Mindestens 485 tote russische Soldaten, ein Verlust von 70 russischen Militärfahrzeugen, mindestens ein verlorenes russisches Bataillon. Das ist die geschätzte Negativbilanz einer gescheiterten Überquerung des Flusses Siwerskyj Donez im Donbas letzte Woche – und Präsident Putin höchstpersönlich soll Befehle gegeben haben bei diesem misslungenen Manöver.
Das erklärt zumindest eine «westliche Militärquelle» gegenüber dem britischen «The Guardian». Der «Guardian» schreibt unter Berufung auf diese Quelle, dass der russische Präsident Wladimir Putin mittlerweile operative und taktische Entscheidungen «auf der Ebene eines Obersts oder Brigadiers» treffe. Und so bestimme Putin unter anderem die Bewegungen der Truppen im Donbas mit.
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Die Niederlage beim Fluss Siwerskyj Donez war so schwerwiegend, dass einige russische Militärblogger ihren Hunderttausenden von Anhängern gegenüber die Inkompetenz des russischen Militärs erklärten, wie die US-Denkfabrik «Institute for the Study of War» (ISW) schreibt. Ein seltenes Zeichen für innerrussische Unzufriedenheit.
Klar ist, dass es den russischen Streitkräften bisher nicht gelungen ist, einen Durchbruch im Donbas zu erzielen, obwohl sie bereits seit einem Monat eine Offensive führen. Ein Hauptgrund war, dass die russischen Streitkräfte immer wieder daran scheiterten, ukrainische Streitkräfte einzukesseln.
Zudem gelang es den ukrainischen Streitkräften nach eigenen Angaben, die russischen Truppen aus der bereits eroberten Stadt Charkiw zurückzudrängen – der zweitgrössten Stadt des Landes.
Während es letzte Woche noch hiess, dass Putins Armeechef General Waleri Gerassimow bei seinem Präsidenten in Ungnade gefallen wäre, weiss die Quelle des «Guardian», dass Putin nach wie vor eng mit Gerassimow zusammenarbeite:
Die Quelle deutete laut «Guardian» an, dass diese Informationen auf erhaltenen Geheimdienstinformationen beruhten.
Auch in der Schweizer Armee befehligen die Brigadiers als höhere Stabsoffiziere eine Brigade, also eine Einheit, die aus einer Handvoll Bataillone bestehen – letztere entsprechen der kleinsten operativen Einheit sowohl in der schweizerischen als auch in der russischen Armee. Brigadiers koordinieren also das Tagesgeschäft einer solchen Einheit.
Das russische Militär arbeite im Vergleich zu westlichen Armeen eher von oben nach unten, wie der «Guardian» schreibt. Die stockende Invasion habe Moskau jedoch gezwungen, hohe Militärs und Generäle näher an die Frontlinie zu schicken, wo nach Angaben der ukrainischen Streitkräfte bereits bis zu 12 von ihnen getötet worden seien.
Ben Barry, ein ehemaliger Brigadier der britischen Armee und Experte für Landkriegsführung am «International Institute for Strategic Studies» (IISS), meint zu Putins Einmischen in das operative Vorgehen:
(yam)