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Ukraine

Kadyrow betreibt irres TikTok-Bataillon im Ukraine-Krieg

Putins «Bluthund» Kadyrow und sein TikTok-Bataillon im Ukraine-Krieg

Die Tschetschenen im Ukraine-Krieg betreiben erfolgreiche Propaganda. Das Internet spricht bereits von Präsident Kadyrows TikTok-Bataillon.
02.04.2022, 15:4402.04.2022, 16:32
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Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg wurde bereits viel über den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow geschrieben. Bislang kannte man ihn in erster Linie als «Statthalter» der russischen Teilrepublik, seit Kriegsausbruch präsentiert er sich aber zunehmend als «Bluthund» des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Diesen unrühmlichen Titel verdankt er der brutalen Militärtaktik seiner Armeeleute.

Bekannt ist Kadyrows Brutalität vor allem aus einem Grund: Er inszeniert sich, seine Streitkräfte und deren Einsätze auf allen sozialen Kanälen mit Bildern und teilweise professionell gedrehten Videos, die Klickzahlen in Millionenhöhe erreichen. Seine Kriegspropaganda kombiniert Pathos, oberflächlichen Humor und Desinformationen und wird mittlerweile derart intensiv betrieben, dass bereits vom tschetschenischen «TikTok-Bataillon» gesprochen wird.

Video: watson

Was man da zu sehen kriegt, kommt zumindest aus humoristischer Sicht im Internet gut an: Man sieht Kadyrow, wie er aus dicken Fahrzeugen steigt, seine Männer in lautstarken Reden einpeitscht und sich als Freund und Helfer der Russen zeigt. Die Inhalte hingegen vermitteln nichts anderes als Kriegspropaganda, wie man sie zuvor vom islamistischen Terrorismus in Syrien oder generell vom politischen Islamismus kannte. Ob dabei die gezeigten Szenen echt oder gefälscht sind, ist für die Propagandawirkung irrelevant.

Kriegsbeobachterinnen und -beobachtern sind verschiedene Beispiele aufgefallen, die die offensichtlich gestellte Inszenierung des «TikTok-Bataillons» belegen soll: Ein Video zeigt Kadyrows Leute Hand in Hand mit russischen Soldaten – angeblich aufgenommen in der umkämpften Stadt Mariupol. Die Militärtenues sind aber derart sauber, dass in den Stunden und Tagen zuvor kein Krieg stattgefunden haben kann.

Twitter-User meinen einen Grund dafür gefunden zu haben: Die Tschetschenen hätten, so würden es Bilder belegen, Waschmaschinen mit in die Kriegsgebiete gebracht. Auch wenn die Behauptung amüsiert, kann sie nicht unabhängig überprüft werden: Die Bilder zeigen nicht eindeutig eine angebliche «Waschmaschine» – sie könnten auch etwas anderes sein.

Video: twitter/Militarylandnet

Ein anderes Video soll Kadyrows «tapfere» Truppen im Kampf zeigen. Gegenwehr kassieren sie nicht, was ukrainische Medien nicht überrascht: Sie schreiben, dass die abgeballerte Munition ein leerstehendes Gebäude getroffen habe. Weitere Hinweise für die Inszenierung gibt's zudem vom Kameramann: «Los, los, fangen wir an – ich schiesse!», wird gerufen, kurz bevor tatsächlich auf das bereits zerstörte Haus geschossen wird.

Video: twitter/nexta_tv

Die ukrainische Gegenseite amüsiert sich über solche Szenen und teilt solche Videos als Belege für «Kadyrows TikTok-Truppe». Andere Internet-Aktivistinnen und -Aktivisten beschäftigen sich derweil mit der Widerlegung dieser Desinformation: Sie konnten belegen, dass Kadyrow mehrere Szenen von seinen eigenen «Einsätzen» im Ukraine-Krieg schlicht erlogen hat.

Wladimir Putin hat offenbar seinen Statthalter in Tschetschenien, Ramsan Kadyrow , befördert. Zugleich behauptete dieser am Dienstag, in der ukrainischen Stadt Mariupol zu sein. Die «spezielle Militär ...
Bild: telegram

Ein Bild von ihm, wie er angeblich bei einer ukrainischen Tankstelle neben einem Maschinengewehr betet? Komplett gestellt. Das Foto entstand an einer Pulsar-Tankstelle, die zum russischen Konzern Rosneft gehört und in der Ukraine keine Standorte betreibt. Eine Videoszene, die Kadyrow beim Abkratzen von ukrainischen Armeeklebern zeigt? Wurde bei seinem Präsidentenpalast in Grosny aufgenommen, der über 13 Autofahrstunden von der ukrainischen Grenze entfernt liegt.

Video: twitter

(pit)

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Macca_the_Alpacca
02.04.2022 16:02registriert Oktober 2021
Ein Profi würde sich bedeckt geben und sicher nie sein Gesicht über alle Kanäle senden. Scharfschützen warten nur auf solche Trottel.
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FrancoL
02.04.2022 16:01registriert November 2015
Mir scheint es immer mehr zu einem tödlichen Spiel zu werden und die life für alle mit zu betrachten. Eine kranke Welt die sich da offenbart.
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Thomas Melone
02.04.2022 17:02registriert Mai 2014
Finden denn die SVP-Putinversteher diesen Hilfstaliban auch noch toll?
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    «Die Amerikaner sind zum Spielball der Israelis geworden»
    Militärexperte Fabian Hoffmann sagt, was eine US-Intervention bedeuten würde – und welche hochrelevante Lehre der Schlagabtausch zwischen Israel und dem Iran für uns in Westeuropa hat.

    Was würde ein Kriegseintritt der USA gegen den Iran bedeuten?
    Fabian Hoffmann: Für Israel gibt es im Moment zwei Wege: Entweder sie bringen selber zu Ende, was sie begonnen haben, indem sie dem Iran die Mittel nehmen, nochmals ein ernsthaftes Nuklearprogramm zu starten. Allein durch militärische Mittel, oder auch allenfalls durch einen Deal, der früher oder später geschlossen wird. Wenn das aber nicht gelingt, dann ist der Anreiz im Iran enorm gross, sich eine Atombombe zu beschaffen, und diese auf ballistische Raketen zu packen.

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