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Thailand: 1807 Personen aus dem Menschenhandel gerettet

Thailand: 1807 Personen aus dem Menschenhandel gerettet – 600'000 leben in Sklaverei

Sexarbeit gehören in Thailand zum Alltag – und ist in vielen Teilen des Landes eine Touristenattraktion. Doch viele der Sexarbeiterinnen haben den Beruf nicht gewählt, sondern werden dazu gezwungen. Der Menschenhandel ist ein grosses Problem im Land.
08.01.2020, 10:1908.01.2020, 10:19
Kevin Capellini / ch media
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epa01693581 Bar girls wait for customers outside a bar in ASEAN host city Pattaya's notorious Walking Street, known for its wild nightlife, girlie and transvestite bars, in Pattaya, currently in  ...
Sexarbeiterinnen – nicht alle haben den Beruf freiwillig gewählt, sondern wurden dazu gezwungen.Bild: EPA

Billigarbeiter, Fischerei-Angestellte oder Sexarbeiterinnen: In Thailand ist der Menschenhandel ein grosses und bekanntes Problem. Tausende Menschen verschwinden jedes Jahr, weil sie als billige Arbeitskräfte oder Prostituierte verkauft werden.

Denn Thailand ist ein globales Zentrum für internationale Menschenhändlerringe. Und viele Menschen verdienen damit gutes Geld. Schätzungen zufolge ist der illegale Menschenhandel in Thailand jährlich bis zu zwei Milliarden Euro wert.

Die britische Zeitung The Guardian veröffentliche nun thailändische Regierungszahlen, wonach im Jahr 2019 total 1807 Menschen von den Behörden aus den Fängen des Menschenhandels gerettet werden konnten.

Polizeieinheiten im ganzen Land sei es gelungen, bei Razzien Sexarbeiterinnen in Massagesalons, Bars und Bordellen aufzuspüren und zu befreien. Auch seien im Zuge der Razzien Kinder befreit worden, die zum Beispiel an Tankstellen oder in Fabriken zur Kinderarbeit gezwungen worden waren.

Ein grosses Problem ist die milliardenschwere Fischerei-Industrie, wo es laut thailändischen Behörden schwierig sei, illegale Angestellte ausfindig zu machen. Denn viele der Angestellten würden eingeschüchtert und bedroht und würden sich deshalb nur in seltenen Fällen an die Behörden wenden.

Junge Maedchen warten in einem glaesernen Schaukasten in der Touristenhochburg Phuket auf Freier, aufgenommen am 8. Mai 1992. (KEYSTONE/EPA/DPA/Istvan Bajzat)
Sexarbeiterinnen warten auf Freier.Bild: EPA DPA

Viele der betroffenen Menschen stammen aus Thailand, Kambodscha oder Burma. Etwa 60 Prozent der Entführten sind – meist junge – Frauen. Die restlichen vierzig Prozent sind entweder Männer oder Kinder.

610'000 Menschen leben in moderner Sklaverei

Die Anzahl der aus dem Menschenhandel geretteten Personen erscheint an der Gesamtzahl der vom Menschenhandel betroffenen Personen jedoch fast lächerlich gering. Denn die Menschenrechtsorganisation «Walk Free Foundation» schätzt, dass etwa 610'000 Menschen in Thailand in moderner Sklaverei arbeiten und teilweise auch so gehalten werden. Diese Zahl entspricht knapp einem Prozent der thailändischen Bevölkerung.

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Bild: EPA/EPA

Viele dieser modernen Sklaven werden als Prostituierte an Touristen verkauft, oftmals sind sie auch noch minderjährig. International wird Thailand kritisiert, zu wenig zu tun im Kampf gegen den Menschenhandel und die illegale Prostitution. Dem Land wird vorgeworfen, es sei mit der Situation überfordert.

So stagniert auch die Zahl der jährlich geretteten Menschen, wie eine Datenauswertung des Guardian zeigt. Während im Jahr 2015 total 982 Personen aus den Fängen von Menschenhändlern gerettet werden konnten, waren es 2017 nur noch 622 Personen. Im Jahr 2019 stieg die Zahl der Geretteten wieder auf 1807 Personen.

Korruption grassiert im Land

Thailändische Behörden rechtfertigen die stagnierenden Zahlen jedoch mit den nur geringen Budgets, welche der Polizei und anderen Hilfsdiensten dafür zur Verfügung stehen würden. Polizeiliche Razzien, die Umsorgung und die medizinische Hilfe für die Opfer würden hohe Kosten verursachen.

«Die Rettung und Befreiung dieser Menschen strapaziert das Budget der Behörden, da man sich nach der Befreiung auch um die Opfer kümmern muss – was wegen des knappen Personalstands nur schwer möglich ist», erklärt Papop Siamhan, ein Anwalt, der sich auf illegalen Menschenhandel spezialisiert hat, gegenüber dem Guardian.

Dazu kommt, dass in Thailand die Korruption bei Behörden und Polizeien nach wie vor ein grosses Problem ist. Jährlich fliessen unzählige Millionen an Bestechungsgeldern. Nicht auszuschliessen ist daher, dass auch Behörden und Regierung am Menschenhandel und dem Sextourismus gutes Geld verdienen und der Effort, den Menschenhandel zu unterbinden, daher nur sehr gering ist.

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Relativist
08.01.2020 11:35registriert März 2018
Ich habe fünf Jahre in Thailand gelebt.
Im Artikel wird vor allem Gewicht auf die Prostitution gelegt. Das erlaubt dann dem Normaltouristen mit reinem Gewissen nach Thailand zu fahren. Er/Sie nimmt diese 'Dienstleistung' ja nicht in Anspruch. Newsflash: die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Hotel auf Phuket oder Samui von Sklaven gebaut worden ist, liegt bei 90%.
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winglet55
08.01.2020 13:15registriert März 2016
Wie ich schon im Bericht über die Longneck- Frauen geschrieben habe. Ist das Problem vielschichtig. Offiziell gibt es in Thailand keine Prostitution. Ergo, was es nicht gibt, kann auch nicht verfolgt werden. Zudem ist die Polizei korrupt, von der Basis bis zum Top Cop. Ohne die schützende Hand der Polizei, wäre Pattaya schon lange "sauber". Hinzu kommt das die meisten jungen Frauen (ab 12 Jährig) nicht für Touristen zur Verfügung stehen, sondern für Einheimische. Sie "arbeiten" in Karaokebars, die es in jedem District gibt, und ausschliesslich von Thais besucht werden.
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Philboe
08.01.2020 12:07registriert Juli 2015
Ich war vor 3 Jahren in Phuket und wenn man Soddom und Gomorrha in Wirklichkeit sehen möchte kommt das sehr nahe dran. Es war zum Fremdschämen wie junge Mädchen sich an alte dicke Männer anbiedern mussten. Dazu noch die Partytouristen und die Drogen. Ich bin gewiss kein Kind von Traurigkeit was einen exzessiven Lebensstil betrifft aber das hat sogar mich umgehauen
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