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Deutsche sagen endlich Ja zur Leopard-Lieferung – aber noch fehlt etwas

Deutschland sagt endlich Ja zur Leopard-Lieferung – aber noch fehlt etwas

19.01.2023, 09:3019.01.2023, 10:45
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A Leopard 2 tank is pictured during a demonstration event held for the media by the German Bundeswehr in Munster near Hannover, Germany, Wednesday, Sept. 28, 2011. Germany will continue to ?weigh ever ...
Um ihn geht es: Leopard-Panzer.Bild: keystone

Nach monatelangen Diskussionen rückt die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine näher. Kanzler Olaf Scholz (SPD) ist nach übereinstimmenden Medienberichten nun dazu bereit - aber nur unter Bedingungen. Laut «Süddeutscher Zeitung» und «Bild»-Zeitung stellte Scholz in einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden klar, Deutschland könne nur liefern, wenn die USA ihrerseits der Ukraine eigene Abrams-Kampfpanzer zur Verfügung stellen.

Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, nannte die Abgabe von Leopard-Panzern an Kiew überfällig und eine «moralische Verpflichtung». Doch bewertet die Bevölkerung hierzulande diesen Plan nach einer Umfrage im Auftrag der dpa weiter überwiegend skeptisch.

epa10402323 US Secretary of Defense Lloyd Austin participates in a meeting with Defense Minister of Japan Hamada Yasukazu (not pictured) at the Pentagon in Arlington, Virginia, USA 12 January 2023. Th ...
Lloyd AustinBild: keystone

Am Mittwochabend traf US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in Berlin ein, um über weitere Unterstützung für die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland zu sprechen. An diesem Donnerstagvormittag trifft er den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der am Morgen im Bundestag vereidigt wird und dann die Amtsgeschäfte übernimmt.

«Bild» meldete unter Berufung auf Regierungskreise, Scholz wolle sowohl deutsche Leopard-Lieferungen zulassen als auch Nato-Partnern dies erlauben - wenn denn auch die USA ihre Abrams-Panzer zur Verfügung stellten. Demzufolge geht es dem Kanzler darum, dass Europa und die USA Kampfpanzer nur gemeinsam an Kiew geben, damit der russische Präsident Wladimir Putin die Nato nicht spalten könne. Das Kanzleramt wollte sich am Abend zu den Berichten nicht äussern.

Die USA bereiten nach Berichten neue umfangreiche Waffenlieferungen an die Ukraine vor. Das Nachrichtenportal «Politico» berichtete am Mittwoch unter Berufung auf informierte Kreise, dass die USA unter anderem die Lieferung von Radschützenpanzern des Typs Stryker erwägen. Es werde derzeit nicht erwartet, dass die USA die Lieferung eigener Abrams-Kampfpanzer genehmigen, hiess es in dem Bericht. Grund sei die aufwendige Instandhaltung und Ausbildung an dem Kampfpanzer. Von offizieller Stelle gab es hierfür zunächst keine Bestätigung.

German Chancellor Olaf Scholz speaks at the World Economic Forum in Davos, Switzerland, on Wednesday, Jan. 18, 2023. The annual meeting of the World Economic Forum is taking place in Davos from Jan. 1 ...
Olaf ScholzBild: keystone

An diesem Freitag kommen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz die Verteidigungsminister mehrerer Dutzend Staaten zusammen, um über die weitere militärische Unterstützung der Ukraine zu beraten. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erwartet von dem Treffen ein Signal, dass es «mehr schwerere Waffen und mehr moderne Waffen» für die Ukraine gibt.

Die Lieferung von Kampfpanzern westlicher Bauart wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Grossbritannien hat sie bereits angekündigt, Polen und Finnland sind im europäischen Verbund dazu bereit. Deutschland nimmt eine Schlüsselrolle ein, weil die Leopard-2-Panzer hier produziert werden. Die Bundesregierung muss jede Weitergabe dieser Panzer, über die 20 Länder verfügen, genehmigen.

Der Leopard 2 gilt als einer der besten Kampfpanzer weltweit. Die Ukrainer wollen mit ihm gegnerischen Linien in dem zuletzt eher statischen Stellungskrieg durchbrechen.

Heusgen kritisierte, dass die Kampfpanzer-Lieferung verschleppt worden sei. «Wenn wir sehen, welches schreckliche Leid die Russen anrichten in den besetzten Gebieten, dann besteht beim Thema Kampfpanzer auch eine moralische Verpflichtung», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Präsident Wladimir Putin rücke kein Jota von seiner Politik ab. «Und dann muss man einfach sagen: Dieser Mann versteht leider nur die Sprache der Härte.»

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte dem Westen zuletzt mehrfach Zögerlichkeit beim Thema Waffenlieferungen bescheinigt. Aktuell gehe es insbesondere darum, Russland bei dessen militärischer Mobilmachung zuvorzukommen, sagte er am Mittwoch. «Die Belieferung mit westlichen Kampfpanzern muss einer nächsten Invasion mit russischen Kampfpanzern zuvorkommen.»

Auch in Deutschland kamen von der oppositionellen Union, aber auch von den Koalitionspartnern FDP und Grünen erneut Forderungen, der Ukraine zügig auch Leopard-Kampfpanzer zu liefern. Pistorius müsse sich dafür einsetzen, «dass wir der Ukraine endlich Leopard 2 zur Verfügung stellen», sagte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter dem Portal t-online. Der FDP-Verteidigungsexperte Alexander Müller sagte dem «Handelsblatt», die deutsche Industrie müsse jetzt schnell den Auftrag bekommen, bei ihr auf Halde stehende ältere Leopard-1-Kampfpanzer instand zu setzen.

Der Vizechef des Verteidigungsausschusses, Henning Otte (CDU), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Die dringendste Frage lautet jetzt: Liefert Deutschland Kampfpanzer? Ich hoffe, Pistorius kann sich dabei gegen Scholz durchsetzen und bleibt nicht wie Frau Lambrecht Erfüllungsgehilfe des Kanzlers.» Die bisherige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) war diese Woche zurückgetreten. (aeg/sda/dpa)

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84 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rüdiger77
19.01.2023 09:58registriert Oktober 2022
Anstatt eine Führungsrolle in Europa zu übernehmen, dackelt Deutschland also weiterhin den Ereignissen hinterher..
Die Nutzung und Wartung von Kampfpanzern benötigt eine recht komplexe Logistikkette. Für Leos besteht diese in Europa bereits in Europa, für Abrams nicht. Es würde sehr lange dauern, bis Abrams in der Ukraine sinnvoll genutzt werden könnten - die Nutzung von Leos wäre für die Ukraine um ein Vielfaches leichter.

Aber wenn Deutschland nicht selbst liefern will, wäre es schön, wenn es anderen Ländern keine Steine in den Weg legen und wenigstens ihnen die Lieferung erlauben würde.
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Popo Catepetl
19.01.2023 09:55registriert September 2014
Wie soll denn Putin die NATO bei so einer Frage spalten können? Deutschland spaltet die NATO mit seiner Zurückhaltung und ewiger Rumdruckserei.
Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät für die Lieferungen.
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Kanzo
19.01.2023 09:48registriert Mai 2022
Die USA sollten aus Trotz einfach nur einen Kampf Panzer liefern und Scholz dazu zwingen mal eine Führungsrolle zu übernehmen. Können ja wenig später mehr liefern wenn Deutschland endlich hinne machen würde.
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