Schweiz
Kommentar

Bundesrat übernimmt EU-Regel fürs Töff-Fahren – ein fataler Entscheid

Oberglatt, Schweiz - 10. April 2021: Ein Motorradfahrer fährt mit seinem Motorrad, einer Yamaha YZF, auf einer Strassen ausserhalb einer Ortschaft.
In der Schweiz dürfen gewisse Motorräder ab 16 gefahren werden.symbolBild: imago-images.de
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Bundesrat übernimmt EU-Regel fürs Töff-Fahren – ein fataler Entscheid

Schon mit 16 statt mit 18 Jahren darf man hierzulande Motorrad fahren. Die Folge sind mehr schwere Unfälle. Warum nicht die Europäische Union, sondern die EU-Hörigkeit unserer Politik schuld daran ist.
08.11.2025, 12:1008.11.2025, 14:33
Patrik Müller / ch media

Es war eine traurige Statistik, die diese Woche nur wenig Beachtung fand. Die Zahl der Verkehrstoten ist in den letzten fünf Jahren um 34 Prozent gestiegen. Ein Grund: Seit 2021 dürfen Jugendliche bereits mit 16 Jahren Töff fahren. Früher war das erst ab 18 erlaubt.

Warum? Die Schweiz hat ihr Gesetz ans EU-Recht angepasst, die neue Altersgrenze «autonom nachvollzogen». Ist also Brüssel schuld daran, dass Teenager bei Töffunfällen sterben? Nein, diese Erklärung wäre billig. Versagt hat der Bundesrat, der die EU-Regel blind und aus vorauseilendem Gehorsam übernahm. Er verhielt sich Brüssel-höriger als die EU-Staaten Dänemark und Holland. Diese beliessen es bei den 18 Jahren.

Zurzeit diskutiert die Schweiz über die neuen EU-Verträge. «Rechtsübernahme», und erst noch «dynamisch», ist der grosse Streitpunkt. Von «Unterwerfung», wie die Gegner poltern, kann keine Rede sein. Der Rahmen stimmt. Unsere Beamten, Bundesrat und Parlament müssen nur den Mumm haben, nicht jeden Unsinn aus Brüssel sklavisch zu übernehmen.

Die EU-Länder Deutschland, Italien und Frankreich machen es vor. Geht es um die Eindämmung illegaler Migration, pfeifen sie auf Schengen/Dublin und schützen ihre Landesgrenzen. Bern aber gefällt sich in der Rolle des Musterschülers.

Im Interesse der Schweiz

Warum nicht mal einen Konflikt riskieren?

Bei der Töfffahrer-Richtlinie wäre das ziemlich risikofrei gewesen. Nicht so einfach wäre Ungehorsam bei aufgeladenen Dossiers wie der Zuwanderung. Aber auch hier darf die Schweiz etwas wagen. Nadelstiche aus Brüssel wird sie aushalten können.

Viel schmerzhafter und ein zu hohes Risiko wäre der Bruch mit der EU, unserem grössten Handelspartner. Sprich: die EU-Verträge abzulehnen. Der bilaterale Weg bringt Wohlstand und Sicherheit. Es wäre Harakiri, ihn mutwillig zu verlassen – in einer Welt, wo Machtpolitik die regelbasierte Ordnung ablöst.

Im Interesse der Schweiz ist: die Verträge unterzeichnen – und in der Umsetzung auch mal störrisch sein. Widerborstigkeit gegenüber Brüssel ist im Schweizer Aussendepartement zurzeit so verbreitet wie Humor bei deutschen Steuerbeamten. Höchste Zeit, sie zu erlernen.

Und jetzt du!

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(aargauerzeitung.ch)

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PxlP
08.11.2025 12:48registriert November 2015
Weder unsere Regierung noch die Medien haben das eigentliche Problem bzw. die Ursache erkannt: im Rest von Europa kannst du mit 16 Jahren 125er fahren, ja, aber erst, wenn du in der FAHRSCHULE fahren gelernt hast UND die Prüfung bestanden hast. In der CH: Theorie bestehen, Löli bestellen, losfahren. Was alle Jungen machen: Löli nach 1 Jahr um ein weiteres Jahr verlängern und nach zwei Jahren den A2 (grosses Motorrad) Lernfahrausweis bestellen, ohne JEMALS die 125er Prüfung gemacht zu haben. Wie dämlich kann unsere Gesetzgebung sein??
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matt21463
08.11.2025 12:28registriert Oktober 2015
Sehr guter Artikel! Man fragt sich schon, warum die Schweiz vorauseilend solche Gesetzte übernimmt, etablierte EU-Staaten sich jedoch dagegen wehren können. Können unsere Behörden die Zusammenarbeit mit der EU? Im Hinblick auf eine Abstimmung zum EU-Vertrag gibt mir das zu denken.
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Blitz oder Herz, es ist kein Scherz!
08.11.2025 12:29registriert Oktober 2025
Ich werde übermorgen mit dem Sammeln von Unterschriften für eine Initiative beginnen, deren Titel lautet:
„Jedes neu gewählte Mitglied des Bundesrates muss mindestens ein halbes Jahr in Dänemark und/oder den Niederlanden das politische System erlernen und von deren politischer Intelligenz und Erfahrung möglichst viel übernehmen. Am Ende jedes Amtsjahres wird seine Politik von einem niederl. oder dänischen Amtskollegen kritisch evaluiert.“

Wir verlieren zunehmend an Qualität.
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