Am Mittwoch feierte sie Premiere: die erste «Power Slap»-Show im amerikanischen Fernsehen. Ein Sport, bei dem sich zwei «Slap-Fighter» gegenüber stehen und sich abwechslungsweise mit der offenen Handfläche ins Gesicht schlagen. Vor allem im osteuropäischen Raum erfreut sich diese Sportart bereits grosser Popularität und generiert auch auf Youtube immer wieder viele Klicks. Dass sie nun aber als grosse Show im Fernsehen gezeigt wird und als eigene Liga eingeführt wurde, ist neu. Auch wenn viele Menschen für die Show den Fernseher einschalteten, hagelte es vor allem Kritik.
Auf Twitter verbreiteten sich Ausschnitte aus der Show, die zeigen, wie Slap-Fighters nach heftigen Ohrfeigen bewusstlos zusammensackten.
Die Empörung auf Twitter ist gross:
I am not sure I've ever been more disgusted than by the idea of Power Slap. What has this world become, that we celebrate knocking a defenseless person out in front of a camera. They made dystopian movies about this. Running Man was one. Humans don't do this. It is inane.
— Scaedaecys (@Scottat15) January 20, 2023
All for controlled combat sports , but Dana’s power slap league is utterly ridiculous #ufc
— Robert b (@RobbyBWA) January 20, 2023
Hinter der ganzen Show steckt der US-amerikanische Unternehmer und Präsident der Ultimate Fighting Championship (UFC) in den USA Dana White. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, tauchte ja erst an Neujahr ein Video auf, das zeigt, wie White und seine Ehefrau sich gegenseitig ohrfeigten.
Dies war auch der Grund, weshalb die Erstausstrahlung von «Power Slap», die eigentlich am 11. Januar hätte stattfinden sollen, um eine Woche nach hinten verschoben wurde.
An Ohrfeig-Wettbewerben ist Dana White schon lange interessiert: Nach eigenen Angaben habe er schon seit 2017 an der Idee für einen Slap-Wettbewerb getüftelt und im letzten Jahr viele Test-Duelle durchgeführt.
Im Oktober 2022 gelang ihm und seinem Team dann ein wichtiger Schritt: Die Sportkommission des US-Bundesstaats Nevada hat dafür gestimmt, die Liga der umstrittenen Sportart zu beaufsichtigen und zu regulieren. Zuvor argumentierte UFC-Geschäftsführer Hunter Campbell, der sich für die Einführung der Liga einsetzte, in einer Präsentation, dass es wegen der Sicherheit der Athleten nötig sei, bestimmte Regeln einzuführen. So müsste etwa sichergestellt werden, dass sich nur Slap-Fighters von derselben Gewichtsklasse gegenüberstünden. Er betont:
Dass die Sportart mit dieser Regulierung nun sicher sein soll, wagen Expertinnen und Experten zu bezweifeln. Auch prominente Personen aus der Kampfsportwelt äussern harsche Kritik sowohl an White als auch an der Sportkommission Nevadas.
So schreibt etwa der amerikanische Kampfsportanalyst:
If boxing is to hit and not be hit, slap fighting is kinda the opposite where getting hit is specifically arranged and done without impediment. Nevada’s commission is pretty shameless. https://t.co/cj25q58RhV
— Luke Thomas (@lthomasnews) October 18, 2022
Dana White verteidigt in einem Interview seine eingeführte Liga aber unter anderem genau damit, dass beim Slap-Fighting ja nur etwa drei bis fünf Schläge pro Veranstaltung eingesteckt werden müssten. Beim Boxen hingegen seien es 300 bis 400 Schläge. Dann teilt er an seine Kritiker aus:
Dass die Sportart aber alles andere als ein Zuckerschlecken ist, beweisen auch die Fragen, welche die Nevada Sportkommission laut «the Insider» an Whites Team stellte:
UFC-Geschäftsführer Campbell versicherte es ihnen. Aber eine Garantie ist das noch lange nicht, wie medizinische Experten und Expertinnen andeuten.
Der ehemalige WWE Wrestler und Neurowissenschaftler Chris Nowinski ist in den USA einer der führenden Experten, was Hirnerschütterungen betrifft. Auch er teilte das virale Video der «Power Slap» Show und verweist auf die sogenannte Fechtreaktion des bewusstlos geschlagenen Chris Kennedy. Sie bezeichnet die unnatürliche Position der Armee, welche auf eine ernste Hirnverletzung hindeutet. «Power Slap» teilte denselben Clip, verwies dabei aber begeistert auf den Angreifer Chris Thomas:
Brian Sutterer, ein auf Youtube aktiver Sportarzt, kann für diese Sportart kein Verständnis aufbringen. In einem Video nennt er das Slap-Fighting «eine der sinnlosesten, unnötig riskanten und gefährlichsten Sportarten». Sie sei zwar schon seit längerem populär und generiere auf Youtube viele Klicks, dies hiesse aber noch lange nicht, dass es eine gute oder sichere Sache sei.
Problematisch beim Slap-Fighting seien die Handgelenkknochen, welche direkt unter der Handfläche sitzen, erklärt er. Träfe diese mit hoher Geschwindigkeit auf jemandes Gesicht, habe dies nichts mehr mit einer Ohrfeige zu tun. Stattdessen gliche es eher einem Fausthieb mit offener Handfläche.
Dies könne nicht nur zu Hirnerschütterungen, sondern auch zu Knochenbrüchen im Gesicht führen. Zudem bestehe auch die Gefahr eines Trommelfellrisses, da bei einer Ohrfeige extrem viel Energie in den Ohrkanal gelange. Dies kann im schlimmsten Fall zu Hörverlust führen. Ob das obligatorische Baumwollstück im Ohr dies verhindern könne, weiss Sutterer nicht.
Dass die Nevada State Commission dem Sport grünes Licht gegeben hat, sorgt bei vielen Ärzteschaften, die im Kampfsport arbeiten, für Verständnislosigkeit.
So sagt etwa Michael Schwartz, ein Mitbegründer für die «Vereinigung der Ringärzte»:
Natürlich müssten Athletinnen und Athleten auch in anderen Kampfsportarten Schläge einstecken, dort hätten sie allerdings immer die Möglichkeit sich zu verteidigen, räumt Sutterer ein. Beim Slap-Fighting hingegen würden die Teilnehmenden gezwungenermassen jede Runde Schaden nehmen, da der Aspekt der Verteidigung komplett wegfalle.
Wie übel man bei einem Slap-Fighting-Wettbewerb zugerichtet werden kann, zeigt auch ein Video aus Rumänien. Dieses ging am selben Tag der «Power Slap» Premiere viral.
How in the world did they make this legit??? #powerslap pic.twitter.com/xFNuNDSjqF
— Clearz (@clearzsea) January 20, 2023
Es zeigt einen Teilnehmer mit einem völlig deformierten, geschwollenen und blutenden Gesicht, der schlussendlich als Sieger aus dem Final hervorging. Die nach unten hängende Lippe des Siegers Comșa Simion deute auf einen beeinträchtigten Gesichtsnerv hin, erklärt Dr. Sutterer in einem anderen Video. Auch wenn sich dieser Nerv wieder erholen könne, sei es nicht auszuschliessen, dass Simion auch permanente Nervenschäden davon tragen könnte.
Dana White steht noch immer voll hinter seiner neu gegründeten Liga. Die nächste Episode wird am kommenden Mittwoch wie geplant auf dem privaten Sender «TBS» ausgestrahlt.
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