International
Russland

Wie die Ukraine gegen Drohnen aus dem Iran vorgehen könnte

Die Drohnen aus dem Iran stellen die Ukraine vor Probleme – so könnte die Lösung aussehen

Iranische Kamikaze-Drohnen sind klein und schwierig abzufangen. Die effektivste Abwehrmethode könnte zugleich die billigste sein.
19.10.2022, 18:3819.10.2022, 18:39
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Iranische Kamikaze-Drohnen, die im morgendlichen Berufsverkehr auf eine europäische Metropole herabstürzen und den Tod bringen: Die Bilder der jüngsten russischen Terrorangriffe auf Kiew und andere Orte in der Ukraine haben auch die Nato aufgeschreckt. Damit sich die Ukrainer besser vor den fliegenden Killern schützen können, will das Bündnis jetzt verstärkt Technik zur Drohnenabwehr liefern. Ein Hoffnungsschimmer für das geschundene Land?

FILE - In this photo released by the Iranian Army on Aug. 25, 2022, a drone is launched from a warship in a military drone drill in Iran. The Iranian-made drones that Russia sent slamming into central ...
Der Iran stellt Russland Kamikaze-Drohnen zur Verfügung.Bild: keystone

Konkret hat sich die Nato nicht geäussert, welche Systeme die Ukrainer erhalten sollen, doch frühere Stellungnahmen und ein Blick in die Arsenale der Bündnispartner liefern Hinweise. So kündigte die US-Regierung schon Ende August die Lieferung von Abwehrsystemen des Typs «Vampire» vom Hersteller L3Harris an. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Störsender, Infrarotkamera und Raketenwerfer, die sich auf der Ladefläche eines Kleinlasters montieren lässt.

USA wollen neuartiges System liefern

Nach Herstellerangaben lässt sich das Abwehrsystem vom Beifahrersitz aus per Joystick steuern. Die Raketen werden per Laser gesteuert und können Ziele in bis zu zehn Kilometern Entfernung treffen. Die gesamte Elektronik kann bei Bedarf einfach von der Ladefläche entfernt und innerhalb weniger Stunden wieder angebracht werden. «Der Vorteil des Systems ist, dass es ziemlich günstig ist und sich auf jedem Fahrzeug anbringen lässt», zitiert das Fachmagazin «Defense One» einen Sprecher der Firma.

Das Problem: Der Vampire ist ein neu entwickeltes System, das erst produziert werden muss. Dem Fachmagazin «Janes» zufolge könnten die ersten Exemplare bis Mai 2023 ausgeliefert werden. Wie viele die Ukraine erhalten soll, ist nicht bekannt. Schneller verfügbar wären tragbare Antidrohnenwaffen, die auch die Bundesregierung der Ukraine schon zugesagt hat. Unklar ist allerdings, welche Systeme gemeint sind. Auf der Berliner Materialliste ist nur von Störsendern und elektronischen Drohnenabwehrgeräten die Rede. Das können unterschiedliche Systeme sein.

«Störsender nicht so relevant»

Im August teilte die Bundeswehr mit, fünf Exemplare des stationären Abwehrsystems «Asul» beschafft zu haben. Es besteht aus zwei mobilen Containern mit einem ausfahrbaren Mast, drei Radarsystemen, einer Kamera und einem Peilsender für Radiofrequenzen. Damit lässt sich das Steuersignal einer anfliegenden Drohne zurückverfolgen. Ein Störsender kann das Objekt dann auf mehrere Kilometer Entfernung zum Absturz bringen. Vor der Anschaffung von Asul musste die Bundeswehr Drohnen im ersten Schritt erkennen und in einem zweiten Schritt mit einer Art Gewehr abfangen, zu sehen in diesem Video:

Allerdings lassen sich mit Asul und schultergestützten Kanonen nur bodengesteuerte Drohnen mit einem Gewicht bis 25 Kilo abschiessen. Die iranischen Terrordrohnen vom Typ Shahed-136 wiegen dagegen 200 Kilo und steuern von einem GPS-Sender gelenkt in ein vorher festgelegtes Ziel. «Störsender und andere Mittel der elektronischen Kriegsführung sind daher nicht so relevant für die Bekämpfung solcher Drohnen», schreibt der Fachjournalist Tyler Rogoway auf Twitter. «Der GPS-Sender ist die einzige potenzielle Schwäche dieser Drohnen, aber den zu stören ist kompliziert.»

«Nasams in der Nähe von Städten»

Effektiv abfangen liessen sich Flugobjekte wie die Shahed-136 nur mit modernsten Systemen, schreibt Rogoway, «insbesondere Nasams». Die neueste Version des von den USA und Norwegen entwickelten Systems kann verschiedene Boden-Luft-Raketen abfeuern. In den USA schützt das System beispielsweise die Hauptstadt Washington vor Luftangriffen. Ende August kündigte die US-Regierung die Lieferung von Nasams an die Ukraine an, sagte aber nichts zu Anzahl oder Lieferdatum. Grossbritannien sicherte zudem die Lieferung «Hunderter Raketen» zu.

epa10209628 Spanish army air defence systems NASAMS simulates the defence during Ramstein Alloy exercise in Lielvarde Air Base, Latvia, 27 September 2022. NATO said Hungary, Germany, Czech Republic, I ...
Ein Nasams-Flugabwehrsystem kann eine ganze Reihe verschiedener Raketen abfeuernBild: keystone

«Wenn Russland seine Vorräte an Kamikaze-Drohnen weiter aufstockt, wird es extrem wichtig, Nasams in der Nähe von Städten und militärischen Einrichtungen aufzustellen», schreibt Tyler Rogoway, der sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt. Doch selbst so ein modernes System wie Nasams komme an seine Grenzen, wenn immer wieder Schwärme an feindlichen Kamikaze-Drohnen anfliegen, gibt Rogoway zu bedenken. Auch die Kosten würden zum Problem, wenn ständig Raketen im Wert von Millionen Euro auf Objekte geschossen würden, die nur ein paar Zehntausend Euro gekostet haben.

So könnten Flugabwehrsysteme zwar helfen gegen die Angriffe mit Kamikaze-Drohnen. Der beste Schutz sei aber, Russland im Dunklen zu lassen über mögliche Angriffsziele, so Rogoway: «Die russischen Drohnen können nur stationäre Ziele angreifen, aber keine beweglichen. Das Wichtigste ist daher, die militärische Aufklärung Russlands zu stören, wichtige Anlagen zu verstecken, Gerät in Bewegung zu halten und zu verhindern, dass Russland Ziele in Echtzeit ausfindig machen kann.»

Quellen:

((t-online,mk ))

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Waffenlieferungen der USA an die Ukraine
1 / 11
Waffenlieferungen der USA an die Ukraine
250 Haubitzen wie diese hier vom Typ M777 zusammen mit 950'000 Artillerie-Schüssen.
quelle: keystone / evgeniy maloletka
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Russischer Kampfjet stürzt in Wohnhaus – 13 Tote
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
55 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
banda69
19.10.2022 19:16registriert Januar 2020
Mir wäre ein Abwesystem, welches die Drohnen übernimmt und zum Absender zurückfliegt, am liebsten.
1078
Melden
Zum Kommentar
avatar
Haarspalter
19.10.2022 19:08registriert Oktober 2020
Wie wäre es mit im Feld aufgestellten Köder-Vogelscheuchen ohne Kopftuch - Iranische Drohnen würden sich beim Überflug sicherlich sofort auf solche stürzen.
10812
Melden
Zum Kommentar
avatar
MartinZH
19.10.2022 19:04registriert Mai 2019
Der russ. Terror muss gestoppt werden – egal mit welchen Mitteln – und dies möglichst rasch und effizient.

Zudem müssen die Drohnen-Basen, z.B. auf der Krim, zerstört werden. Ein paar gezielte Himars-Raketen werden Abhilfe schaffen, wenn die Aufklärung so weit ist.

GB und die USA werden der Ukraine dabei helfen, dass dieser Drohnen-Terror gegen die Zivilbevölkerung und Infrastruktur-Einrichtungen bald ein Ende findet.

Iran ist dafür zu verurteilen, RUS mit Waffen zu beliefern, welche sich primär gegen die Zivilbevölkerung richten. – Und nein, Waffen aus dem Westen tun genau dies eben nicht.
8914
Melden
Zum Kommentar
55
Aussichtspunkt zum Berg Fuji wird mit schwarzer Wand abgeschirmt

Eine schwarze Wand statt einer sagenhaften Aussicht. Mit einer Konstruktion aus schwarzem Maschennetz vor dem Gipfel des Fuji versuchen die Behörden, der Touristenmassen an einem Aussichtspunkt vor Japans höchstem Berg Herr zu werden.

Zur Story