Der Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu hat nach Auszählung fast aller Stimmen die Bürgermeisterwahl in Istanbul gewonnen. Imamoglu erhielt am Sonntag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu 53,75 Prozent der Stimmen. Der AKP-Kandidat gratulierte seinem Kontrahenten bereits zum Sieg.
Imamoglu hatte die Istanbuler bei der Bürgermeisterwahl aufgerufen, die Demokratie zu stärken. «Heute ist der Tag, der türkischen Demokratie zuliebe den illegalen Prozess zu korrigieren», sagte er mit Blick auf die Annullation seines Wahlsiegs.
«Unsere Bürger werden eine Entscheidung für die Demokratie, für Istanbul und die Legitimität künftiger Wahlen treffen», zeigte sich der Kandidat der Republikanischen Volkspartei (CHP) am Sonntagmittag bei der Stimmabgabe überzeugt.
Nach seinem Sieg sagte Imamoglu in der Istanbuler CHP-Zentrale vor Journalisten:
Er bedankte sich bei allen Unterstützern, forderte sie jedoch dazu auf, die Wahlurnen nicht zu verlassen. Der Abstand zwischen beiden Kandidaten betrug laut Anadolu mehr als 740'000 Stimmen.
Der CHP-Kandidat hatte die erste Wahl am 31. März knapp gewonnen, doch war die Abstimmung auf Druck der Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan wegen Unregelmässigkeiten annulliert worden. Bei der Wiederholung wird nun erneut ein enges Rennen und eine hohe Wahlbeteiligung erwartet.
Anders als vor der Wahl Ende März hielt sich Erdogan weitgehend aus dem Wahlkampf heraus. Bei der Stimmabgabe am Sonntag äusserte der AKP-Vorsitzende sein Bedauern, dass die Wiederholung der Bürgermeisterwahl notwendig gewesen sei.
«Ich bin überzeugt, dass die Bürger von Istanbul die angemessenste Entscheidung treffen werden», sagte Erdogan vor einem Wahllokal im Stadtteil Üsküdar. Er erwarte eine hohe Wahlbeteiligung.
Die Wiederholung der Wahl fällt mitten in die Sommerferien. Viele Istanbuler kehrten für die Stimmabgabe eigens aus dem Urlaub zurück. CHP-regierte Küstenstädte riefen die Istanbuler auf, am Sonntag nach Hause zu fahren. Mehrere Fluglinien boten ihren Passagieren kostenlose Umbuchungen an.
Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben von Anadolu bei 84,4 Prozent und damit etwa auf dem gleichen Niveau wie bei der ersten Wahl Ende März. Wahlberechtigt waren rund 10,5 Millionen Menschen.Der Wahltag selbst verlief weitgehend ruhig.
Renate Zikmund von der 14-köpfigen Beobachtermission des Europarates sagte, «alles in allem» sei die Abstimmung geordnet verlaufen. «Organisatorisch ist alles aufgeboten worden, was man machen kann.»
Für eine Kontroverse sorgte dagegen, dass einige Fährverbindungen nach Istanbul wegen «mangelnder Nachfrage» kurzfristig abgesagt wurden. (pls/leo/sda/afp)