Die ganze Welt wird am Montag auf Washington schauen. Donald Trump, der 47. Präsident in der Geschichte der USA, legt gegen Mittag (Lokalzeit) seinen Amtseid ab. Auf einer eigens gebauten Plattform vor dem Capitol, dem prunkvollen Parlamentsgebäude in der Hauptstadt.
Das eigentliche Drama aber spielt sich im Weissen Haus ab. Denn dort, am Wohn- und Arbeitsort des neuen Präsidenten, sind rund 100 Angestellte Teil eines Rituals, das oft als «kontrolliertes Chaos» beschrieben wird. Sie haben maximal sechs Stunden Zeit, im Weissen Haus sämtliche Spuren des alten Präsidenten zu beseitigen und das stattliche Gebäude für den neuen Bewohner herzurichten.
Diese Arbeit in der «Residence», dem privaten Teil des Präsidentenpalastes, beginnt natürlich nicht erst am Montagmorgen. Seit dem Wahlsieg von Trump stehen Vertraute der First Family, wie die Familie des Präsidenten in Amerika auch genannt wird, in Kontakt mit dem (unpolitischen) Stammpersonal des Weissen Hauses. Die Butler, Köche, Reinigungskräfte oder Handwerker machen sich mit den persönlichen Vorlieben der Trumps bekannt – welche Zahnpasta der Präsident benutzt, welche Früchte seine Gattin Melania gerne isst oder mit welchen Möbelstücken Donald Trump sein Amtszimmer, das Oval Office, ausstatten will.
Zu diesen Vorbereitungsarbeiten gehört auch ein Abstecher in ein riesiges Möbellager in einem Vorort von Washington. Dort sind Hunderte von historischen Einrichtungsgegenständen aus dem Weissen Haus fein säuberlich ausgestellt: Tische, Stühle, Sofas, Kronleuchter oder Spiegel. Der genaue Standort dieser Lagerhalle ist geheim.
Die Umzugskisten der neuen Bewohner des Weissen Hauses werden normalerweise irgendwo auf dem Areal zwischengelagert – ausser Sichtweise des amtierenden Präsidenten. Schliesslich will der nicht ständig daran erinnert werden, dass er bald ausziehen muss. Aus Sicherheitsgründen sind keine privaten Zügelfirmen in die Prozedur involviert – einzig das Stammpersonal, das zum Teil seit Jahrzehnten im Weissen Haus arbeitet, darf Kisten einpacken oder auspacken.
Das Ritual sieht es vor, dass am Montag der Amtsinhaber seinen Nachfolger im Weissen Haus persönlich begrüsst. Biden führt damit eine Tradition wieder ein, mit der Trump vor vier Jahren gebrochen hatte. Nach dem gemeinsamen Tee reisen die beiden Präsidenten mit ihren jeweiligen Entouragen quer durch die Stadt zum Capitol. Für den 82 Jahre alten Biden wird es wohl ein Abschied für immer sein.
Im Weissen Haus beginnen derweil die wohl hektischsten fünf oder sechs Stunden. Sie konzentrieren sich dabei auf die Privaträume des neuen Präsidenten in den oberen Geschossen der Residenz: Betten werden ausgetauscht, Wände gestrichen und historische Möbelstücke neu arrangiert.
Weil der Einzug von Trump ins Weisse Haus eine Rückkehr darstellt – er amtierte bekanntlich bereits von 2017 bis 2021 als Präsident -, ist dieser Umzug ein bisschen weniger dramatisch als frühere. So erinnern sich noch heute einige alte Angestellte mit Schrecken daran, wie schwierig es 1993 gewesen sei, am ersten Tag sämtliche Wünsche von Bill Clinton und der First Lady Hillary Clinton zu erfüllen.
Die junge Präsidentenfamilie habe «keine Vorstellung» davon gehabt, wie man im Weissen Haus lebe, sagte später Gary Walters, der Chef des Personals. So konnte der Präsident es kaum fassen, dass er keine direkten Telefongespräche mehr führen konnte. Auch bestand die First Lady darauf, dass Freunde aus ihrer Heimat ihr beim Auspacken der Umzugskisten halfen, zur grossen Konsternation der Angestellten.
Auch vor vier Jahren, unter erschwerten Umständen, lief nicht alles rund. Als Joe Biden am späteren Nachmittag des 20. Januar zusammen mit Gattin Jill im Weissen Haus eintraf, öffnete niemand die Tür für das neue Präsidentenpaar. Zehn Sekunden lang standen die Bidens vor dem prächtigen Nord-Eingang des Gebäudes und warteten vergeblich auf Hilfe. Erst dann hatte jemand Erbarmen und öffnete die Türe des neuen Wohnsitzes. Hoffentlich wiederholt sich dieser Fauxpas am Montag nicht.