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Schröder besucht Putin in Moskau: Kann er Putin zur Einsicht bringen?

Schröder in Moskau: Kann er Putin zur Einsicht bringen?

Der 77-jährige SPD-Politiker unterhält enge private und berufliche Beziehungen zum Kreml-Chef. Zuletzt musste er dafür heftige Kritik einstecken. Jetzt aber ist Schröders Nähe zu Putin plötzlich Gold wert.
10.03.2022, 17:1810.03.2022, 21:43
Samuel Schumacher / ch media
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(Zu) gute Freunde? Putin und Schröder.
(Zu) gute Freunde? Putin und Schröder.Bild: Keystone

Emmanuel Macron ist gescheitert, Olaf Scholz hats vergeblich versucht, Bundesrat Ignazio Cassis wurde nicht gehört und nicht einmal der mächtige US-Präsident Joe Biden hatte eine Chance: Wladimir Putin liess sich trotz der Bemühungen der internationalen Diplomatie nicht von seinem Kurs abbringen und stürzte die Welt mit seinem Angriff auf die Ukraine ins Elend.

Ausgerechnet der deutsche Alt-Kanzler Gerhard Schröder will den Wahnsinn jetzt stoppen. Am Donnerstag ist der 77-jährige SPD-Politiker auf eigene Faust und – so schreibt die «Bild»-Zeitung – ohne Absprache mit der amtierenden Bundesregierung nach Moskau gereist. Dort will er sich mit seinem alten Bekannten im Kreml treffen und versuchen, den Krieg zu beenden.

Schröder ist in den vergangenen Wochen in die internationale Kritik geraten, weil er sich trotz des Ukraine-Krieges bislang geweigert hat, seine gut bezahlten Mandate bei den russischen Energie-Giganten Rosneft, Nordstream und Gazprom aufzugeben. Mehrere persönliche Mitarbeiter hatten deswegen in der vergangenen Woche ihre Kündigung eingereicht. Der Schweizer Medienkonzern Ringier, für den Schröder bis zuletzt als Berater tätig war, hat die Zusammenarbeit mit ihm bis auf weiteres sistiert.

Schröders umstrittener Linkedin-Post

Auch das Statement, das Schröder kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine auf der Karriere-Plattform Linkedin veröffentlicht hatte, konnte die Wogen kaum glätten. Der Alt-Kanzler schrieb darin, der Krieg in der Ukraine müsse «schnellstmöglich beendet werden. Das ist die Verantwortung der russischen Regierung.» Schröder relativierte die Schuldzuweisungen an Moskau aber und betonte mit Blick auf das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen, es hätte in der Vergangenheit «viele Fehler gegeben – auf beiden Seiten». Zudem dürften die geplanten Sanktionen gegen Russland nicht dazu führen, dass die Verbindungen zwischen Russland und Europa gänzlich gekappt würden.

Was Schröder, der Deutschland von 1998 bis 2005 als SPD-Kanzler regiert hatte, in Moskau erreichen kann, ist schwierig abzuschätzen. Kein anderer westlicher Politiker aber erhält bessere persönliche Beziehungen zu Putin. Die beiden kennen sich von zahlreichen gegenseitigen Besuchen.

FILE---File photo shows Russian Prime Minister Vladimir Putin, right, and former German chancellor Gerhard Schroeder during their meeting in St. Petersburg, Russia. German Chancellor Olaf Scholz is fl ...
Bild: keystone

Auch nach seiner Abwahl 2005 hat Schröder die freundschaftlichen Beziehungen in den Kreml aufrechterhalten. So war Schröder etwa 2018 nach Putins Wiederwahl zum russischen Staatspräsidenten im Kreml zu Besuch und tätschelte dem «guten Freund» breit lächelnd die Hand. Im selben Jahr war Schröder mit seiner fünften Ehefrau Soyeon Schröder-Kim Putins Ehrengast an der Fussball-WM in Moskau.

Scholz will Bericht über Moskau-Reise Schröders nicht kommentieren
Bundeskanzler Olaf Scholz will sich zu einem Bericht über ein angebliches Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Altkanzler Gerhard Schröder in Moskau nicht äussern. «Ich möchte das nicht kommentieren», antwortete der SPD-Politiker am Donnerstag am Rande eines EU-Gipfels im französischen Versailles auf eine entsprechende Frage.

Die Bundesregierung hatte nach eigenen Angaben von einem solchen Treffen keine Kenntnis. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag in Berlin aus Regierungskreisen erfuhr, wurden Scholz und seine Regierung nicht über einen solchen Besuch informiert.
sda/dpa

Mehr als 1300 getötete Zivilisten

Das Online-Magazin «Politico» schreibt, Schröder sei auf Bitte ukrainischer Kreise nach Moskau gereist, um «eine Brücke für einen Dialog mit Putin» zu schlagen. Schon vergangene Woche hatte der ukrainische Botschafter in Deutschland angetönt, dass Schröder der richtige Mann wäre, um einen letzten diplomatischen Vorstoss zu unternehmen.

Nach den ersten beiden Kriegswochen ist ein baldiges Ende des brutalen Vorgehens der russischen Truppen allerdings nicht absehbar. Erst gestern hatten Putins Soldaten eine Geburtsklinik in der belagerten Stadt Mariupol unter Beschuss genommen und mehreren Menschen getötet. Insgesamt sind laut der UNO seit Ausbruch des Konflikts am 24. Februar mehr als 1300 Zivilisten getötet worden.

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36 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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sweeneytodd
10.03.2022 17:32registriert September 2018
Auf Schröder ist kein Verlass, der ist nur noch eine Schande und nebenbei hat Putin wohl keine Vertraute auf welche er hören wird, der ist in seinem eigenen Propaganda-Sumpf gefangen.
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*Butterfly*
10.03.2022 17:36registriert Februar 2022
Alles ist gut, um diesen Wahnsinn und dieses unsäglichen Leid irgendwie zu stoppen.
Hoffentlich dringt er zu ihm durch!
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Varanasi
10.03.2022 17:36registriert August 2017
Antwort: Nein.
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