Erst kürzlich war die frühere SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky wieder in der Ukraine. Sie hat dort Projekte der Schweizer Hilfsorganisation Helvetas besucht und für watson aus einem «Schulbunker» berichtet.
Die 35-jährige Kriegsreporterin und Buchautorin erzählt im Interview, wie sie sich auf gefährliche Einsätze vorbereitet und was ihr beim Verarbeiten hilft. Vor allem geht es ihr aber um die Menschen in der Ukraine, die täglich vom russischen Bombenterror bedroht sind.
Frau Tschirky, die Geburt des ersten Kindes verändert alles, sagt man, und ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Sie sind im Frühjahr 2023 Mutter geworden. Was hat Sie dazu bewogen, trotzdem wieder ins Kriegsgebiet in die Ukraine zu reisen?
Luzia Tschirky: Ich bin am 7. August 2023 nach Ende meines Mutterschaftsurlaubs wieder in die Ukraine gereist und habe im August und September 2023 weiter für SRF berichtet. Parallel ein Buch zu schreiben, hat sich als nicht möglich erwiesen und ich stand vor der sehr schwierigen Wahl, entweder weiter meiner Arbeit als Korrespondentin nachzugehen oder ein Buch zu schreiben. Es war die schwierigste Entscheidung meines Lebens, aber ich habe mich für das Buch entschieden und den Entscheid kein einziges Mal bereut.
Sie waren erst kürzlich eine Woche vor Ort, und zwar fast 300 Kilometer östlich der Hauptstadt Kyjiw. Wie haben Sie die Menschen dort angetroffen?
Es gibt niemanden in der Ukraine, der nicht vom russischen Angriffskrieg betroffen ist. Ob im Osten oder im Westen von Kyjiw. Ich habe in der ukrainischen Kleinstadt Poltawa und den umliegenden Ortschaften Menschen angetroffen, deren Angehörige an der Front kämpfen und die in ständiger Sorge um ihre Liebsten sind, während sie sich selbst im Schutzkeller bei Luftalarm in Sicherheit bringen müssen. Ich habe mit Müttern gesprochen, deren Männer und Väter ihrer Kinder an der Front sind und sie währenddessen zu Hause versuchen, irgendwie einen Alltag aufrecht zu halten für ihre Kinder, allen Widerständen zum Trotz.
Leider sind in der Zwischenzeit Begräbnisse von gefallenen und getöteten Freunden und Bekannten zum traurigen Alltag geworden. Zwei Wochen nach meinem Besuch sind bei einem russischen Raketenangriff auf Poltawa mehr als ein Dutzend Zivilistinnen und Zivilisten getötet worden.
Sie hatten ab Invasionsbeginn am 24. Februar 2022 für das SRF aus der Ukraine berichtet und hielten auch nach dem Schritt in die berufliche Unabhängigkeit weiter persönlichen Kontakt ins kriegsversehrte Land. Konnten Sie dort nun auch Freunde treffen?
Ich habe mich sehr darüber gefreut, Freundinnen und Freunde von mir zu treffen. Darunter sind auch viele Männer, die seit dem ersten Tag des russischen Grossangriffes das Land nie verlassen konnten. Die ständige Bedrohung und Anspannung machen sich bei allen bemerkbar. Ohne Zweifel ist aktuell eine der schwierigsten Zeiten für die Menschen in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs.
Seit der russischen Invasion ist es drei Jahre her. Was haben Ihnen die Ukrainerinnen und Ukrainer über ihre aktuellen Sorgen und Hoffnungen erzählt?
Die Menschen haben aktuell viele Gründe für Sorgen. Sie fühlen sich vom Westen zunehmend im Stich gelassen, allen voran von den USA. Schon während meiner Reise schien absehbar, dass die USA der Ukraine eine Vereinbarung mit Russland aufzwingen würden. Auf ukrainischer Seite ist jedoch das Vertrauen in Russland verständlicherweise sehr gering und es rechnet niemand damit, dass sich Russland an eine getroffene Vereinbarung in Zukunft halten wird. Hoffnung gibt den Menschen im Moment nur der eigene Wille und Glaube an sich selbst und an andere Ukrainerinnen und Ukrainer.
Wie beurteilen Sie die Situation der Binnenflüchtlinge, also der Menschen, die wegen des Krieges in andere Teile des Landes flüchten mussten?
Die Situation für die Binnenflüchtlinge ist in der Tat sehr schwierig. Viele haben durch die Flucht jede Einkommensquelle verloren und sind auf Unterstützung durch Hilfsorganisationen angewiesen. Direktzahlungen an Binnenflüchtlinge wurden aufgrund des engen Finanzhaushaltes gestrichen und so sind die Menschen zunehmend auf sich alleine gestellt.
Eine Frage, die auch ins Ausland geflüchtete Ukrainer beschäftigt, ist die drohende Mobilisierung, respektive der Zwang zum Kriegsdienst. Wie beurteilen Sie die Situation?
Die Frage um die Mobilisierung spaltet das Land. Auf der einen Seite stehen jene, deren Angehörige an der Front kämpfen, oder deren Angehörige verletzt oder gar getötet worden sind durch die russische Armee. Diese Menschen fordern in vielen Fällen von anderen Ukrainern, sich ebenfalls für den Dienst an der Front zu melden oder sich zumindest nicht aktiv dem Dienst in der Armee zu entziehen. Auf der anderen Seite stehen jene Menschen, die sich nicht in der Lage sehen, in der Armee zu kämpfen, und dies aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Wie innerhalb des Landes zwischen den Menschen Verständnis geschaffen werden kann, ist eine der schwierigsten Fragen überhaupt. Ich denke mir insbesondere bei dieser Frage regelmässig, dass wir in der Schweiz grosses Glück haben, dass kein Mann zwischen 18 und 61 Jahren jemals vor der Frage stand, ob er bereit ist, an der Front zu kämpfen oder nicht.
Sie sind nun Mutter eines zweijährigen Mädchens, haben einen Ehemann. Wie haben Sie sich darauf eingestellt, die Liebsten und das sichere Umfeld in der Schweiz zu verlassen und sich erneut in Lebensgefahr zu begeben?
Ich habe seit dem ersten Tag des russischen Angriffskrieges das Ziel, das Kriegsende zu erleben. Ein wirkliches Ende dieses Krieges, und damit meine ich einen langfristig anhaltenden Frieden und nicht einen der Ukraine aufgezwungenen Waffenstillstand. Ich habe dementsprechend seit dem ersten Tag immer versucht, mich und alle Menschen, mit denen ich unterwegs war in der Ukraine, nach all meinen Möglichkeiten zu schützen.
Eine andere Kriegsreporterin, die Österreicherin Antonia Rados, sagte, sie habe keine Veranlagung zu guten Nerven, sondern sei «eine Art neugieriger Feigling». Wie gehen Sie mit der ausserordentlichen Belastung und mit aufkommenden Ängsten um?
Es ist sehr wichtig, Angst empfinden zu können. Angst ist ein Schutzmechanismus, der uns davor bewahren soll, Gefahren in unserer Umgebung zu ignorieren. Wenn jemand keine Angst mehr empfinden kann, ist es eher ein Warnzeichen, unter anderem für eine posttraumatische Belastungsstörung. Angst zu empfinden ist also per se nicht etwas Schlechtes, sondern der Umgang mit der eigenen Angst ist der Knackpunkt.
Es ist wichtig, dass man die eigene Angst wahrnehmen kann, sich daraufhin aber nicht kopflos verhält, sondern möglichst versucht, eine Aussenperspektive zu gewinnen und die eigene Situation zu analysieren und bei Bedarf nach Wegen sucht, wie die eigene Sicherheitssituation verbessert werden kann.
Ich hatte nie das Ziel, Kriegsreporterin zu werden, sondern ich wurde es über Nacht aufgrund des russischen Angriffskrieges, der begonnen hat, während ich in der Ukraine auf Reportage unterwegs war.
War es während ihrer jüngsten Ukraine-Reise wieder so, dass Russland die Zivilbevölkerung praktisch rund um die Uhr mit Bombenangriffen terrorisierte?
Ich bin in Kyjiw von Detonationen geweckt worden, weil zwei Iskander-M-Raketen einschlugen und erst dann Luftalarm ausgelöst worden ist. In diesem Sinne ist es auch in der bestgeschützten Stadt der Ukraine nicht durchgehend sicher gewesen. Einer fast pausenlosen Gefahr ausgesetzt sind die Menschen in den Städten Charkiw, Cherson und Sumi. Es gilt der Grundsatz: Je näher die Front oder die international anerkannten Grenzen Russlands, desto weniger Pausen gibt es zwischen den einzelnen Angriffen und umso weniger Zeit bleibt den Menschen, um sich in Schutz zu bringen.
Gewöhnt man sich an die Todesgefahr und ist das nicht besonders riskant, weil man unvorsichtig werden könnte?
Ich habe immer versucht, nie länger als maximal drei Wochen in der Ukraine zu sein. Bleibt man länger vor Ort, so ist mein persönlicher Eindruck, besteht eine laufend grössere Gefahr, dass der eigene Schutzmechanismus erste Risse zeigt.
In der Schweiz können wir uns nicht mal im Ansatz vorstellen, was es heisst, ständig bedroht zu sein und nicht zu wissen, ob es für die Liebsten eine Zukunft gibt. Was richtet diese Unsicherheit an?
Das Gefühl des ohnmächtigen Ausgeliefertseins und der fehlenden Planung und damit auch der fehlenden Kontrolle über das eigene Leben macht Ukrainerinnen und Ukrainern das Leben sehr schwer. Die Reaktion auf diese schwierige Situation ist sehr individuell.
Bei Bekannten sehe ich, dass sie beispielsweise mit einem gewissen Fatalismus auf Luftalarm reagieren und versuchen, diesen möglichst konstant zu ignorieren. Wenn dann eine Rakete oder Drohne in unmittelbarer Nähe detoniert, ändert sich dieser Blick für ein paar Wochen wieder. Bevor sich dann wieder die Routine und auch Abgestumpftheit gegenüber der ständigen Bedrohungslage einstellen. Ganz grundsätzlich geht dieser Krieg an niemandem spurlos vorbei.
Als Kriegsreporterin haben Sie russische Kriegsverbrechen quasi hautnah mitbekommen und sollten dann gemäss den journalistischen Standards neutral und ausgewogen berichten. Hat Sie das nicht innerlich zerrissen?
Nirgendwo ist festgehalten, Journalistinnen und Journalisten müssten sich neutral verhalten. Weder in den publizistischen Leitlinien meines ehemaligen und sehr geschätzten Arbeitgebers SRF noch in den Richtlinien des Schweizer Presserates ist der Begriff «Neutralität» oder «neutral» im Zusammenhang mit den Grundsätzen der journalistischen Berichterstattung zu finden. Die Schweizer Aussenpolitik hat sich der Neutralität verschrieben, nicht aber der Schweizer Journalismus.
Der Codex des Schweizer Presserates hält unter dem Pflichtenkatalog für Journalistinnen und Journalisten unter Pflicht Nummer zwei fest: «Sie [die Journalistinnen und Journalisten, A. d. R.] verteidigen die Freiheit der Information, die sich daraus ergebenden Rechte, die Freiheit des Kommentars und der Kritik sowie die Unabhängigkeit und das Ansehen ihres Berufes.»
Es ist die kritische Haltung, die den Journalistinnen und Journalisten explizit vorgeschrieben ist, nicht die neutrale Haltung. Diese kritische Haltung hat mutmasslich dazu geführt, dass ich in Russland keine Arbeitserlaubnis als Journalistin mehr erhalte.
Offiziell bin ich zwar nicht zur Persona non grata erklärt worden, aber seit Mai 2022 erhalte ich keine Akkreditierung mehr vom russischen Aussenministerium. In diesem Sinne scheint der Fall für mich klar. Meine kritische Haltung lasse ich mir nicht verbieten, auch nicht, wenn dies die Konsequenz hat, nicht mehr aus Russland berichten zu können.
In der Ukraine hatte ich zu keinem Zeitpunkt Probleme, meiner Arbeit mit einer kritischen Haltung nachzugehen, und in diesem Sinne fühlte ich mich innerlich während der Arbeit in der Ukraine nie zerrissen.
Gibt es Flashbacks, dass also schlimme Bilder, Lärm, Gerüche, unerwartet und als besonders lebhafte Erinnerung zurückkommen?
Beim schweizweiten Sirenentest im Februar habe ich gemerkt, dass mich Sirenenalarm auf eine andere Art und Weise berührt als eine grosse Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer. Für mich hat dieses Geräusch von heulenden Sirenen eine andere Bedeutung, als wenn beispielsweise die Feuerwehr oder die Polizei mit Blaulicht an mir vorbeifährt.
In einem Interview erzählten Sie, dass es lange Zeit keine Schutzwesten für Frauen gab. Hat sich das inzwischen geändert?
Es gibt in der Zwischenzeit Prototypen von Schutzwesen für Frauen. Diese werden aber noch immer nicht in grosser Zahl hergestellt und sind nur durch Unterstützung für Frauen in der ukrainischen Armee erhältlich.
Was gehört neben Kevlar-Helm und Schutzweste zur persönlichen Ausrüstung, die Sie in der Ukraine immer dabeihaben?
Das ist sehr stark davon abhängig, wo und zu welchem Zeitpunkt ich in der Ukraine unterwegs war.
Wie informieren Sie sich jeweils vor einem konkreten Einsatz über die aktuelle Lage vor Ort?
Ich informiere mich über ukrainische und ausländische Medien, versuche die Situation vor Ort über einen längeren Zeitraum auch in der Vergangenheit zu betrachten, um eine allfällige Entwicklung zu antizipieren. Ich kontaktiere Leute vor Ort, frage nach bei Bekannten und Freunden und deren Bekannten und Freunden und habe mich je nach Reise bei einem Presseoffizier der ukrainischen Armee bei schwierigen Reisen erkundigt.
Sie haben sich antrainiert, neun, zehn, elf Stunden lang ohne Toilette auszukommen. Und zur Not wird in einen Trichter uriniert. Gibt es andere Verhaltensweisen, die Sie als Kriegsreporterin angenommen haben und die Ihnen im Alltag hierzulande auffallen?
Ich habe mir antrainiert, mehrere Stunden nicht auf die Toilette zu gehen, weil ich in Gebieten unterwegs war, die noch nicht entmint wurden und die befahrenen Strassen in solchen Gebieten immer erst nach Rücksprache mit den Behörden vor Ort verlassen werden sollten. In Wäldern, auf Wiesen und hinter Büschen können in verminten Gebieten überall Gefahren lauern.
Als Frau ist es rein theoretisch auch möglich, sich direkt auf der Strasse zu erleichtern, dies ist jedoch im Unterschied zu den Männern für Frauen ausserhalb der gesellschaftlichen Konventionen.
Was sich für mich im Alltag ansonsten verändert hat: Ich hätte mir vor dem Angriffskrieg nicht vorstellen können, dass ich einmal ein Auto besitze und dieses Auto nicht verkaufen möchte, obwohl ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und Mobility-Carsharing mein Leben in der Schweiz auch ohne eigenes Fahrzeug organisieren könnte. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges schätze ich jedoch die Möglichkeit, mich unabhängig schnell fortbewegen zu können.
Wie häufig denken Sie im Alltag in der Schweiz an die Ukraine?
Mehrmals täglich.
Im sicheren Westen ist schon länger von einer wachsenden Kriegsmüdigkeit die Rede. Persönlich kann ich sagen, dass ich mich phasenweise bewusst abgrenze vom stetigen Strom an schlechten Nachrichten. Wie machen Sie das?
Ich denke, ich versuche gezielte Zeitfenster zu setzen, in denen ich mir einen Überblick über die aktuellen Ereignisse verschaffe. Regelmässig scheitere ich daran und ich informiere mich länger als geplant. Bei mir persönlich würde ich nicht von Kriegsmüdigkeit sprechen. Schliesslich lebe ich ausserhalb der Ukraine und bin diesem Krieg nicht Tag für Tag unmittelbar ausgesetzt. Von Kriegsmüdigkeit können meiner Meinung nach nur Menschen sprechen, die tatsächlich im Krieg leben und überleben müssen.
Sie haben vor der Invasion als SRF-Korrespondentin aus Russland berichtet und beherrschen die Sprache. Ihr Mann ist deutsch-russischer Doppelbürger. Was sagen Sie heute, wenn man Sie nach Ihrer Meinung zu Russland fragt? Ist das Land, ist die durch stetige Staatspropaganda und Desinformation gehirngewaschene Bevölkerung, zu retten?
Wer ein tatsächliches Interesse an Russland und den Menschen in Russland hat, muss diesen Krieg meiner Meinung nach verurteilen. Denn in diesem Krieg sterben an der Front vor allem russische Soldaten. Wer etwas für ein Land und seine Leute übrig hat, möchte nicht, dass Menschen aufgrund der politischen Ambitionen der Regierung in einem Krieg sterben.
Der Krieg hat verheerende Auswirkungen auf die russische Gesellschaft, die Sicherheit im Land und die langfristigen Perspektiven des Landes.
Unsere Nachbarn in Deutschland lebten zwischen 1933 und 1945 in einer Diktatur, in Ostdeutschland gar bis 1989. Wie es für andere Länder möglich war, sich nach einer totalitären Vergangenheit einer demokratischen Zukunft zuzuwenden, so sollte dies auch für Russland möglich sein. Es hängt von den Menschen im Land selbst und der allgemeinen weltpolitischen Entwicklung ab. Eine Prognose, ob überhaupt und wann konkret dies in Russland der Fall sein könnte, ist unmöglich.
Die offizielle Schweiz unterstützt die meisten Wirtschaftssanktionen gegen Russland und hat der Ukraine mit Hilfsgütern geholfen. Aber irgendwie erscheinen unsere nationalen Politiker, bzw. wichtige Akteure, merkwürdig unbeteiligt. Teilen Sie diesen Eindruck?
Unsere Landesregierung können wir nicht direkt wählen, aber unser Parlament können wir – zum Glück! – direkt wählen. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Ukraine zu den Schlüsselthemen gehört, nach denen sich die Wählerinnen und Wähler bei der Parteiwahl richten.
Gerade bei Lesungen stelle ich regelmässig fest, dass die Wählerinnen und Wähler der SVP bezüglich Ukraine-Politik einen komplett anderen Standpunkt vertreten als die Parteileitung. Das zeigen mir auch die persönlichen Gespräche und Interaktionen mit dem Publikum. Doch diese Haltung findet keinen Niederschlag an der Wahlurne. In diesem Sinne widerspiegelt die Politik des Landes nicht klar die Haltung der Menschen im Land. Ich habe bezüglich der abtretenden Verteidigungsministerin Viola Amherd (Mitte-Partei, Anmerk. der Red.) zu keinem Zeitpunkt den Eindruck gehabt, sie hätte unbeteiligt gewirkt. Ihr Rücktritt gibt mir persönlich aus sicherheitspolitischen Gründen sehr zu denken.
Sollen wir Schweizerinnen und Schweizer mehr tun? Und falls ja, was ist aus Ihrer Sicht das Wichtigste?
Ich sehe es nicht als meine Aufgabe, den Schweizerinnen und Schweizern zu sagen, was zu tun ist. Grundsätzlich ist es nicht meine Aufgabe, irgendjemandem auf dieser Welt zu sagen, was zu tun ist, ausser meinem Hund und im Rahmen meiner Pflicht als Mutter meiner Tochter. Wenn mich Leute auf die Situation in der Ukraine ansprechen und fragen, wie sie den Menschen in der Ukraine helfen können, weise ich auf die vielen Hilfsorganisationen wie Helvetas hin, die sich sehr stark für die Menschen in der Ukraine einsetzen und vor Ort helfen.
Angesichts des unvorstellbaren Leids, das der russische Krieg und Terror in der Ukraine angerichtet haben und weiter anrichten, verblasst alles andere. Und doch geht das Leben weiter. Was erhoffen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir vor allem für die Menschen in der Ukraine einen selbstbestimmten und langfristigen Frieden. Und zwar einen Frieden im wahren Sinne des Wortes und nicht einen aufgedrängten, kurzfristigen Waffenstillstand. Einen solchen Frieden wünsche ich mir für uns alle. Denn die Lage in der Ukraine wird unsere Situation in ganz Europa mitbestimmen und niemand sollte jemals das erleben müssen, was Ukrainerinnen und Ukrainer seit dem 24. Februar 2022 erleben.
Schon vor der Geburt meiner Tochter hatte ich das Ziel, das Ende dieses Krieges zu erleben, und heute habe ich dieses Ziel umso mehr. Wir hoffen weiterhin, mit unserer Tochter gute Freunde in der Ukraine besuchen zu können, sobald langfristig Frieden eingekehrt ist.
Problematisch wird es aber dann, wenn sie, beeinflusst durch ihre Sichtweise, einen bewusst einseitigen (zB durch weglassen von Informationen) und somit falschen Bericht/Artikel publiziert. Denn ,wir verlassen uns bei Journalisten/innen darauf, dass sie uns die Wahrheit berichten. Für ihre persönliche, dann auch einseite Sicht auf die Dinge, steht ihnen der "Kommentar" zur Verfügung. Meine Meinung.
Während viele „Experten“ prognostizierten, wie schnell Russland die Ukraine komplett unter Kontrolle bringen würde, zeigte Luzia, zumindest ansatzweise, welche Konsequenzen dieser Staatsterror für ganz normale Menschen hatte – Menschen, die wie wir in Frieden arbeiteten und lebten.
Es gibt selten Schwarz-Weiss, aber hier ist die Sachlage nicht zu relativieren!