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Forscher warnen vor Gefahr für Kinder durch Plastik-Chemie

IQ-Verlust und Herzprobleme: Forscher warnen vor Gefahr für Kinder durch Plastik

Der frühe Kontakt mit Chemikalien aus Kunststoffen kann erhebliche Gesundheitsrisiken bis ins Erwachsenenalter hinein nach sich ziehen.
22.09.2025, 07:0522.09.2025, 07:05

Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung von hunderten aktuellen Studien, die in der Fachzeitschrift «The Lancet Child & Adolescent Health» erschienen ist. Kinder seien einer akuten Gefahr durch Plastik in der Umwelt ausgesetzt.

epa12386661 Garbage collectors from the Bangkok Metropolitan Administration's Drainage and Sewerage Department drag a garbage basket after collecting from Khlong Prem Prachakorn canal in Bangkok, ...
Plastik bleibt ein weltweit grosses Problem. (Symbolbild)Bild: keystone

Die Übersichtsarbeit betrachtet unter anderem drei Stoffklassen im Plastik: Phthalate, die Kunststoffe flexibel machen, auf Bisphenole, die für Festigkeit sorgen, und auf per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), die Materialien hitzebeständig und wasserabweisend machen.

Diese Chemikalien stecken etwa in Alltagsprodukten wie Lebensmittelverpackungen, Kosmetika oder Papierbelegen, wie Studienleiter Leonardo Trasande, Professor für Pädiatrie an der NYU Grossman School of Medicine in New York mitteilte. Beispielsweise beim Erhitzen von Plastik in der Mikrowelle könnten Mikroplastik und Nanopartikel freigesetzt und verschluckt werden.

IQ-Verlust, Hormonstörung, Herzprobleme

Es gebe robuste Hinweise darauf, dass Substanzen aus Plastikprodukten Erkrankungen in mehreren Organen begünstigen und die Funktion von Hormonen stören, schreibt das Team mit Verweis auf Studien im Labor und mit Menschen. Zudem werde die Belastung durch Giftstoffe aus dem Plastik mit Störungen im Nervensystem, reduzierter Fruchtbarkeit und IQ-Verlust in Verbindung gebracht. Es gebe auch mögliche Zusammenhänge der Chemikalien mit langfristigen Erkrankungen wie Herzproblemen, ADHS, Fettleibigkeit oder niedrigem Geburtsgewicht.

«Unsere Ergebnisse deuten auf die Rolle von Plastik bei der frühen Entstehung vieler chronischer Krankheiten hin, die bis ins Jugend- und Erwachsenenalter nachhallen», sagte Studienleiter Trasande laut einer Mitteilung. «Wenn wir wollen, dass Kinder gesund bleiben und länger leben, müssen wir die Verwendung dieser Materialien ernsthaft einschränken», fordert er.

Nach Angaben des deutschen Umweltbundesamtes (UBA) reichen die bisherigen Erkenntnisse nicht aus, um konkrete Risiken durch Mikroplastik für die menschliche Gesundheit abschätzen zu können.

«Trotz der bestehenden Unsicherheiten in der Bewertung besteht aus der Gesamtschau der vorliegenden Studienlage ein hinreichender Grund zur Annahme einer Gesundheitsschädigung durch Mikroplastik beim Menschen.»

Verwendung der Materialien einschränken

Das Forschungsteam verweist zugleich auf Schutzmöglichkeiten. So könne es helfen, Plastikbehälter durch solche aus Glas oder Edelstahl zu ersetzen und Kunststoff nicht in die Mikrowelle oder die Spülmaschine zu geben. «Es gibt sichere und einfache Massnahmen, mit denen Eltern die Plastikbelastung ihrer Kinder begrenzen können, ohne ihr Budget zu sprengen», sagte Trasande. Ärzte und Schulen könnten zudem zur Aufklärung beitragen.

Umstritten ist jedoch, ob Getränke in Glasflaschen tatsächlich weniger Mikroplastik enthalten als solche in Plastikflaschen. Auch in Glasflaschen sei eine gewisse Menge Mikroplastik entdeckt worden, sagte Eleonore Fröhlich von der Medizinischen Universität Graz.

Untersuchungen hätten gezeigt, dass Glasflaschen in dem Bereich nicht unbedingt besser seien. In jedem Fall seien Plastikgefässe eine Quelle der Partikel. «Aber auch viele Seetiere und auch Salz enthalten vergleichsweise viel Mikroplastik.»

Das Forscherteam unterstreicht gleichzeitig, dass Kunststoffe in der Medizin unverzichtbar bleiben – etwa in Beatmungsgeräten für Frühgeborene, Verneblern oder Infektionsschutzmasken. Zu bemängeln sei jedoch ihr Einsatz dort, wo er vermeidbar sei.

Politisch fordern die Experten strengere Regulierungen. Erst im August hatte die Staatengemeinschaft in Genf erneut über einen globalen Plastikvertrag verhandelt. Mehr als 100 Staaten setzten sich für verbindliche Produktionsobergrenzen ein. Ein Abkommen kam jedoch nicht zustande. Die Sitzung wurde vertagt. (sda/dpa)

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