International
Schule - Bildung

Keine ausländischen Studenten mehr an Harvard: Das sind die Reaktionen

epa12006299 People at the entrance of the Harry Elkins Widener Library on the campus of Harvard University in Allston, Massachusetts, USA, 02 April 2025. The Department of Education announced on 30 Ma ...
Der Entscheid der US-Regierung könnte die Hochschullandschaft des Landes massiv verändern.Bild: keystone

Harvard-Studierende zum Entscheid der US-Regierung: «Unmenschlich und respektlos»

Die US-Regierung will ausländische Studierende aus Harvard verbannen. Das betrifft mehr als ein Viertel der Studentenschaft. Entsprechend gravierend wären die Folgen für die Elite-Universität. Die Reaktionen auf den Entscheid der Regierung fallen heftig aus.
23.05.2025, 12:1023.05.2025, 13:55
Mehr «International»

Die US-Regierung hat am Donnerstag angekündigt, dass Schritte eingeleitet würden, damit die Elite-Universität Harvard keine ausländischen Studierenden mehr aufnehmen darf. Jene, die bereits an der Uni studieren und den Anforderungen der Regierung entsprechen, müssen eine neue Hochschule suchen, die ein entsprechendes Zertifikat (SEVP) haben. Ansonsten droht der Entzug der Aufenthaltsbewilligung. Für Harvard hätte das gravierende Folgen: Rund 27 Prozent oder knapp 6800 der Studentinnen und Studenten sind aus dem Ausland.

Das SEVP-Zertifikat
Damit Hochschulen in den USA internationale Studierende aufnehmen dürfen, benötigen sie eine Zertifizierung im Rahmen des sogenannten Student and Exchange Visitor Program (SEVP), das vom Heimatschutzministerium verwaltet wird. Diese Zertifizierung will das Ministerium Harvard nun entziehen. Ob und in welchem Umfang die Massnahme rechtlich Bestand haben wird, ist offen.

Laut dem Heimatschutzministerium hat Harvard 72 Stunden Zeit, um zu reagieren. Die Hochschule soll so gezwungen werden, Informationen über die Studierenden an die Regierung preiszugeben, die in den letzten Jahren an «illegalen», «gefährlichen» oder «bedrohlichen» Aktivitäten teilnahmen, zum Beispiel an Protesten oder wegen Verstössen gegen Visa-Bestimmungen. Dagegen hat sie sich bisher geweigert.

Ein Sprecher der Universität im Bundesstaat Massachusetts bezeichnete das Vorgehen der Regierung in einer E-Mail als «rechtswidrig». Es war von einer «Vergeltungsmassnahme» die Rede, die Harvard und den Vereinigten Staaten «ernsthaften Schaden» zufüge und den akademischen Auftrag der Hochschule sowie ihre Forschung untergrabe. «Wir setzen alles daran, Harvards Fähigkeit zu bewahren, internationale Studierende und Wissenschaftler aus mehr als 140 Ländern aufzunehmen», hiess es darin weiter.

Ausländische Studierende bringen Geld

Der Entscheid könnte nicht nur Harvard schaden, sondern der ganzen Hochschullandschaft in den USA, befürchten viele. Professoren machen sich Sorgen, dass Forschungslabore plötzlich leer blieben. Hinzu kommen finanzielle Sorgen. Denn da ausländische Studierende kein Anrecht auf staatliche Unterstützung haben, bezahlen sie die Gebühren in der Regel selbst. Ihre Gebühren sind zudem meist höher als jene inländischer Studierenden. Das bringt der Uni Geld ein.

Die Studierenden selbst wissen nun nicht, wie es für sie weitergeht. Abdullah Shahid Sial, Co-Präsident der Studentenschaft, erklärt gegenüber CNN: «Internationale Studierende repräsentieren die besten der besten ihres eigenen Landes und es ist traurig zu sehen, dass sie auf so eine unmenschliche und respektlose Art behandelt werden.»

«Viele von uns haben ihr ganzes Leben dafür gearbeitet, an eine Universität wie Harvard zu kommen.»
Harvard-Student aus Österreich

Karl Molden aus Österreich erklärt gegenüber dem Portal, dass die ausländischen Studierenden nervös seien. «Viele von uns haben ihr ganzes Leben dafür gearbeitet, an eine Universität wie Harvard zu kommen.» Er wirft der Regierung vor, dass internationale Studierende «als Spielball in diesem grösseren Kampf zwischen Demokratie und autoritärem System» benutzt würden.

Jason Furman, Wirtschaftsprofessor in Harvard, erklärt, der Entscheid sei «in jeder Hinsicht schrecklich». «Es ist unmöglich, sich Harvard ohne unsere tollen ausländischen Studierenden vorzustellen. Sie sind ein grosser Gewinn für alle hier, für die Innovation und die Vereinigten Staaten generell.»

Vorwurf von Antisemitismus

Noch ist unklar, wie Harvard genau auf die Entscheidung reagieren wird. Beim Sender Fox News verteidigte Heimatschutzministerin Kristi Noem das Vorgehen der Regierung gegen Harvard. Die Hochschule habe «mehrfach die Gelegenheit» gehabt, Informationen über kriminelle Aktivitäten ausländischer Studierender zu übermitteln, sich jedoch geweigert.

«Studierende aus dem Ausland, die (…) nicht an diesen kriminellen Aktivitäten beteiligt sind, werden sich eine andere Universität suchen müssen», sagte Noem und warf Harvard vor, nicht nur Proteste, sondern auch «gewalttätige Proteste» auf dem Campus zugelassen zu haben. Bei X hatte sie die Universitätsverwaltung davor beschuldigt, Gewalt und Antisemitismus zu dulden und zudem auch eine «Kooperation mit der Kommunistischen Partei Chinas» auf dem Campus begünstigt zu haben. Die neue Massnahme sei «eine Warnung an alle anderen Universitäten, endlich für Ordnung zu sorgen», so Noem. (vro/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Schweizer Studenten enthüllen den Lieferroboter der Zukunft
1 / 16
Schweizer Studenten enthüllen den Lieferroboter der Zukunft
Angehende Ingenieure der ETH Zürich und Design-Studierende der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) entwickeln gemeinsam den autonomen Lieferroboter Adero. Die Slideshow zeigt, wie er funktioniert. (alle Fotos © adero)
quelle: © adero
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Pro-Palästina-Demos an US-Universitäten weiten sich aus – nun muss die Polizei hart durchgreifen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
54 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Berner in Zürich
23.05.2025 12:45registriert August 2016
Die USA demontiert sich von innen. Seit fast 100 Jahren hat das kein Land von selbst und ohne Krieg geschafft. 😅
1026
Melden
Zum Kommentar
avatar
Doppelhorn
23.05.2025 13:20registriert Oktober 2017
Ein aufmüpfiges privates Bildungsinstitut aus Rache benachteiligten, während andere gefördert werden, die religiös befeuerten Unsinn verbreiten: Wer jetzt immer noch die Trump-Administration schönredet, kann das nicht mehr mit „Neutralität“ entschuldigen. Hier ist eine Führung am Ruder, welche ihre faschistischen und rassistischen Absichten dermassen offen zurschaustellt, dass niemand mehr sagen kann, das wäre nicht sichtbar gewesen.
744
Melden
Zum Kommentar
avatar
Johny56
23.05.2025 13:08registriert März 2025
Diese Trumpel Administration fährt die gesamte Studienlandschaft inkl. der Universitäten im Amiland an die Wand.
703
Melden
Zum Kommentar
54
    Publikumsstimmen für Israel: ESC prüft Vorwürfe

    Die Verantwortlichen des Eurovision Song Contest (ESC) haben nach Kritik aus mehreren Ländern wegen des starken Abschneidens Israels bei der Zuschauerabstimmung im ESC-Finale eine Prüfung angekündigt. In einem am Freitag veröffentlichten offenen Brief schrieb der in der Europäischen Rundfunkunion (EBU) für den ESC verantwortliche Martin Green, die Prüfung werde im Juni stattfinden. Solch eine Prüfung sei aber das übliche Vorgehen nach jedem ESC-Finale.

    Zur Story