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Ukraine-Krieg: Die russische Armee hat drei neue Strategien

Die russische Armee hat drei neue Strategien in der Ukraine

Die russischen Streitkräfte erproben in der Ukraine neue Strategien. Moskau will die Eroberung des Donbass beschleunigen – vermutlich im Hinblick auf künftige Friedensverhandlungen.
06.02.2025, 21:21
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Die Kämpfe im Osten der Ukraine lassen nicht nach. Russland rückt weiter vor – wenn auch langsam. In letzter Zeit haben die Verantwortlichen im ukrainischen Militär jedoch bemerkt, dass sich das Verhalten des Aggressors verändert hat. Wie Le Monde berichtet, haben die russischen Streitkräfte ihre Kampftaktiken kürzlich verbessert – und zwar auf drei verschiedenen Ebenen.

Die Infanterieeinheiten werden mobiler eingesetzt. Diese Veränderung zeigte sich vor allem rund um die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk, die die Russen seit Monaten belagern und damit die ukrainischen Verteidiger hart in Bedrängnis bringen. Bisher griffen die Streitkräfte Moskaus frontal an, indem sie menschliche Wellen gegen die feindlichen Stellungen schickten.

Anstelle dieser Taktik, die sehr viele Menschenleben kostet, setzen die Russen jetzt lieber auf Umgehungsmanöver, deren Ziel es ist, Nachschubwege zu stören und schliesslich zu unterbrechen. Diese Einkreisungsversuche sollen nach Angaben der ukrainischen Armee aus «sehr zahlreichen Angriffen kleiner Infanteriegruppen» bestehen.

Drohnen gegen Seedrohnen

Die beiden weiteren Neuerungen, die Moskau eingeführt hat, betreffen Drohnen. Die russischen Streitkräfte scheinen eine effektive Methode gefunden zu haben, um die ukrainischen Seedrohnen auszuschalten. Diese unbemannten Boote, die mit Sprengstoff beladen sind und zudem Raketen abfeuern können, haben die russische Schwarzmeerflotte stark in Bedrängnis gebracht.

Am 1. Februar veröffentlichte das russische Verteidigungsministerium ein Video, das die Zerstörung einer ukrainischen Seedrohne zeigt, die von einer Drohne des Typs Kronstadt Orion mit einer Rakete getroffen wurde. Laut dem amerikanischen Thinktank Institute for the Study of War (ISW) könnte dies der erste dokumentierte solche Einsatz sein. Eine neue Abwehrmassnahme, die «die ukrainische Bedrohung im Schwarzen Meer erheblich verringern könnte», so «Le Monde».

Zudem scheint Russland vorzuhaben, spezialisierte Regimenter von Drohnenpiloten in die Infanterieeinheiten zu integrieren. Damit liessen sich Angriffe beispielsweise durch gezielte Schläge gegen die ukrainischen Stellungen vorbereiten, erklärt die französische Tageszeitung.

Position der Stärke

Diese neuen Strategien kommen laut «Le Monde» zu einem besonderen Zeitpunkt des Konflikts. Demnach seien die Russen dabei, die Eroberung des Donbass zu beschleunigen und ihre territorialen Gewinne zu vergrössern, um sich auf mögliche Friedensverhandlungen vorzubereiten. So könnte Moskau die Gespräche aus einer Position der Stärke beginnen.

Kronstadt Orion Russian drone Drohne Russland russisch russische
Eine russische Drohne des Typs Kronstadt Orion.Bild: wikimedia commons

Die Rückkehr Donald Trumps ins Weisse Haus hat den möglichen Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau neuen Auftrieb verliehen. Der US-Präsident hat mehrfach bekräftigt, er wolle den Krieg beenden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte am Dienstag, er sei zu direkten Verhandlungen mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin bereit. «Wir bleiben offen für Verhandlungen», antwortete der Kremlsprecher am Mittwoch, bezeichnete Selenskyjs Worte jedoch gleichzeitig als «sinnentleert».

Das Tempo lässt nach

Vor Ort setzt Moskau seinen Vormarsch fort, wenn auch in einem langsameren Tempo als Ende letzten Jahres. Im November hatten die russischen Truppen mehr als 700 km² ukrainischen Gebietes erobert – der bislang grösste Geländegewinn seit Beginn des Krieges im Februar 2022.

Im Januar haben die russischen Truppen nach Angaben des Kollektivs War Mapper rund 430 km² unter ihre Kontrolle gebracht – eine Fläche, die in etwa dem im Dezember eroberten Gebiet entspricht. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob die neuen Strategien Früchte tragen.

(rbu/asi)

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47 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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cabli
07.02.2025 06:37registriert März 2018
Eine vierte und vielleicht die beste Strategie wäre das Land zu verlassen, sich entschuldigen und Reparaturzahlungen leisten.
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_kokolorix
07.02.2025 01:46registriert Januar 2015
Die Angabe, dass das die grössten Geländegewinne seit Februar 22 waren ist falsch. In den ersten Wochen haben die russen sehr viel mehr gewonnen. Die ganze Südukraine bis Mykolaiv. Das sind zehntausende km². Die aktuelle Offensive ergab gerade mal 3500 km², bezahlt mit 100 verlorenen Soldaten pro km².
Aber ohne Zweifel wird die irrationale Angst unserer Politiker die Ukraine in eine Niederlage zwingen, was Mio. von Flüchtlingen, und in kürzester Zeit neue Kriege zur Folge haben wird.
russland wird seine Kriegswirtschaft nicht zugunsten einer brutalen Rezession abwürgen, sondern weiter kämpfen.
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