Putin mit Oben-ohne-Auftritten wie ein Rockstar unter den Staatsmännern. Gerade vor der nahenden Präsidentenwahl dürften solche Bilder auch der Image-Pflege dienen.
Zwar hat Putin noch immer nicht gesagt, ob er im März 2018 für eine weitere sechsjährige Amtszeit kandidiert. Doch alles andere wäre für Moskauer Experten eine Überraschung.
Innenpolitisch sitzt Putin fest im Sattel, weit über 80 Prozent liegen seine Umfragewerte. Die Wirtschaftskrise nähert sich der Regierung zufolge dem Ende, Russlands im Westen kritisierter Militäreinsatz in Syrien wird in der Heimat kaum hinterfragt. Tassen und T-Shirts mit Putins Konterfei auf Moskauer Märkten befördern den Hype um den starken Mann im Kreml, der im Oktober 65 wird.
Dabei spielt durchaus mit rein, dass Kritik an Putin im staatlich kontrollierten Fernsehen nicht vorkommt und auch der Opposition kaum Sendezeit gewidmet wird. Umso mehr dürften die Angelbilder von Putin einschlagen.
Putin habe beim Tauchen eine GoPro, eine wasserdichte Videokamera, am Kopf getragen. «Es gibt einzigartige Bilder von der Jagd auf den Hecht», sagt Peskow. Das Material solle in Kürze dem Fernsehen zur Verfügung gestellt werden – ohne Zensur, sagt er.
(oli/sda/dpa)