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Deswegen fühlt sich Kasachstan von Putin bedroht

Kazakhstan Army soldiers march past the GUM department store toward Red Square to attend a rehearsal for the Victory Day military parade in Moscow, Russia, on Saturday, May 3, 2025. (AP Photo/Alexande ...
Kasachische Soldaten bei einer Militärparade: Wenn es nach russischen Nationalisten geht, sollte das Land nicht unabhängig sein.Bild: keystone

Deswegen fühlt sich Kasachstan von Putin bedroht

Das Säbelrasseln Russlands wird nicht nur in der Ukraine registriert. Mit Kasachstan sieht sich auch ein weiteres Nachbarland wachsenden Aggressionen ausgesetzt.
07.08.2025, 21:2607.08.2025, 21:26
Konstantin Hitscher / t-online
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t-online

«Es gibt eine alte Regel, die besagt: Wo immer ein russischer Soldat seinen Fuss hinsetzt, gehört es uns.» Auch wenn sich Wladimir Putin mit dieser Äusserung aus dem Juni dieses Jahres auf die Ukraine bezogen hat, konnten sich auch andere Nachbarländer Russlands angesprochen fühlen. Im Fall Kasachstans trifft das besonders zu: Das Land bezieht grosse Teile seiner Rüstung aus Russland und teilt sich mit dem grossen Nachbarland etwa ein Luftverteidigungssystem.

Das zentralasiatische Land teilt eine mehr als 7'600 Kilometer lange Grenze mit Russland und hat zudem, ähnlich wie die Ukraine, erst 1991 nach dem Ende der Sowjetunion seine Unabhängigkeit erlangt. Auch politisch ist das dünn besiedelte Kasachstan von Russland abhängig: Als es in dem autoritär geführten Land 2022 zu Unruhen kam, liess sich die kasachische Führung von Russland helfen.

Putin: «Nie einen eigenen Staat gehabt»

In der Vergangenheit hat Putin schon deutlichere Drohungen in Richtung des Nachbarlandes geschickt – damals als Reaktion auf die kasachische Ankündigung, die von Russland geführte Eurasische Wirtschaftsunion zu verlassen. Im August 2014 erklärte er vor Studierenden, dass der kasachische Staat erst in den 1990ern von Nursultan Nasarbajew geschaffen wurde, dem ersten Präsidenten des Landes.

Wie «eurasinet.org» schreibt, erklärte Putin: «Die Kasachen haben nie einen eigenen Staat gehabt.» Putin sprach dem Land die Existenz und damit die Geschichte ab. Dabei ist Kasachstan schon lange von nomadischen Völkern besiedelt – die Besiedelungsgeschichte lässt sich sogar bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen. Mit Kasachisch verfügt das Land zudem über eine eigene Nationalsprache.

In Putins Darstellung wiederum ist Kasachstan ein russischsprachiges Land – ähnliche Äusserungen gab es aus Moskau auch vor dem Überfall auf die Ukraine. Laut Beobachtern versucht Russland, so Erzählungen zu verbreiten und damit seinen Imperialismus zu rechtfertigen. Russland pocht auf eine gemeinsame Geschichte und stellt aufgrund der gemeinsamen Sprache die Souveränität Kasachstans infrage.

Russische Nationalisten spotten

Nach der Annexion der zur Ukraine gehörenden Krim im Jahr 2014 gab es so im Kreml auch Vorstösse, ähnliche Ansprüche auf Teile Kasachstans geltend zu machen. Dabei ging es vor allem um die nördlichen Teile des Landes: Wie die «Times of Central Asia» schreibt, sprechen grosse Teile der Bevölkerung hier nur Russisch und konsumieren ausschliesslich russische Medien.

Diese Tatsache führt zu grosser Zustimmung unter russischen Nationalisten. Der russische Abgeordnete Denis Majdanow bezeichnete Kasachstan etwa als «ur-russisch», andere Abgeordnete nannten Nordkasachstan ein «Geschenk Russlands». Wie «Times of Central Asia» schreibt, wurde das Kasachische im russischen Fernsehen verspottet, mit der Verdrehung von geschichtlichen Tatsachen wurde der Staat weiter delegitimiert.

In Städten wie Petropawlowsk im Norden von Kasachstan stellen ethnische Russen sogar die Mehrheit der Bevölkerung. Eine pro-russische Gruppe namens der «Volksrat der Arbeiter» versuchte 2023, die Unabhängigkeit der Region auszurufen. Zudem versucht der russische Staat seit dem Beginn des Angriffskriegs, ethnische Russen aus Kasachstan für sein Militär anzuwerben – obwohl damit gegen kasachisches Recht verstossen wird.

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Glasfaserdrohnen im Ukrainekrieg
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quelle: global images ukraine / viktor fridshon
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49 Kommentare
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El_Chorche
07.08.2025 21:56registriert März 2021
Jeder, der schlau ist, fühlt sich von Putin bedroht.

Die SVP fühlt sich übrigens nicht von Putin bedroht.
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WatSohn?
07.08.2025 22:20registriert Juni 2020
Fast hätte ich es vergessen: Russland ist jener Staat, der zumindest früher immer vom imperialistischen Westen sprach…
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WatSohn?
07.08.2025 22:07registriert Juni 2020
Ab 1860 begann das zaristische Russland mit der Eroberung ganz Zentralasiens. Und um es klarzustellen: Städte wie Taschkent, Samarkand oder Buchara waren schon hoch zivilisiert, als die Vorfahren der Russen noch im Fellschurz herum rannten. Das waren keine Nationalstaaten, wie in Europa, aber es waren Herrschaftsgebiete- Emirate, Khanate und Fürstentümer, die in extrem brutalen geführten Kriegen von Russland erobert wurden. Und wie es im Bericht steht: die Eroberer betonten, dass sie nicht für einen Tag, sondern für immer gekommen, seien.
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