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Helsinki macht es vor: Wie die Schweiz Verkehrstote verhindern könnte

Tempo 30 freut auch Velofahrer: Die Strassen in Helsinki werden immer sicherer.
Tempo 30 freut auch Velofahrer: Die Strassen in Helsinki werden immer sicherer.

Wie Helsinki die Verkehrs-Revolution gelang – und was das für die Schweiz bedeutet

Tempo 30 ist nur der Anfang: Oslo wie Helsinki haben mit drastischen Massnahmen die Zahl der Verkehrstoten gegen 0 gesenkt. Auch die Schweiz macht vorwärts: In Bern gehen Quartierbewohner sogar für Tempo 30 auf die Strasse. Das steckt dahinter.
07.02.2020, 06:1307.02.2020, 14:50
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Die Vision Zero von null Verkehrstoten ist in der finnischen Hauptstadt Helsinki praktisch Realität. Noch in den 1990er-Jahren starben jährlich rund 30 Personen bei Verkehrsunfällen in der 600'000-Einwohner-Stadt.

Im Jahr 2019 wurde kein einziger Fussgänger tödlich verletzt. Dies zum ersten Mal seit 1960, wie die Stadtbehörden diese Woche mitteilten. Drei Menschen starben bei Verkehrsunfällen mit Autos und Motorrädern.

Tempo 30 (fast) überall

Wie ist es Helsinki gelungen, die Unfallzahlen derart zu senken? «Tempo 30 ist ein entscheidender Faktor», sagt der finnische Verkehrsplaner Jussi Yli-Seppälä.

Die grünen Tempo-30-Zonen weiten sich in Helsinki immer weiter aus.
Die grünen Tempo-30-Zonen weiten sich in Helsinki immer weiter aus. bild: stadt helsinki

Ein Blick auf die oben stehende Grafik zeigt: Helsinki hat seit den 1990er-Jahren die Tempo-30-Zonen sukzessive auf das ganze Stadtgebiet ausgeweitet. Seit 2018 dürfen Autos selbst im Stadtzentrum nur noch mit 30 km/h herumkurven. Auf den Hauptstrassen gilt innerstädtisch Tempo 40, in den Vororten Tempo 50.

Neben der Temporeduktion sind laut Jussi weitere Faktoren für den drastischen Rückgang der Opferzahlen ausschlaggebend:

  • Modernisierte Strassen / Kreuzungen
  • Bessere Verkehrsüberwachung / mehr Kontrollen
  • Autos mit Warnsystemen
  • Schnellere Rettungsdienste

Noch rigoroser geht die norwegische Hauptstadt Oslo vor. Vielerorts ist das Fahren mit dem Auto – vor allem im Stadtzentrum – untersagt. Strassen wurden zu Fussgängerzonen mit Velostreifen umgewandelt. Und in zahlreichen Bereichen gelten als Maximalgeschwindigkeit nicht mehr 50, sondern 30 Kilometer pro Stunde.

A lone car has it's choice of entry ramps onto highway E-18, usually one of the busiest roads leading into the Norwegian capital, because the onset of vacation time slows Oslo to a relaxed crawl, ...
Oslo verbannt die Autos zunehmend aus dem Stadtzentrum. Bild: AP

Die Massnahmen greifen: In Oslo gab es 2019 keinen toten Fussgänger, keinen toten Velofahrer und kein totes Kind im Strassenverkehr. Nur ein Mann ist umgekommen – und zwar als er mit seinem Wagen in einen Zaun gefahren ist.

Tempo 30 auf Schweizer Hauptstrassen

Der Ständerat möchte Tempo 30 innerorts auch weiterhin aus Lärmschutz- und aus Sicherheitsgründen zulassen. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE

Skandinavische Städte werden punkto Verkehr immer sicherer. In der Schweiz hingegen ist man beispielsweise in der Stadt Zürich noch weit davon entfernt. 2018 kam es zu zehn tödlichen Unfällen. Fast die Hälfte davon waren Velofahrer.

Total verunfallten bei Verkehrsunfällen 2018 in Zürich 1449 Personen (Zahlen 2019 noch nicht verfügbar). Zum Vergleich: In Helsinki waren es nur 400.

Tempo 30 breitet sich aber auch in Schweizer Städten immer weiter aus. In Zürich ist auf sieben innerstädtischen Hauptstrassen geplant, das Tempo auf 30 zu drosseln. Auch in Bern hat hat die Stadtregierung auf verschiedenen Hauptstrassen Tempo 30 eingeführt, um die Verkehrssicherheit und den Lärmschutz zu erhöhen. Der Regierungsstatthalter schmetterte jüngst eine Beschwerde des Gewerbeverbandes gegen den Verfahrensprozess ab. Im Marzili gab es sogar eine Demonstration von Quartierbewohnern, die für Tempo 30 auf die Strasse gingen.

Die Aktion von betroffenen Eltern im Marzili habe gezeigt, wie sehr die Temporeduktion von direkt Betroffenen gefordert werde und wie gross die Sorge um die Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmer sei, sagte die Berner Verkehrsdirektorin Ursula Wyss dazu. «Die Entscheide des Regierungsstatthalters und die Unterstützung aus dem Quartier bestärken uns, die neuen Tempo-30-Abschnitte konsequent und rasch zu realisieren».

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160 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Klarname
07.02.2020 06:34registriert Februar 2020
Die Kernfrage lautet doch: Welche "Kollateralschäden" nehmen wir als Gesellschaft in Kauf für den uneingeschränkten motorisierten Individualverkehr. So wie's aussieht - die Skandinavier zeigen's eindrücklich - geht es auch anders, als hierzulande. Dort wird nicht alles diesem goldenen Kalb untergeordnet.
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Zeit_Genosse
07.02.2020 08:15registriert Februar 2014
Nebst allen so gelobten Massnahmen ist es auch eine Mentalitätsfrage. In Zürich besteht ein viel höheres Stresslevel und Aggressionspotenzial. Ich erlebe sehr viel unaufmerksame Verkehrsteilnehmer, egal mit welchem Verkehrsmittel. Es wird „geellböglet“ und Vortritt/Vorfahrt missachtet, und und. Im Norden haben sie es geschafft, Leistung und gelassene Lebensweise näher zusammen zu bringen.
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Bee89
07.02.2020 07:21registriert Mai 2018
Also bei den Verkehrsunfällen mit Velos muss man sich aber halt auch mal fragen, wie oft ist da wirklich nur der Autofahrer dran schuld.
Ich bin auch dafür, dass man die STrassen für Velos und Fussgänger sicherer macht, aber wenn ich sehe wie manche Velofahrer rumfahren. Grade mit den E-bikes. Ich hab aufgehört zu zählen, wie oft ich als Fussgänger auf dem Zebrastreifen zurück springen musste, weil ein E-Bike Fahrer angeschossen kam und es nicht für nötig fand zu bremsen. Obwohl daneben die stehende Autokolonne zeigte, dass jemand über die Strasse will.
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