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Gebrochene Finger und Prellungen – Angriff auf russische Journalistin

Gebrochene Finger und Prellungen – Angriff auf russische Journalistin in Tschetschenien

04.07.2023, 15:2605.07.2023, 22:37
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Die oppositionelle russische Investigativreporterin Jelena Milaschina ist am Dienstag in der russischen Kaukasus-Republik Tschetschenien zusammengeschlagen und schwer verletzt worden.

Maskierte und bewaffnete Männer hätten ihr Auto, in dem auch der Rechtsanwalt Alexander Nemow sass, auf dem Weg in die tschetschenische Hauptstadt Grosny gestoppt, teilte die Menschenrechtsorganisation Memorial mit.

Jelena Milaschina
Die oppositionelle russische Investigativreporterin Jelena Milaschina ist Opfer eines brutalen Angriffs geworden.Bild: screenshot

Die Männer schlugen demnach auf die beiden Insassen ein und zerstörten alle vorhandenen Dokumente und Technik. Milaschina seien Finger gebrochen worden, sie habe Prellungen am ganzen Körper erlitten und habe mehrmals das Bewusstsein verloren.

Milaschina und Nemow wollten in Tschetschenien der Urteilsverkündung für Sarema Musajewa beiwohnen. Die 53-jährige Ehefrau eines ehemaligen Richters war vergangenes Jahr aus der russischen Stadt Nischni Nowgorod nach Grosny verschleppt worden.

Russischen Staatsmedien zufolge verurteilte das Gericht in Grosny Musajewa am Dienstag zu fünfeinhalb Jahren Lagerhaft. Ihr wurde angeblicher Betrug und Angriff auf einen Polizisten vorgeworfen. Der zusammengeschlagene Anwalt Nemow ist der offizielle Verteidiger der Angeklagten. Die Journalistin Milaschina hatte im oppositionellen Medium «Nowaja Gaseta» ausführlich über Musajewas Fall berichtet.

Putin ist informiert worden

Russlands Präsident Wladimir Putin sei über den Angriff auf Milaschina und Nemow informiert worden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge. Die Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa kümmere sich um den Vorfall, sagte er. Sie habe sich bereits an die Ermittlungsbehörden Tschetscheniens gewandt.

«Natürlich bedarf es einer Prüfung und Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Angriff», sagte Peskow. Es handele sich um eine «sehr schwerwiegende Attacke, die sehr energische Massnahmen erfordert».

ARCHIV - Putins Sprecher Dmitri Peskow. Foto: Alexei Nikolsky/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa
Laut Kremlsprecher Dmitri Peskow erfordert die Attacke auf eine russische Journalistin «energische Massnahmen».Bild: sda

Moskalkowa sagte russischen Agenturen zufolge, der Vorfall müsse gründlich untersucht und die Schuldigen müssten bestraft werden. Milaschina und Nemow wurden nach russischen Angaben noch am Dienstag in ein Krankenhaus ausserhalb Tschetscheniens gebracht.

Milaschina war bereits 2020 von Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow mit dem Tod bedroht worden, nachdem sie kritisch über den brutalen Umgang mit der Bevölkerung in der Corona-Pandemie berichtet hatte. Die Journalistin recherchiert seit Jahren in Tschetschenien.

Kadyrow führt die islamisch geprägte Republik im Nordkaukasus mit harter Hand. Bürgerrechtler beklagen immer wieder brutale Menschenrechtsverstösse, darunter Folter und Verfolgung. In den 1990er Jahren führte das damals nach Unabhängigkeit strebende Tschetschenien zwei Kriege gegen Russland. Moskau schaffte es mit massiven Angriffen, die Kontrolle über die Region zurückzuerlangen. (sda/dpa)

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Magnum
04.07.2023 16:21registriert Februar 2015
In Russland sind Kritiker des Kremls ihres Lebens nicht sicher. Dennoch meinen einige Überschlaue, dass Russland wahre Freiheit gewähre, während sie sich in der Schweiz in einer Diktatur wähnen. Kann man sich nicht ausdenken.

Dass eine Untersuchung dieses gewaltsamen Angriffs irgendwas ergeben oder gar Konsequenzen für irgendjemanden haben könnten, ist leider illusorisch. Dieser Angriff war ganz im Sinne vom Kreml, um Kritiker einzuschüchtern.
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Die Geschichte wiederholt sich...
04.07.2023 15:47registriert Februar 2022
“Es handele sich um eine «sehr schwerwiegende Attacke, die sehr energische Massnahmen erfordert»”... die Orden für die Schläger sind schon bereitgestellt und die Statuen für die Angreifer sind in Auftrag gegeben. Solch ein Dienst am Vaterland muss schlisslich gwürdigt werden.

So werden wahrscheinlich die Massnahmen aussehen.
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Haarspalter
04.07.2023 17:55registriert Oktober 2020
Durch den Anschlag auf Milaschina und Nemow wurde nun weltweit publik, was diese der Tschetschenischen Regierung vorwerfen bzw. nun auch nachgewiesen haben.

Schon wieder so ein „durchdachter“ Plan, der im Jahr 2023 nicht aufgeht.
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