International
Analyse

Donald Trump mimt George W. Bush und wird zum Krieger im Iran

FILE - President George W. Bush poses with sailors and pilots aboard the USS Abraham Lincoln off the California coast after landing in a small jet May 1, 2003. (AP Photo/J. Scott Applewhite, File)
Tru ...
Präsident George W. Bush am 1. Mai 2003 auf dem Flugzeugträger Abraham Lincoln, wo er das Ende des Irak-Kriegs verkündete («Mission accomplished»). Es war ein monströser Irrtum.Bild: keystone
Analyse

Trump wird zum Bush-Krieger: Das könnte ins Auge gehen

Donald Trump wollte mit den US-Kriegen in Nahost aufhören. Jetzt erwägt er einen Regimewechsel im Iran. Das Schicksal der Bush-Präsidenten sollte ihm eine Warnung sein.
23.06.2025, 16:3123.06.2025, 17:15
Mehr «International»

Der Appetit kommt offenbar mit dem Essen. Erst kürzlich hatte sich US-Präsident Donald Trump in Saudi-Arabien von den militärischen Abenteuern seiner Vorgänger im Nahen und Mittleren Osten deutlich distanziert. In der Nacht auf Sonntag tat er es ihnen gleich, indem er die Bombardierung der iranischen Atomanlagen anordnete.

Der vermeintlich kolossale Erfolg scheint den selbstverliebten Trump angestachelt zu haben. Auf Truth Social dachte er über einen Regimewechsel im Iran nach, obwohl dies «politisch nicht korrekt» sei. Die Einschränkung kommt nicht von ungefähr: «Regime Change» ist ein Begriff, auf den viele Amerikaner – nicht nur MAGA-Anhänger – allergisch reagieren.

epa12191681 Protestors voice their opposition to US President Donald Trump's decision to bomb three nuclear sites in Iran, outside the White House in Washington, DC, USA, 22 June 2025. Chair of t ...
Demonstrierende erinnerten am Sonntag vor dem Weissen Haus an die mit Lügen begründeten Irak-Kriege.Bild: keystone

Sie haben allen Grund dazu. Die militärisch erzwungenen Regimewechsel in Afghanistan, Irak und Libyen führten ins Desaster. Sie verfehlten nicht nur ihr Ziel. Das weitgehend misslungene «Nation Building» in Afghanistan und Irak verursachte Kosten in Billionenhöhe. Die meisten Amerikaner sind überzeugt, dieses Geld wäre besser im Inland verwendet worden.

Trump sollte vor allem das Schicksal der beiden Bush-Präsidenten eine Warnung sein. George H.W. Bush und sein Sohn George W. Bush hatten bei den US-Interventionen eine führende Rolle gespielt. Es ist ihnen nicht gut bekommen:

Bush senior

Der irakische Diktator Saddam Hussein hatte sich mit dem achtjährigen Krieg gegen Iran von 1980 bis 1988 komplett verzockt. Dennoch liess sich der Tyrann im August 1990 auf ein neues Abenteuer ein: Er überfiel das benachbarte Emirat Kuwait. US-Präsident George Bush trommelte eine internationale Koalition zusammen, um Kuwait zu befreien.

Die Befürworter eines Militäreinsatzes schreckten dabei vor dem nicht zurück, was man heute Fake News nennt. Dazu gehörte die Lüge, dass irakische Soldaten nach der Invasion kuwaitische Babys aus Brutkästen gerissen hätten. Es war die Erfindung einer PR-Agentur, mit der die skeptische US-Bevölkerung von der Intervention überzeugt werden sollte.

FILE - Gen. Norman Schwarzkopf, left, and President George HW Bush watch the National Victory Parade in Washington, June 8, 1991, after Schwarzkopf led his troops in the parade, and then joined Bush i ...
Präsident George Bush (r.) verfolgt mit dem kommandierenden General Norman Schwarzkopf die Militärparade in Washington nach der Befreiung Kuwaits.Bild: keystone

Militärisch war sie ein voller Erfolg. Die Iraker wurden aus Kuwait vertrieben. Allerdings zündeten sie bei ihrem Abzug die Ölquellen an. Vor einem Marsch nach Bagdad und dem Sturz Saddam Husseins schreckte Präsident Bush zurück. Dennoch bescherte ihm der siegreiche Feldzug ein Popularitätshoch. Nur eineinhalb Jahre später wurde Bush abgewählt.

Denn schon bald holten ihn innenpolitische Probleme ein, vor allem eine Rezession. Und mit dem texanischen Milliardär Ross Perot trat ein unabhängiger Kandidat auf den Plan. Er war eine Art Trump vor Trump, ohne dessen Appeal. Bei der Wahl 1992 wurde der Demokrat Bill Clinton zum lachenden Dritten. George H.W. Bush musste nach nur einer Amtszeit abtreten.

Bush junior

Acht Jahre später siegte sein Sohn George W. Bush in einer umstrittenen Wahl gegen Clintons Vize Al Gore. Wenige Monate nach seinem Amtsantritt ereigneten sich die Terroranschläge vom 11. September 2001. Bush ordnete die Invasion Afghanistans an, wo sich Terror-Mastermind Osama bin Laden unter dem Schutz des Taliban-Regimes versteckte.

Die Steinzeit-Islamisten wurden verjagt. Bin Laden allerdings gelang die Flucht nach Pakistan, wo er zehn Jahre später auf Anweisung von Präsident Barack Obama «liquidiert» wurde. Statt sich auf den anspruchsvollen Wiederaufbau Afghanistans zu konzentrieren, kam die Bush-Regierung auf die glorreiche Idee, den Irak anzugreifen.

Als Begründung dienten gleich zwei Lügen: Saddam Hussein bedrohe die Welt mit Massenvernichtungswaffen, und er sei in die 9/11-Anschläge verwickelt gewesen. Beides war komplett unwahr, dennoch kam es 2003 zum Einmarsch. Präsident Bush hatte auch persönliche Motive: Er wollte nachholen, was sein Vater 1991 versäumt hatte.

Militärisch lief erneut alles nach Plan. Saddam wurde gestürzt, aus einem Loch gezogen und hingerichtet. Doch der «feuchte Traum» der US-Neocons, den Irak in eine prowestliche, proisraelische Musterdemokratie zu verwandeln, wurde zum Albtraum. Das Zweistromland versank in einer Terrorwelle, erst durch Al Kaida im Irak, dann durch den «Islamischen Staat».

Heute scheint sich die Lage im Irak einigermassen beruhigt zu haben, doch das mehrheitlich schiitische Land hat sich tendenziell in Richtung Iran bewegt, und die Menschenrechtslage hat sich verschlechtert, vor allem für Frauen und Homosexuelle. Noch schlimmer ist die Bilanz in Afghanistan, wo die Taliban vor vier Jahren erneut die Macht ergriffen.

«Make Iran Great Again»

Afghanistan und Irak haben das Image des jüngeren Bushs ruiniert. Und sein Vater musste erkennen, dass sich vermeintlicher militärischer Ruhm nicht zwingend in politische Erfolge ummünzen lässt. Dennoch wandelt Donald Trump auf den Spuren der Bush-Krieger, wenn er nach dem Motto «Make Iran Great Again» über einen Umsturz in Teheran nachdenkt.

epa12190378 US President Donald Trump (2-L) with US Secretary of Defense Pete Hegseth (R), US Vice President JD Vance (L) and US Secretary of State Marco Rubio (2-R) delivers an address to the nation  ...
Donald Trump informiert über den Angriff, zusammen mit J.D. Vance, Marco Rubio und Pete Hegseth. Sie betonten, es gehe nicht um einen Regimewechsel.Bild: keystone

Damit desavouiert er Vizepräsident J.D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth und Aussenminister Marco Rubio, die am Sonntag betont hatten, es gehe beim Angriff in Iran nicht um einen Regimewechsel. Sie relativieren auch den vermeintlichen Erfolg. Statt von der Zerstörung des Atomprogramms sprachen sie von «schweren Schäden».

Illusionen statt Realismus

Vielleicht reagierte Trump auf Gerüchte, wonach es innerhalb des iranischen Regimes brodelt und ein «Putsch» gegen Revolutionsführer Ali Chamenei geplant wird. Doch auch das könnte ins Auge gehen. Anders als in Saddam Husseins Irak ist das iranische Machtgefüge komplex. Aus einem internen Machtkampf könnten Hardliner als Sieger hervorgehen.

Die Amerikaner liessen sich bei ihren Interventionen in der Region zu oft von Illusionen statt von Realismus leiten. Donald Trump, der mit den «dummen» Kriegen aufhören wollte, könnte in die gleiche Falle tappen. Der isolationistische «Flügel» seiner MAGA-Basis jedenfalls ist alarmiert. Er beurteilt schon die Operation «Mitternachts-Hammer» negativ.

Im Berg eingebunkert

Nun droht eine weitere Eskalation. «Es wird immer einen iranischen Berg geben, den die Neocons bombardieren wollen», schrieb der ehemalige Abgeordnete Matt Gaetz, den Trump zum Justizminister ernennen wollte, am Sonntag auf X. Es ist eine deutliche Anspielung auf Ajatollah Chamenei, der sich in den Bergen nördlich von Teheran eingebunkert haben soll.

Vielleicht besinnt sich Donald Trump auf sein Image als «Friedenspräsident». Oder er wird tatsächlich zum neuen Bush-Krieger, obwohl ihm Senior und Junior eine Warnung sein sollten.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Trumps Militärparade in Washington D.C.
1 / 35
Trumps Militärparade in Washington D.C.

Über 6000 Soldatinnen und Soldaten aus diversen Einheiten marschierten am Samstag mit.

quelle: www.imago-images.de / imago/kent nishimura - pool
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Trump verkündet Bombardierung Irans
Video: extern
Das könnte dich auch noch interessieren:
60 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
000614.06c54067@apple
23.06.2025 16:53registriert März 2024
Hätte sich Trump für die Ukraine ebenso engagiert könnte der Krieg dort heute zu Ende sein. Dies tut er bis heute obschon er versprach den Krieg binnen 24h zu beenden nicht.
Nun hat er einen neuen Krieg angezettelt, mit ungewissem Ausgang.
Und ein Friedenspräsident ist er so oder so nicht. Er ist ein Spalter, auf allen Ebene. National wie international, schert sich einen Deut ums Recht und die Menschen.
867
Melden
Zum Kommentar
avatar
Revan
23.06.2025 17:02registriert Mai 2019
Nun, ein Stück weit scheint die Rechnung schon aufzugehen.

Seit dem Angriff auf den Iran spricht kaum noch einer von den riesigen Protesten gegen Trump, von den Mordanschlägen auf gegnerische Politiker durch eine MAGA-Supporter, das wahnwitzige Steuerpaket, dass Trumps Zölle nur heisse Luft waren, etc.

Wag the Dog lässt grüssen.
789
Melden
Zum Kommentar
avatar
mrmikech
23.06.2025 17:00registriert Juni 2016
Hätte Trump das Abkommen mit dem Iran nicht gekündigt und keine neuen Sanktionen verhängt, wären wir heute nicht in dieser Situation. Im Iran wurden zehntausende Kontrollen durchgeführt, das Land hat sich an das Abkommen gehalten. Erst nachdem Trump es einseitig aufgekündigt hat, begann der Iran, Uran wieder anzureichern.

Trump liebäugelt mit Diktatoren, stösst die Alliierten vor den Kopf und sorgt damit dafür, dass niemand den USA mehr vertraut. Er macht die Welt zu einem sehr, sehr gefährlichen Ort.
7810
Melden
Zum Kommentar
60
Braut war erst 9 Jahre alt: Ermittlungen nach Fake-Hochzeit im Disneyland
Am Samstagmorgen hatte sich im Freizeitpark bei Paris eine Hochzeitsgesellschaft eingefunden. Das junge Aussehen der Braut machte die Sicherheitskräfte misstrauisch, worauf sie die Polizei einschalteten. Diese nahm mehrere Gäste in Gewahrsam.

Das berühmte Märchenschloss im Disneyland Paris ist eine beliebte Kulisse für Hochzeiten. Ausserhalb der Öffnungszeiten können Paare davor ihre Liebe feiern. Auch am Samstagmorgen hatte sich eine private Hochzeitsgesellschaft angemeldet. Der Event hatte alles: Einen grossen Kuchen, weisse Stühle, eine Band. Doch die ganze Szenerie kam den Sicherheitskräften des Parks seltsam vor. Die Braut wirkte wie ein neunjähriges Mädchen, berichten französische Medien.

Zur Story