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Trump soll vor Gericht – die 6 wichtigsten Fragen und Antworten

Die Tote schockte Trump nicht – und 5 weitere bemerkenswerte Kapitol-Sturm-Aspekte

Der Kapitol-Sturm-Ausschuss hat seine Arbeit beendet. Und empfiehlt rechtliche Schritte gegen Ex-Präsident Trump. Die 6 wichtigsten Punkte.
20.12.2022, 11:1920.12.2022, 13:07
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Wegen seiner Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 drohen dem früheren US-Präsidenten Donald Trump strafrechtliche Konsequenzen. Ob und wann es dazu kommt, ist allerdings noch offen. Die wichtigsten Fragen im Überblick.

Was wird Trump vorgeworfen?

18 Monate lang beschäftigte sich der extra dafür ins Leben gerufene Kapitol-Ausschuss mit den Ereignissen des 6. Januar 2021. An diesem Tag hatten Trumps Anhänger das US-Kapitol gestürmt, in dem die Wahlniederlage des Republikaners gegen Joe Biden beglaubigt werden sollte. Fünf Menschen starben bei der gewaltsamen Erstürmung des Gebäudes.

Der Ausschuss erhebt schwere Vorwürfe: Trump habe die gewaltsamen Ausschreitungen vom Oval Office aus im Fernsehen verfolgt und stundenlang keine öffentliche Erklärung abgegeben, obwohl ihn seine Mitarbeiter, Mitglieder seiner Familie und Anwälte darum gebeten hätten.

So stürmten Trump-Anhänger das Kapitol:

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Trump-Anhänger stürmen Kapitol
Am 6. Januar 2021 wurde das Kapitol in Washington von Trump-Anhängern gestürmt.
quelle: keystone / manuel balce ceneta
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Am Montag nun veröffentlichte das Gremium seinen finalen 160-seitigen Bericht. Viel Neues steht nicht darin. Er vereint allerdings zum ersten Mal alle Fakten an einem Ort: Schritt für Schritt dokumentiert er Trumps Versuch, sich nach den verlorenen Präsidentschaftswahlen an der Macht festzuklammern.

«Wir haben über 1000 Zeugen befragt. Wir haben so ziemlich jeden befragt, den Sie sich vorstellen können, der sich äussern wollte, und haben somit eine Million Beweise», sagte der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson nach der Anhörung am Montag. Es sei wichtig, dass das Justizministerium die zusammengetragenen Informationen nun ansehe. «Wir werden alle Beweise, die wir aufgedeckt haben, (dem Justizministerium) vorlegen und es wird letztendlich an ihnen liegen», sagte er.

Insgesamt wirft das Gremium Trump den Verstoss gegen vier Bundesgesetze vor: So soll er eine Menge zum Aufruhr angestiftet, ein öffentliches Verfahren behindert, sich gegen die US-Regierung verschworen und dem Staat gegenüber falsche Behauptungen gemacht haben.

Was ist im Bericht neu?

Es gibt einige neue Details, die allerdings nicht besonders ins Gewicht fallen. Am interessantesten dürfte Rudy Giulianis Aussage sein. Laut Bericht soll der Anwalt Donald Trumps gesagt haben, dass er nicht glaube, dass die Wahl-Maschinen die Wahlen «gestohlen» hätten. Damit widerspricht er seinen früheren Behauptungen, wonach der Maschinenhersteller Dominion für das «falsche» Resultat verantwortlich sei.

Neu ist auch eine Auflistung aller Waffen, die am 6. Januar von den Kapitolstürmern beschlagnahmt wurden. Gemäss Unterlagen des Geheimdienstes gehören dazu …

  • 242 Kanister Pfefferspray
  • 269 Messer oder Klingen
  • 18 Schlagringe
  • 18 Taser
  • 6 Schutzwesten
  • 3 Gasmasken
  • 30 Schlagstöcke oder stumpfe Instrumente
  • 17 weitere verschiedene Gegenstände wie Scheren, Nadeln oder Schraubenzieher

Dies dürfte aber bei Weitem nicht alles gewesen sein: Der Geheimdienst betonte, dass diese Waffen nur von denjenigen Menschen stammten, die die Metalldetektoren passiert hätten. Tausende Teilnehmende hätten sich absichtlich fern der Metalldetektoren aufgehalten.

Weiter soll der Tod Ashli Babbitts keinen grossen Einfluss auf Donald Trump gehabt haben: Die Trumpunterstützerin wurde im Kapitol von einem Polizisten erschossen, als sie durch eine Tür klettern wollte. Kurz nach 15.05 Uhr soll Trump über den Vorfall informiert worden sein. William «Beau» Harrison, Berater des Weissen Hauses, erfuhr um 15.05 Uhr vom Vorfall und notierte dies auf einem Zettel, welcher Trump vorgelegt worden sei. Laut Bericht hat dies dessen Gemütszustand nicht gross beeinflusst. Zudem habe es auch keine Hinweise darauf gegeben, dass Trump an diesem Tag Reue gezeigt habe.

Wie reagiert Trump?

Reue sucht man beim ehemaligen Präsidenten auch jetzt noch vergebens. Auf seiner Plattform Truth Social zeigt er sich angesichts der strafrechtlichen Empfehlungen des Ausschusses unbekümmert:

«Diese Leute verstehen nicht, dass sich freiheitsliebende Menschen um mich scharen, wenn sie hinter mir her sind. Es stärkt mich. Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.»

Die «gefälschten Anschuldigungen des parteiischen Abwahlausschusses» vom 6. Januar seien bereits eingereicht, verfolgt und verhandelt worden, wettert er. Diese Verhandlung habe er in Form des zweiten «Impeachment-Witzes» überzeugend gewonnen.

President Donald Trump speaks at the Conservative Political Action Conference CPAC22 in Orlando, Florida on Saturday, February 26, 2022. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY ORP20220226099 JOExMARINO
In bekannter Manier tut Donald Trump jegliche Vorwürfe als politisch motiviert ab.Bild: www.imago-images.de

Für ihn ist klar, dass die Untersuchungen einen Versuch darstellen, seine Kampagne zu untergraben – erst im vergangenen Monat kündigte er an, 2024 wieder für das Präsidentenamt kandidieren zu wollen.

Das FBI – welches er als «Democratic Bureau of Investigation» (DBI) bezeichnet – versuche natürlich, ihn daran zu hindern:

«Die Menschen verstehen, dass das Democratic Bureau of Investigation (DBI) darauf aus ist, mich von der Präsidentschaftskandidatur abzuhalten, weil sie wissen, dass ich gewinnen werde.»

Wie steht Ex-Vize Mike Pence zu einer Anklage?

Der ehemalige US-Vizepräsident hat eine Anklage gegen Trump abgelehnt. In einem Interview mit dem konservativen Nachrichtensender Fox News stellte Mike Pence sich auf Trumps Seite:

«Ich denke, das würde das Land in einer Zeit, in der sich das amerikanische Volk Heilung wünscht, furchtbar spalten. In dieser Zeit des Jahres denken wir alle an die wichtigsten Dinge in unserem Leben, in unserem Glauben und in unserer Familie. Und ich hoffe, dass das Justizministerium sehr sorgfältig darüber nachdenken wird.»
Former Vice President Mike Pence speaks with reporters after remarks to an audience about his new book on Tuesday, Dec. 6, 2022, at Garden Sanctuary Church of God in Rock Hill, S.C. (AP Photo/Meg Kinn ...
Auch wenn Trumps Verhalten fahrlässig gewesen sei, sollte keine Anklage gegen ihn erhoben werden, findet Ex-Vizepräsident Mike Pence.Bild: keystone

Dass Pence seinen ehemaligen Chef nun verteidigt, ist bemerkenswert. Die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses zeigen, wie knapp Pence am 6. Januar den Angreifern auf das Kapitol entging. Nur wenige Meter hätten Pence laut Zeugenaussagen zu einem Zeitpunkt von dem Mob getrennt, der in das Kongressgebäude eingedrungen war. «Hängt Mike Pence» skandierten etliche der Eindringlinge. Der Ausschuss präsentierte ausserdem Erkenntnisse, wonach Trump wohlwollend auf diese Drohungen seiner Anhänger reagiert habe.

Wie geht es mit dem Kapitol-Ausschuss weiter?

Bei dem Treffen am Montag hat es sich um den letzten grossen Auftritt des Ausschusses gehandelt. Die Arbeit für das Gremium ist damit aber noch nicht ganz getan. Am Mittwoch soll ein noch umfassenderer Bericht mit Ergebnissen und Empfehlungen veröffentlicht werden. Weitere Transkripte und Dokumente sollen noch vor Ende des Jahres folgen.

Diese werden Trump-Kritikern weiteres Futter liefern, schreibt CNN. Gleichzeitig kommen diese Veröffentlichungen auch Trump-Unterstützern entgegen. Diese fordern schon lange, dass alle durchgeführten Zeugen-Interviews komplett zugänglich gemacht werden. Bisher wurden an den öffentlichen Anhörungen nämlich nur ausgewählte Ausschnitte gezeigt.

Der aktuelle Kongress wird am 3. Januar 2023 enden, womit auch der Kapitol-Ausschuss aufgelöst werden wird. Weiter dürfte hingegen die Arbeit des Justizministeriums gehen.

Was macht momentan das Justizministerium?

Das Justizministerium hat während Monaten seine separaten Ermittlungen durchgeführt. Seit dieser Woche hat es nun auch Zugriff auf die gesammelten Beweise des Ausschusses. Für das Justizministerium dürften diese schlussendlich wichtiger als die strafrechtlichen Empfehlungen sein. Dieser Meinung ist der Chefanalyst für Rechtsfragen bei ABC News, Dan Abrams:

«Der Empfehlungsaspekt ist meiner Meinung nach viel weniger bedeutsam als das, was die Beweise aufgedeckt haben.»

In der Praxis haben strafrechtliche Empfehlungen nämlich vor allem symbolischen Charakter. Denn: Das Justizministerium ist deswegen nicht zum Handeln verpflichtet. Ausschlaggebend sind letztendlich die Beweise, aufgrund derer Trump angeklagt werden könnte.

FILE - Attorney General Merrick Garland listens to a question as he leaves the podium after speaking at the Justice Department, Aug. 11, 2022, in Washington. Garland is moving to end sentencing dispar ...
Der Druck auf Justizminister Merrick Garland steigt: Die Entscheidung, gegen Trump Anzeige zu erstatten, obliegt schlussendlich ihm.Bild: keystone

Der selten angewandte Straftatbestand des Aufruhrs ist dabei der schwerwiegendste: Er ist dem US-Gesetz zufolge erfüllt, wenn zum Aufstand gegen die Autorität des Staates oder der Gesetze angestiftet oder sich daran beteiligt wird. Dies wird mit einer Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zehn Jahren oder mit beidem bestraft. Sollte Trump wegen Aufruhrs verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt mehr ausüben.

Mit Material der Nachrichtenagenturen sda und dpa.

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Kapitol-Sturm: Video zeigt bange Minuten im Kongress
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53 Kommentare
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rephil
20.12.2022 11:37registriert August 2021
Warum wird das Kind nicht endlich beim Namen genannt? Es war Hochverrat und gehört auch entsprechend bestraft.
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sinkflug
20.12.2022 12:24registriert Juli 2020
Mike Pence: ein rechtskonservativer Frömmler ohne Eier
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Heinzbond
20.12.2022 11:48registriert Dezember 2018
mMn. sind die Amerikaner, neben den Russen und Türken die Nationen die am wenigsten aus der eigenen Geschichte bisher gelernt haben, es nicht vorhaben und es nicht mal für nötig erachten...
Der 6. Januar wird genauso wie Sklaverei, Mord und Vertreibung an indigenen Völkern, der Eroberung und Landnahme von mehr als der Hälfte des eigenen Gebietes verklärt werden und mit Donald J. Trump wird leider genau das passieren.
Er wird nicht mehr Präsident aber de Santis wird es wohl werden und der wird ihn sicher begnadigen und ins exil schicken wenn er dann noch lebt...
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