Missbrauchsskandal: Zehntausende demonstrieren in Ungarn gegen Orban
Zehntausende Menschen haben in Budapest gegen die Regierung des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban protestiert. Auslöser waren neue Informationen zu einem seit langem schwelenden Missbrauchsskandal. Die Demonstrantinnen und Demonstranten folgten einem Aufruf der Oppositionspartei Tisza von Peter Magyar.
Magyar hatte am Freitag Angaben eines bereits seit 2021 vorliegenden, aber unter Verschluss gehaltenen Regierungsberichts veröffentlicht, dem zufolge mehr als 3'000 Kindermissbrauchs-Fälle in staatlichen Betreuungsinstitutionen bekannt seien. Ungarns Innenministerium bestätigte den Bericht.
Das Thema Kindesmisshandlungen in staatlichen Institutionen ist seit Februar 2024 ein brisantes politisches Thema. Damals musste die Staatspräsidentin Katalin Novak auf öffentlichen Druck zurücktreten, nachdem bekannt wurde, dass sie den stellvertretenden Direktor eines Waisenhauses begnadigt hatte, der wegen Beihilfe zu pädophilen Handlungen verurteilt worden war.
Vorwurf der Vertuschung von Missbrauch stärkt Opposition
Diesen von grossen Protesten begleiteten Skandal nahm Magyar damals zum Anlass, eine breite Oppositionsbewegung zu starten, an der Spitze der dadurch neu belebten Partei Tisza. Inzwischen liegt Tisza in Umfragen vor Orbans Partei Fidesz. Erstmals muss der seit 2010 regierende Orban befürchten, eine Parlamentswahl zu verlieren. Die nächste Wahl steht im April 2026 an.
Hinzu kam im Sommer dieses Jahres ein weiterer Skandal um mögliche kriminelle Machenschaften in einer Jugendstrafanstalt in Budapest. Drei Mitarbeiter waren in diesem Zusammenhang verhaftet worden – unter ihnen ein ehemaliger Direktor, dem unter anderem die Leitung eines Prostitutionsrings vorgeworfen wird.
Zuletzt wurde zudem Bildern einer Überwachungskamera publik, die zeigen, wie ein Direktor dieser Anstalt einen Jungen gegen den Kopf trat. Vier Mitarbeiter waren Anfang der Woche in Gewahrsam genommen worden, die Regierung stellte alle Einrichtungen dieser Art unter polizeiliche Aufsicht. (sda/dpa)
