US-Zölle: Wie die Schweiz zurückschlagen könnte
Donald Trump erlegt der Schweiz Zölle von 39 Prozent auf. Der Bundesrat bestätigte an einer Pressekonferenz am Donnerstag, dass er keine Gegenmassnahmen in Erwägung zieht. Zumindest vorerst nicht.
Aber hat die Schweizer Regierung überhaupt solche Mittel zur Hand? Oder konkret gefragt: Wie kann die kleine Schweiz der Weltmacht USA? Dmitry Grozoubinski, ein ehemaliger Handelsunterhändler, meint dazu:
Doch was wäre, wenn die Schweiz dennoch ein paar gezielte Treffer landen will? Könnte das den USA schaden? «Schwierig zu sagen», meint Grozoubinski, «aber die amerikanische Bevölkerung ist äusserst schmerzempfindlich.» Und genau das müsse sich die Schweiz zunutze machen. Denn:
Diese Mittel hat die Schweiz dafür und so schätzt der ehemalige Unterhändler für Handelsfragen ihre Effektivität ein:
Die Pharmaindustrie
Ein besonders empfindlicher Punkt war bereits Thema zwischen Trump und Bern: die Pharmaindustrie. Ein Fakt ist klar: Die Hauptsitze vieler Pharmakonzerne befinden sich in der Schweiz – und das wird auch so bleiben. «Doch die Unternehmen könnten beschliessen, ihre Investitionen in den USA zu kürzen oder gar ganz einzustellen», meint Grozoubinski. Das wäre genau das Gegenteil von dem, was Donald Trump eigentlich fordert.
Was aber, wenn die Schweiz den Export von Medikamenten ganz einstellt? «Das wäre eine ziemlich radikale Massnahme – mit potenziell sehr schmerzhaften Folgen für viele Menschen. Eine schlechte Idee», sagt der ehemalige Unterhändler.
Die Präzisionsinstrumente
Ein weiterer kritischer Bereich: der Export von hochspezialisierten Schweizer Präzisionsmaschinen.
Einige Schweizer KMU sind weltweit die einzigen Produzenten bestimmter Einzelteile, auf die ganze Wirtschaftszweige angewiesen sind. «China zum Beispiel hat bei gewissen Magneten, die in der gesamten Elektronik unverzichtbar sind, ein Quasi-Monopol», sagt Grozoubinski.
China nutzt dieses Monopol auch als politisches Druckmittel. Könnte die Schweiz diesem Vorbild bei der Medtech folgen, wo sie eine führende Rolle innehat? Grozoubinski ist skeptisch:
Schweizer Unternehmen würden sich wohl schwer tun, lebenswichtige Bauteile für Diagnosetechnologien zurückzuhalten. «Menschen mit Krebs sterben lassen, nur um Druck auf Trump auszuüben – das ist moralisch verwerflich und hilft der Schweiz nicht weiter», sagt der Experte. Und weiter:
Oder wäre es möglich, Schweizer Maschinen statt in die USA nach China zu exportieren? Das kostet enorm viel Zeit und Ressourcen. Es bräuchte neue Infrastrukturen, Partner, Vertriebskanäle und Markenbekanntheit. Der Aufbau eines neuen Marktes kann laut Grozoubinski in gewissen Branchen bis zu zehn Jahre dauern. Auch eine Umstellung auf den Export nach Kanada würde zwei bis drei Jahre benötigen. «Also genauso lange, wie Trumps Amtszeit noch dauert», sagt Grozoubinski.
Der Experte sieht hier einen anderen Ansatz, der funktionieren könnte: Die Schweiz muss Trump klarmachen, dass er Schweizer Hightech braucht, um gegenüber China konkurrenzfähig zu bleiben. «Wenn er erkennt, dass er in dieser Hinsicht auf Schweizer Präzision angewiesen ist, könnte er gezwungen sein, Einfuhrzölle wieder zu senken», so der ehemalige Unterhändler.
Der Finanzsektor
Die Schweiz ist reich und verfügt über viel Kapital. Auch das könnte sie als Druckmittel einsetzen: «Würde die Schweiz ihre Finanzinvestitionen in den USA drosseln, hätte das spürbare Auswirkungen», sagt Grozoubinski.
Trumps Ziel sei es, möglichst viele ausländische Investitionen in die USA zu ziehen. «Wenn Schweizer Banken und Pensionskassen amerikanische Aktien und Fonds meiden, wird dieses Ziel deutlich schwerer zu erreichen.»
Die Tech-Giganten
«Viele Länder denken darüber nach – unabhängig von Trump –, digitale Dienstleistungen zu besteuern», sagt Grozoubinski. Das stelle eine echte Gefahr für die amerikanische Wirtschaft dar.
Fast alle digitalen Dienste in der Schweiz sind US-amerikanischen Ursprungs. «Netflix, Apple, Amazon – nur Spotify ist europäisch», so Grozoubinski.
Aber: «Alleine voranzugehen – ohne Unterstützung der EU oder Südamerika – wäre riskant.»
Die F-35-Jets
Möglicherweise liegt der grösste Hebel im Rüstungsbereich: Die Schweiz könnte vom Kauf der F-35 zurücktreten. «Militäraufträge sind ein zentraler Handelspfeiler der USA. Keine andere kommerzielle Entscheidung der Vereinigten Staaten fällt derart ins Gewicht», sagt Grozoubinski. Es handelt sich dabei also um eine politische Entscheidung. Doch jemand ist hier bereits vorgeprescht:
Würde die Schweiz jedoch abspringen, könnten die USA im Gegenzug Verträge mit der Schweizer Rüstungsindustrie kappen. Auch der Gegenschlag würde also sitzen.
