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Ukrainische Kinder werden in Onlinekatalog zur Adoption angeboten

Kinder in der Ukraine: Russland hat mehrere Jungen und Mädchen verschleppt und zur Adoption freigegeben.
Kinder in der Ukraine: Russland hat mehrere Jungen und Mädchen verschleppt und zur Adoption freigegeben.Bild: Danylo Antoniuk/ZUMA Press Wire/dpa/dpa-bilder

Ukrainische Kinder werden in Onlinekatalog zur Adoption angeboten

In der von Russland besetzten Region Luhansk werden Kinder auf einer Webseite zur Adoption angeboten. Eine Hilfsorganisation spricht von einem «Sklavenkatalog».
09.08.2025, 14:0509.08.2025, 14:05
Thomas Wanhoff / t-online
Ein Artikel von
t-online

Ukrainische Kinder sind während des Krieges nicht nur nach Russland verschleppt worden, sondern werden offenbar auch online zur Adoption angeboten. Die ukrainische Hilfsorganisation «Save Ukraine» hat Beweise vorgelegt, dass Kinder im Internet wie in einem Katalog ausgewählt werden können.

Auf einer Webseite, der von Russland besetzten und kontrollierten Region Luhansk werden Minderjährige demnach wie Ware präsentiert. Der Betreiber der Seite, das russisch verwaltete Bildungsministerium, bietet an, sie nach Eigenschaften wie Gehorsam, Ruhe und Interessen auszuwählen. Mykola Kuleba, Leiter von «Save Ukraine», verurteilte dies scharf: «Stellen Sie sich vor, Sie können Kinder nicht nur nach Geschlecht, sondern auch nach Augen- und Haarfarbe filtern! Die Art und Weise, wie sie unsere ukrainischen Kinder beschreiben, unterscheidet sich in keiner Weise von einem Sklavenkatalog», so Kuleba in einem Beitrag auf Instagram. «Dies ist ein echter Kinderhandel im 21. Jahrhundert, dem die Welt sofort Einhalt gebieten muss.»

Ein Screenshot der Webseite, auf der ukrainische Kinder von russischen Besatzern zur Adoption angeboten werden.
Ein Screenshot der Webseite, auf der ukrainische Kinder von russischen Besatzern zur Adoption angeboten werden.Bild: instagram/mykola_kuleba

Die meisten Kinder, die auf der Webseite angeboten werden, seien vor der Besetzung der Region Luhansk geboren worden und hatten die ukrainische Staatsbürgerschaft, so Kuleba. Einige ihrer Eltern wurden nach Angaben Kulebas von den russischen Besatzungsbehörden getötet, während andere russische Dokumente erhielten, um ihre Entführung zu legalisieren. Auf der Webseite werden derzeit 294 Kinder angeboten.

«Verfügt über schauspielerisches Talent»

«Konfliktfrei, gesellig, fleissig und besitzt viel. Treibt gerne Sport. Verfügt über Führungsqualitäten» steht zum Beispiel bei einem Kind namens Anton. Ein Mädchen mit dem Namen Tatjana wird als «gewissenhaft und verantwortungsbewusst, besonders was kulturelle Veranstaltungen betrifft» beschrieben. «Verfügt über schauspielerisches Talent, singt und tanzt gut. Kann Gedichte und Prosa ausdrucksstark vortragen», heisst es weiter.

Seit der russischen Besetzung ukrainischer Gebiete sind nach Angaben von «Save Ukraine» insgesamt 19'546 ukrainische Kinder verschleppt worden. 700 Mädchen und Jungen konnten wieder zurückgebracht werden. Viele Kinder werden von russischen Familien adoptiert. Wladimir Putin hatte eigens die Gesetze geändert, um Adoptionen zu erleichtern.

Vereinte Nationen: Systematisches Programm zur erzwungenen Adoption

Ein Bericht der Vereinten Nationen vom Dezember 2024 legte nahe, dass Russland ein systematisches Programm zur erzwungenen Adoption und Pflege ukrainischer Kinder betreibt. Im Zentrum der Untersuchung stand die Entdeckung dreier miteinander verbundener, russlandnaher Datenbanken, in denen ukrainische Kinder als russische Waisen registriert wurden. Die Analyse basierte auf frei zugänglichen Quellen und Satellitenbildern und identifizierte 314 betroffene Kinder. Diese seien nach dem Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 in das mutmasslich vom Kreml gesteuerte Programm aufgenommen worden. Verschleppte Kinder zur Adoption anzubieten, ist völkerrechtswidrig.

In einem Fall wurde eine der Datenbanken demnach direkt vom Büro des russischen Präsidenten Putin finanziell unterstützt. Die bislang bekannten Kinder stammen überwiegend aus den Regionen Donezk und Luhansk, doch auch Minderjährige aus den nach Februar 2022 besetzten Gebieten Saporischschja, Cherson und Charkiw sollen betroffen sein. Der Deutschlandfunk berichtete Ende Juli, dass volljährige entführte ukrainische Kinder für den Kriegsdienst rekrutiert werden.

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36 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sarkasmusdetektor
09.08.2025 14:53registriert September 2017
Dabei denke ich wieder an so schlaue Kommentare, wenn die Ukraine nur aufhören würde zu kämpfen, wäre ganz schnell Frieden und nichts schlimmes würde mehr passieren…
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stronghelga
09.08.2025 14:53registriert März 2021
Die Veröffentlichung dieses Online-Katalogs ist ein extrem brutaler Schritt zur Entrechtung und Entmenschlichung von Kindern. Putin und seine Helfer entführen, entrechten und russifizieren ukrainische Kinder, um eine ganze Generation auszulöschen. Das ist kein Nebenschauplatz, sondern Völkermord mit modernsten Mitteln. Putin, der dafür verantwortlich ist, verdient keinen diplomatischen Handschlag, sondern unmittelbar Handschellen – und den Rest seines Daseins hinter Gittern.
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CH-Bürger
09.08.2025 15:06registriert Juni 2018
Dieser Katalog steht für das moralische Versagen von Politik und Diplomatie im Umgang mit Russlands kriegerischer Aggression. Dass darin Kinder zur Schau gestellt werden, ist ein erschütternder Tiefpunkt. Ein solches Vorgehen entlarvt die Entmenschlichung durch ein Regime, das jede ethische Grenze längst überschritten hat – ein trauriges Zeugnis für den Zustand internationaler Verantwortung.
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