Auf den Kanaren hat die spanische Staatsanwaltschaft nach dem Tod von mindestens 39 Bootsflüchtlingen Medienberichten zufolge die Eröffnung eines Strafverfahrens wegen unterlassener Hilfeleistung beantragt. Das berichtete die Zeitung «Canarias Ahora» am Mittwoch unter Berufung auf die Behörde. Die spanische Hilfsorganisation «Caminando Fronteras» («Grenzgänger»), die in dem Fall Anzeige erstattet hat, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass sie von der Behörde entsprechend informiert worden sei.
Das Boot mit mehr als 60 afrikanischen Migranten war am 21. Juni vor der Küste Marokkos untergegangen. Marokkanische Retter waren erst nach zehn Stunden zur Stelle, während ein spanisches Boot nicht eingriff. Nur 24 Menschen konnten gerettet werden. Die Staatsanwaltschaft auf den Kanaren, die zu Spanien gehören, antwortete zunächst nicht auf eine Anfrage.
Zuständig war die marokkanische Seenotrettung. Jedoch sank das Schlauchboot, bevor die Retter mit stundenlanger Verzögerung zur Stelle waren. Ein spanischer Seenotrettungskreuzer, der nur etwa eine Fahrtstunde entfernt war, hatte wegen der Zuständigkeit Marokkos nicht eingegriffen. Es sei das erste Mal, dass ein solcher Fall von der spanischen Justiz aufgegriffen werde, sagte Helena Maleno von «Caminando Fronteras». Ihre Organisation habe der Staatsanwaltschaft alle notwendigen Informationen zu dem Untergang übergeben.
Erneut bemängelten die Helfer mangelnde Koordination zwischen den Behörden Spaniens und Marokkos bei Such- und Rettungsaktionen. «Die funktioniert nur gut bei der Abwehr von Flüchtlingen», beklagte Maleno. Dass Hilfe oft viel zu spät komme, sei nicht die Ausnahme, sondern die Regel. «Das ist gängige Praxis an der Grenze.» Derzeit läuft in dem Seegebiet zwischen Nordafrika und den Kanaren auch die Suche nach mindestens 300 Vermissten auf drei Booten aus dem Senegal. (sda/dpa)