Das russische Militärkommando hat den tschetschenischen Streitkräften offenbar befohlen, mit offensiven Operationen in der Ukraine zu beginnen. «Putins Bluthund» und sein Achmat-Rudel könnten also «Putins Koch» und dessen Wagner-Söldner in der Ukraine ablösen.
Die tschetschenischen Soldaten haben nach ihrer Teilnahme an den Kämpfen um Mariupol, Sewerodonezk und Lyssytschansk weitgehend im rückwärtigen Bereich operiert – und entsprechend etwa ein Jahr nur noch vereinzelt an offensiven Kampfhandlungen teilgenommen.
Nun aber hat Ramsan Kadyrow, Chef der russischen Teilrepublik Tschetschenien, am Mittwoch auf seinem Telegram-Kanal bekannt gegeben, dass seine Tschetschenen-Kämpfer die Verantwortung für die Frontlinie im Gebiet Donezk übernommen hätten. Er und seine Soldaten würden bereits seit einigen Tagen «aktive Kampfhandlungen» ausführen, um im Raum Donezk «eine Reihe von Siedlungen zu befreien». Dazu habe er die Spezialeinheiten Achmat und Sever-Achmat Richtung Marinka verlegt. Zudem würden in den Oblasten Saporischschja und Cherson tschetschenische Truppen im Einsatz stehen. Laut Kadyrow sollen sich rund 7000 tschetschenische Soldaten in der Ukraine befinden.
Neben den Achmat-Kämpfern habe das russische Verteidigungsministerium das Angriffskommando der 5. motorisierten Schützenbrigade und das 1. Armeekorps für eine offensive Operation in den Raum Donezk beordert.
Des Weiteren erklärt Kadyrow, dass «im Gegensatz zu den Behauptungen europäischer und ukrainischer Medien» noch keine Offensive der Ukrainer gestartet habe. Trotzdem werde man nun militärisch vorwärtsmachen. «Wir sind des Wartens müde.»
Der amerikanische Thinktank Institute for the Study of War (ISW) hingegen meldete, dass bisher keine Hinweise auf eine tschetschenische Offensivoperation bei Saporischschja oder Cherson beobachtet worden seien.
Das ISW vermutet, dass die momentanen Entwicklungen darauf hindeuten, dass der Kreml versuche, Kadyrows Soldaten nach dem Rückzug der Wagner-Truppen von den Fronten wieder als Hauptangriffstruppe einzusetzen. Am 13. März hatten sich Wladimir Putin und Kadyrow öffentlich getroffen. Seitdem wird gemunkelt, dass der russische Präsident Druck auf Kadyrow ausübe, damit dieser die Rolle der tschetschenischen Kämpfer in den Kampfhandlungen stärke.
Jewgenin Prigoschin reagierte am 31. Mai auf Berichte über die Verlegung tschetschenischer Truppen in das Gebiet, in dem bislang die Wagners tätig waren. Der Wagner-Chef sei zuversichtlich, dass Kadyrows Truppen bei der Eroberung einiger Siedlungen in der Region erfolgreich sein würden, betonte er.
Prigoschin und Kadyrow haben zuletzt Anfang Mai zusammengespannt, um mit einer List das russische Verteidigungsministerium zu zwingen, dass den Wagner-Söldnern in Bachmut Nachschub zugesprochen wird.
Das ISW meint zur These, dass die Tschetschenen die Wagner-Gruppe ablösen sollen:
Sollte Kadyrows Behauptung allerdings zutreffen – nämlich, dass er über 7000 Soldaten in der Ukraine verfüge –, wäre er wohl kaum in der Lage, mehrere bedeutende Offensivoperationen erfolgreich durchzuführen, so das ISW.
Die Unterstützung von Kadyrow ist Putin gewiss. Denn Russland finanziert den Haushalt Tschetscheniens seit Jahren fast vollständig. Und Putin lässt Kadyrow als Diktator in seinem Land schalten und walten. So hat Kadyrow Oppositionelle und Homosexuelle verfolgt und ermordet, oder sich selbst durch Korruption illegal bereichert, wie das Recherchenetzwerk «Projekt» vor wenigen Jahren aufdeckte. Zudem habe der gläubige Muslim Kadyrow mehrere Ehefrauen, was eigentlich nach russischem Gesetz verboten ist – obwohl das russische Gesetz auch für die Teilrepublik Tschetschenien gilt.
Dabei haben die Tschetschenen vor nicht allzu langer Zeit etwas Ähnliches erlebt wie die Ukraine heute. Während der beiden Tschetschenienkriege (1994–1996 und 1999–2009) kämpfte die russische Streitmacht zusammen mit prorussischen Tschetschenengruppen gegen die Tschetschenische Republik Itschkerien. Allein im zweiten Tschetschenienkrieg sind zwischen 50'000 und 80'000 Menschen umgekommen, die Städte lagen in Schutt und Asche.
Der Konflikt endete damit, dass die ehemalige autonome Sowjetrepublik im Nordkaukasus, die seit 1991 unabhängig war, wieder in die Russische Föderation eingegliedert und Kadyrow als russlandtreuer Präsident installiert wurde.
Wie sich der Einsatz des Rudels von «Putins Bluthund» auf den Verlauf des Kriegs auswirken wird, ist derzeit völlig unklar. Klar ist allerdings: Die tschetschenischen Soldaten sind genauso für ihr menschenverachtendes Vorgehen berüchtigt wie die Wagner-Söldner. Kadyrow forderte zudem von Putin, das Kriegsrecht zu verhängen, um noch härter gegen die Ukraine vorgehen zu können.
(yam)
Auch die werden sich bei den Ukrainern eine blutige Nase holen.