Das palästinensische Netzwerk Samidoun wurde 2012 in den Vereinigten Staaten gegründet. Die Organisation bezeichnet sich selbst als «Solidaritätsnetzwerk für palästinensische Gefangene». Primär fordert sie die Freilassung von Personen, die aufgrund von Verbindungen zu Terrorismus und insbesondere zur Terrororganisation Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) in Haft sind.
Samidoun wurde vom Verfassungsschutz in Deutschland schon lange beobachtet und als antisemitisch sowie extremistisch eingestuft. Im Oktober verkündete der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag: «Ein Verein wie Samidoun, dessen Mitglieder brutalste Terrorakte auf offener Strasse feiern, wird in Deutschland verboten.»
Am 2. November wurde der Verein in Deutschland offiziell verboten. In der Schweiz gibt es bis dato kein vergleichbares Verbot. Laut dem Tagesanzeiger gab der Bundesrat ein Gesetz in Auftrag – bevor dieses in Kraft tritt, muss es jedoch vom Parlament abgesegnet werden. Dieser Gesetzgebungsprozess beansprucht viel Zeit und könnte noch Jahre dauern.
Doch wie weit ist das Gedankengut dieser extremistischen Organisation in der Schweiz verbreitet?
Der Europa-Koordinator von Samidoun, Mohammed Khatib, der seinen Wohnsitz in Belgien hat, ist auch in der Schweiz längst kein Unbekannter mehr. Vor der jüngsten Eskalation im Nahen Osten und dem Beginn des Krieges in Israel und Gaza reiste er regelmässig in Schweizer Städte und trat als Redner bei verschiedenen Kundgebungen auf. Erst im Mai dieses Jahres sprach er bei zwei Veranstaltungen in Zürich und Basel über die «Geschichte der palästinensischen Linken und die Wichtigkeit des Internationalismus». Die Veranstaltung in Basel wurde vom Swiss Palestine Network organisiert.
Doch Khatib tritt nicht nur bei verschiedenen Veranstaltungen auf, sondern unterhält auch enge Beziehungen zu verschiedenen hiesigen Netzwerken. Wie Recherchen des Tagesanzeigers zeigen, steht er in regelmässigem Austausch mit linksextremistischen Gruppen wie dem «Revolutionären Aufbau», der «Roten Hilfe» oder der «Revolutionären Jugend». Doch was fordern diese Gruppierungen konkret?
Wie der «Tagesanzeiger» weiter berichtet, habe am vergangenen Freitag ein Treffen stattgefunden, bei dem der «Revolutionäre Aufbau Basel» einen Film über die palästinensische Flugzeugentführerin Leila Khaled zeigte. Auf Social Media wurde die Einladung zu diesem Treffen veröffentlicht. Darin stand, dass nach dem Film ein «Input und Austausch über den palästinensischen Befreiungskampf» stattfinden würde. Der Beitrag wurde von «Samidoun»-Mitglied Khatib mit einem Like versehen.
Was ist der «Revolutionäre Aufbau»? Die Organisationsstruktur des «Revolutionären Aufbaus» ist nicht im Detail bekannt. Bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren waren etwa 50 Mitglieder des «Revolutionären Aufbau Schweiz» (RAS) politisch aktiv. Zudem gibt es verschiedene Ableger wie den «Revolutionären Aufbau Zürich» (RAZ), «Revolutionärer Aufbau Basel» und «Revolutionärer Aufbau Winterthur». Sie sind antikapitalistisch orientierte marxistisch-leninistische Organisationen der Schweiz.
Der «Aufbau» diskutiert nicht nur über den palästinensischen Befreiungskampf, sondern schreibt auf seiner Website weiter:
Laut dem Extremismusbericht des Bundesrats von 2004 pflegt der RAS Kontakte mit dem Kulturzentrum Reithalle Bern, linksextremen Luzerner Gruppierungen und weiteren im Tessin, in Italien und Deutschland. Welche Kontakte bis heute bestehen, ist unklar.
Die «Rote Hilfe» versteht sich als internationale Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum unterstützt. Es gibt Ableger der «Roten Hilfe» in verschiedenen Ländern, darunter auch in der Schweiz. Ein Bericht des schweizerischen Bundesamts für Polizei aus dem Jahr 2006 geht davon aus, dass die «Internationale Rote Hilfe» dazu dienen soll, linksextreme Aktivitäten europaweit zu vernetzen. Es ist jedoch unklar, ob diese Einschätzung noch aktuell ist.
Khatib sprach im Oktober 2022, also ein Jahr bevor Hamas-Terroristen einen Grossanschlag in Israel verübten, an einer Pro-Palästina-Kundgebung in Brüssel. Dort sagte er: «Israel zu besiegen, bedeutet, die USA zu besiegen.»
Das proisraelische Portal «Audiatur-Online» berichtete damals, dass an ebendieser Kundgebung auch Schweizer Unterstützer anwesend waren. So seien auf Aufnahmen Transparente der «Roten Hilfe Genf» und der «Revolutionären Jugend Zürich» zu sehen gewesen. Auf dieses Video referenziert auch der «Tagesanzeiger», wenn er schreibt, dass eine Verbindung zwischen der «Roten Hilfe» und «Samidoun» bestünde.
Ausser Acht lässt der «Tagesanzeiger», dass die «Rote Hilfe Berlin» sich am 11. Oktober 2023 in einem Statement klar von dem Verein «Samidoun» distanzierte und die Unterstützung für den «Samidoun»-Aktivisten Zaid Abdulnasser für beendet erklärte. Die «Rote Hilfe» spricht sich weiter für eine linke Palästina-Solidarität aus, schreibt auf ihrer Website aber:
In der Schweiz und international gibt es verschiedene Organisationen, die zur «Revolutionären Jugend» gehören. Diese verstehen sich unter anderem als antifaschistisch und feministisch. Wie zuvor erwähnt, nahmen Vertreter der «Revolutionären Jugend Zürich» bereits im Oktober 2022 an einer Kundgebung von «Samidoun» teil.
Die Sympathien bestehen auch nach dem Hamas-Angriff im Oktober 2023 weiter: Die «Revolutionäre Jugend Zürich» bekundet auf Instagram ihre Solidarität mit «Samidoun».
Sie schreibt unter einen Post vom 29. Oktober 2023, dessen Bilder während einer Pro-Palästina-Demo aufgenommen wurden: «Auf der ganzen Welt wird der Widerstand gegen die israelische Besatzungspolitik grösser, trotz massiver Repression vonseiten der imperialistischen Staaten gegen Organisationen wie Samidoun und collectif palestine vaincra.» (jub)
Schäme mich bis heute jemals Teil einer solchen Gruppe gewesen zu sein und hoffe schwer das auch andere den Weg raus geschafft haben. Leider haben die aktuell wieder Zuwachs und die Bedrohungen nehmen wieder zu.
Was die Hamas am 7. Oktober geleistet hat, ist inakzeptabel. Mord, Verstümmelung, Vergewaltigung, Entführung. Dies zu bejubeln und danach die blutigen Konsequenzen zu bejammern ist verlogen.