International
Schweiz

Probleme mit den USA – jetzt kauft die Schweiz deutsche Luftabwehrwaffen

Probleme mit den USA – jetzt kauft die Schweiz deutsche Luftabwehrwaffen

Die Schweiz kauft fünf Iris-T-Systeme für die Luftabwehr bis 40 Kilometer – beim deutschen Hersteller Diehl Defence. Von einer «positiven Nachricht in einem angespannten Markt» spricht Mitte-Nationalrat Reto Nause.
23.07.2025, 04:5323.07.2025, 04:53
Othmar von Matt
Mehr «International»

Vor einer Woche erreichte das Verteidigungsdepartement eine Hiobsbotschaft: Die USA liefern der Schweiz die vertraglich zugesicherten fünf Patriot-Systeme für die Luftabwehr grosser Reichweite erst mit Verspätung. Sie wollen zunächst die Ukraine bedienen, die sich gegen Russland verteidigen muss.

epa11387662 A launcher of the IRIS-T SLM air defense system is on display at the area of Diehl Defence at the ILA Berlin Air Show 2024 in Schoenefeld near Berlin, Germany, 03 June 2024. The aerospace  ...
Das Iris-T-System von Diehl Defence ist ebenfalls für die Luftabwehr konzipiert. (Bild von einer Ausstellung in Deutschland im Jahr 2024)Bild: keystone

Eigentlich sollten erste Patriot-Hauptkomponenten schon 2026 in der Schweiz eintreffen. 2028 sollte die Auslieferung abgeschlossen sein. Wie gross die Verzögerungen sind und wie viele Systeme sie betreffen, ist unklar.

Umso wichtiger ist die aktuelle Erfolgsmeldung: Die Schweiz beschafft im Rahmen der European Sky Shield Initiative fünf Iris-T-Systeme für die Flugabwehr mittlerer Reichweite – für 660 Millionen Franken. Das vermeldet das Bundesamt für Rüstung Armasuisse. Es ist das deutsche Bundesamt für Ausrüstung der Bundeswehr, das den Vertrag mit Herstellerin Diehl Defence unterzeichnet hat – nachdem es von Armasuisse eine Vollmacht erhalten hatte.

Iris-T-Systeme erreichen mit ihren Lenkwaffen Reichweiten von 40 Kilometern und Höhen von 20 Kilometern. Eingesetzt werden sie gegen Flugzeuge, Helikopter und Lenkwaffen. Mit rund 400’000 Euro ist eine Iris-T-Lenkwaffe deutlich billiger als eine Patriot-Lenkwaffe, die bis zu 4 Millionen Dollar kostet und 160 Kilometer weit und 24 Kilometer hoch fliegt. Patriot-Lenkwaffen bekämpfen Marschflugkörper, Flugzeuge und Drohnen.

«Eine positive Nachricht in einem angespannten Markt»

«Diese Beschaffung ist eine positive Nachricht in einem angespannten Markt, in dem es immer wieder zu Lieferverzögerungen kommt, weil ganz Europa Bestellungen aufgibt», sagt Mitte-Nationalrat Reto Nause, Präsident der Allianz Sicherheit Schweiz.

Reto Nause, Mitte-BE, spricht zur Ruestungsdebatte, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 5. Juni 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Erleichtert über den Beschaffungsentscheid: Mitte-Sicherheitspolitiker Reto Nause.Bild: keystone

Mit den fünf Iris-T-Systemen schliesse die Schweizer Armee eine zentrale Fähigkeitslücke und stärke die Resilienz gegenüber modernen Bedrohungen aus der Luft, schreibt Armasuisse in seiner Medienmitteilung. Das System ergänze die Beschaffung des Kampfflugzeuges F-35 und der bodengestützten Luftverteidigung Patriot für grössere Reichweiten. Hier aber gibt es zwei Fragezeichen: Es ist unklar, wie teuer die 36 F-35 tatsächlich sind. Und wann die Patriot-Systeme geliefert werden.

Diehl Defence selbst schreibt in einer Mitteilung, mit der Schweiz hätten sich inzwischen neun Staaten für die Iris-T-Systeme mittlerer Reichweite der bodengestützten Luftverteidigung entschieden. Iris-T zeichne sich durch eine 360-Grad-Abdeckung aus und durch hohe taktische Mobilität. «Laut Kundenaussagen hat das System eine sehr hohe Trefferquote, sogar in Angriffswellen mit zwölf Zielen», schreibt Diehl Defence. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
36 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
N. Y. P.
23.07.2025 05:58registriert August 2018
Vor einer Woche erreichte das Verteidigungsdepartement eine Hiobsbotschaft.

Nein, ist es nicht.

Es wäre zutiefst verstörend, wenn die USA zuerst uns, statt die Ukraine, beliefert hätten.

Die Schweiz hätte ja von sich aus aktiv werden können und den USA mitteilen können, dass die Patriots zuerst an die Ukraine gehen sollen. Haben sie aber nicht. DAS ist beschämend.
10614
Melden
Zum Kommentar
avatar
Amarillo
23.07.2025 05:59registriert Mai 2020
Die Einsatzdistanz von IRIS (mittlere Reichweite) und Patriot (Long Range) sind verschieden. Die Idee, man könne Patriot durch IRIS ersetzen, funktioniert deshalb nicht. Aber wenn man die europäischen Waffenschmieden fördert, statt sie abschaffen zu wollen, bringen wir in 10-15 Jahren schon etwas Unabhängigkeit von den USA hin.
682
Melden
Zum Kommentar
avatar
Wolfgang Bumbuy
23.07.2025 05:48registriert November 2024
Patriots ist nicht nur für Marschflugkörper, sondern auch für hyperschalraketen geeignet.
Das kann Iris T , in den bisherigen Varianten für kurze und mittlere Reichweiten noch nicht. Gegen Marschflugkörper ist es allerdings sehr wirksam, in der Ukraine wird es hauptsächlich dafür, und gegen Flugzeuge eingesetzt.
Die beiden Systeme Patriot und Iris T sind also nicht direkt vergleichbar, sie ergänzen sich.
Die Abwehr zahlreicher Marschflugkörper funktioniert bei Iris besser als bei Patriot, und das Kostenverhältnis bei den Abfangraketen ist ca 10/1, also 10 irist t SLM gegen eine Patriot.
512
Melden
Zum Kommentar
36
«Schweizer zahlen gleich viel für Alkohol wie für Medikamente»: Roche-Chef kontert Kritik
Die europäischen Länder müssten mehr Geld für Medikamente aufwerfen, fordern die Hersteller. Das findet auch der Roche-Chef – und macht einen überraschenden Vergleich.
Wie viel dürfen lebensrettende Medikamente kosten? Die Schweizer Pharmachefs haben dazu eine klare Meinung: so viel, dass für Spitzenforschung – und üppige Dividenden – genügend Mittel übrig bleiben. Ansonsten, so droht derzeit der Novartis-Boss Vas Narasimhan, könnten Pharmafirmen ihre Produkte vom Markt nehmen. Bereits Tatsachen geschaffen hat Roche. Das Basler Unternehmen hat jüngst in der Schweiz ein Krebsmedikament zurückgezogen. Offenbar konnte man sich mit dem Bundesamt für Gesundheit nicht auf einen Preis einigen.
Zur Story