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39 Prozent – was über Trumps Strafzoll für die Schweiz bekannt ist

Bundespraesidentin Karin Keller-Sutter, an einer Medienkonferenz ueber das Entlastungspaket 27 und Budget 2026, am Mittwoch, 25. Juni 2025, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Kurz vor der Verkündung des Strafzolls durch Donald Trump hatte Karin Keller-Sutter angekündigt, dass es keine Einigung gegeben habe.Bild: keystone

39 Prozent – das wissen wir über Trumps Strafzoll für die Schweiz

Nicht 31, sondern gar 39 Prozent: Die USA verhängen massive Zölle gegen die Schweiz. Was bisher über die Schockmeldung bekannt ist.
01.08.2025, 02:5901.08.2025, 12:59
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Das ist passiert

Die Zölle auf Schweizer Güter für den Import in die USA sollen künftig 39 Prozent betragen. Die Schweiz wird so mit einem der weltweit höchsten Zollsätze überhaupt von US-Präsident Donald Trump abgestraft.

Weshalb der jetzt auf einer Liste publizierte Satz noch höher ist als die ursprünglich angedrohten 31 Prozent, ist nicht klar. Grundsätzlich begründet die US-Regierung die Zölle mit dem Handelsdefizit der USA gegenüber der Schweiz und anderen Staaten.

Die jüngsten Entwicklungen

Noch vor wenigen Stunden existierte ein Funken Resthoffnung, dass sich die Schweiz mit den USA kurz vor Ablauf der von Trump gesetzten Frist für den Zollaufschub am 1. August noch einigen könnte.

Dieser erlosch als Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter am Abend bekanntgab, dass es keinen Deal mit den USA geben wird. Es sei auch in einem letzten Telefonat nicht gelungen, sich mit Donald Trump zu einigen. Für den US-Präsidenten stünde das Handelsdefizit im Vordergrund, so Keller-Sutter.

Die bereits frühzeitig mit US-Finanzminister Scott Bessent ausgehandelte Absichtserklärung, die deutlich tiefere Zölle für die Schweiz vorsah, ist damit nichtig. Keller-Sutter äusserte nach dem glücklosen Telefonat auch, dass sie hoffe, dass die Schweiz «kein schlechteres Resultat» als die EU bekommen würde.

US Trade Representative Jamieson Greer, US Secretary of the Treasury Scott Bessent, Switzerland's President Karin Keller-Sutter, Switzerland's Economy Minister Federal Councillor Guy Parmeli ...
Im Mai kam eine US-Delegation nach Genf für Verhandlungen – die dort erzielten Ergebnisse sind nun Makulatur.Bild: keystone

Diese Hoffnung wurde unmittelbar vor Ablauf der Frist und mit der Publikation der Liste durch die US-Regierung enttäuscht. Statt der ursprünglich angedrohten Zölle von 31 Prozent, die bereits schädlich für die Schweizer Wirtschaft wären, verhängt Donald Trump nun gar 39 Prozent gegen die Eidgenossenschaft. Damit haben nur vier Länder weltweit höhere Tarife. Es sind dies Myanmar (40 Prozent), Laos (40), Syrien (41) und Brasilien (offiziell 10 Prozent, aber zusätzlich 40 Prozent Strafzoll wegen des Verfahrens gegen Ex-Präsident Bolsonaro). Alle Länder, die nicht separat auf der neuen Liste aufgeführt sind, sollen laut Mitteilung Zölle in Höhe von 10 Prozent erhalten.

Inkrafttreten sollen sämtliche Zölle nicht wie ursprünglich angekündigt am 1., sondern am 7. August. Laut einem Beamten des US-Aussenministeriums soll den Grenz- und Zollbehörden genügend Zeit verschafft werden, um sich den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Die aktuellen Entwicklungen im Liveticker:

So reagiert die Schweiz

Das Finanzdepartement erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass man die Zusatzzölle «mit grossem Bedauern» zur Kenntnis genommen habe. Die 39 Prozent würden «deutlich» vom Entwurf der gemeinsamen Absichtserklärung abweichen. Dennoch werde eine Verhandlungslösung angestrebt.

Wie begründen die USA den Monster-Zoll gegen die Schweiz?

Grundsätzlich begründet die US-Regierung die Zölle mit einer umstrittenen Auslegung des Handelsdefizits, das die Vereinigten Staaten mit anderen Ländern aufweisen. Eine länderspezifische Erklärung gibt es derzeit aber nicht. Weshalb die Schweiz noch höhere Zölle erhält als ursprünglich angedroht, ist daher nicht klar.

Da zahlreiche Länder, denen im April noch höhere Zölle als jene der Schweiz angedroht wurden, ab dem 1. August ohne Abkommen teils deutlich tiefere Sätze erhalten, liegt jedoch nahe, dass es dem US-Präsidenten im Falle der Schweiz noch um anderes als nur um das Handelsdefizit geht.

Eine Rolle spielen könnten die Schweizer Pharmariesen wie Novartis oder Roche, die sehr viel in die USA exportieren (und damit enorm wichtig für die hiesige Wirtschaft sind).

Trump will die Medikamentenpreise in den USA auf Kosten anderer Länder senken. Jüngst haben zahlreiche Pharmafirmen, auch die Schweizer, einen Brief Trumps erhalten, in dem er Vergeltung androht, sollten die Konzerne sich nicht an seine neuen Regeln halten.

Mehr Informationen dazu gibt es hier:

Obwohl die Schweizer Pharmakonzerne sich bereits um Trumps Gunst bemühten und hohe Investitionen in den USA ankündigten, scheinen sie immer noch im Visier des US-Präsidenten zu sein.

So geht es jetzt weiter

Wie erwähnt, treten die Zölle erst in einer knappen Woche in Kraft. Bis dahin bleibt dem Bundesrat Zeit, den massiven Zollsatz womöglich doch noch abzuwenden. Dabei stellt sich die Frage, ob Trump überhaupt bereit ist, nochmals zu verhandeln, nachdem die Gespräche unmittelbar vor der Publikation der Liste erfolglos blieben.

Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter hatte bereits am Mittwoch gesagt, dass man auch weiter verhandeln wolle, wenn man keine Lösung bis zum Auslaufen der Frist fände. «Verhandeln kann man grundsätzlich immer», so die FDP-Bundesrätin.

Fragezeichen gibt es derweil aber auch in den USA. Es ist nämlich nach wie vor nicht klar, ob die Zölle, die Donald Trump weltweit den Handelspartnern aufbürdet, überhaupt rechtens sind.

Ende Mai hatte ein Berufungsgericht die juristisch verfügte Blockade fast aller Zölle des US-Präsidenten vorerst aufgehoben, die eine niedrigere Instanz – das Gericht für Internationalen Handel in New York – kurz zuvor angeordnet hatte.

Das New Yorker Gericht hatte Trumps Regierung die Befugnis abgesprochen, weitreichende Zölle unter Berufung auf ein Notstandsgesetz zu verhängen. Die Entscheidung bezog sich auf fast alle Zölle, die von Trumps Regierung erlassen wurden. Sie umfasste auch länderspezifische Handelserschwernisse, die der Präsident Anfang April verhängt und danach mehrmals aufgeschoben hatte.

Die Argumentation Trumps lautet: Handelsdefizite mit anderen Ländern seien ein nationales Sicherheitsrisiko, damit bestehe ein nationaler Notstand. Mit dieser Begründung verhängte er die weitreichenden Zölle per Dekret – und umging damit das Parlament. Er nutzte dafür ein Gesetz aus dem Jahr 1977, das noch nie zuvor für Zölle angewandt worden war.

Die Berufungsrichter äusserten sich US-Medien zufolge nun skeptisch über dieses Vorgehen der Regierung. Eines seiner grössten Bedenken sei, dass das herangezogene Notstandsgesetz das Wort «Zölle» nirgendwo erwähne, zitierten etwa der Sender «ABC News» und das Nachrichtenportal «Politico» einen der Richter. Bis zu einer Entscheidung in dem Fall könnten nach Einschätzung der «Washington Post» noch Wochen vergehen.

Und selbst dann könnte der Rechtsstreit noch weitergehen – und letztlich vor dem Obersten US-Gericht landen.

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.

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Trumps Militärparade in Washington D.C.
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Trumps Militärparade in Washington D.C.

Über 6000 Soldatinnen und Soldaten aus diversen Einheiten marschierten am Samstag mit.

quelle: www.imago-images.de / imago/kent nishimura - pool
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US-Präsident nimmt's nicht so genau mit den Regeln
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723 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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001239.6dfad72d@apple
01.08.2025 03:37registriert November 2021
Trump hat gemerkt, dass die Schweiz besonders gut darin ist, sich erpressen zu lassen. Jetzt will er einfach noch mehr.
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PurpleRaina
01.08.2025 03:20registriert Juni 2025
Ich bin wirklich gespannt, was Blocher, Rösti und Co dazu sagen werden.
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circumspectat animo
01.08.2025 03:20registriert März 2019
Wurde in den Verhandlungen wenigstens damit gedroht vom F35 Kauf zurückzutreten?
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So reagiert die Schweizer Wirtschaft auf Trumps 39-Prozent-Zölle
US-Präsident Trump hat gegen die Schweiz Zusatzzölle von 39 Prozent verhängt. Wirtschaftsverbände können den Zollsatz nicht nachvollziehen. Economiesuisse fordert nun Entlastungsmassnahmen.
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