Eine gewisse Ironie lässt sich nicht verneinen: Ausgerechnet Donald Trump ernennt die erste Frau in der Geschichte der Vereinigten Staaten zur Stabschefin. Doch wer ist die erfolgreiche Wahlkampfmanagerin, der nachgesagt wird, sie könne «einige der schlimmsten Impulse» Donald Trumps kontrollieren?
Susan Summerall, wie sie mit bürgerlichem Namen heisst, wurde in New Jersey als Tochter von Ex-NFL-Footballer Pat Summerall und seiner Frau Cheri geboren. Ihr Vater wurde später als auch als Sportreporter landesweit bekannt. Wiles studierte an der Universität Maryland und ist heute 67 Jahre alt.
Wiles nennt eine enorme Erfahrung im Politzirkus ihr Eigen. Schon in den 70er-Jahren begann sie in Washington zu arbeiten. Grössere Aufgaben folgten dann unter Republikaner-Ikone Ronald Reagan. Sie wirkte bereits in dessen Wahlkampf und später auch in seiner Regierung als Terminplanerin mit.
Nach dem Kapitel Reagan setzte Wiles ihre Karriere in Florida fort, wo sie erstmals selbst (erfolgreiche) Kampagnen für republikanische Politiker leitete. Unter anderem verhalf sie Rick Scott zum Gouverneursposten.
Wiles arbeitete lange Jahre für gemässigte Republikaner wie Jon Huntsman, den ehemaligen Gouverneur Utahs und späteren China- und Russland-Botschafter unter Donald Trump. Huntsman kritisiert Trump nach dessen Verhalten beim Kapitolsturm scharf.
Doch schon 2016 fand Wiles den Weg in Trumps Kampagnenteam. Sie leitete den Wahlkampf in Florida – dass Trump dort gewinnen konnte, war ein entscheidender Faktor auf seinem erstmaligen Weg ins Weisse Haus.
In der Zeit danach setzte sie ihre Fähigkeiten für Ron DeSantis ein. Auch ihm verhalf sie zur Gouverneurswahl in Florida.
Doch die beiden verkrachten sich. DeSantis, der auch zu Trump ein wechselhaftes Verhältnis pflegt, wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben. Doch als Trump Wiles in sein Wahlkampfteam für 2024 berief, trafen die beiden erneut aufeinander – mit üblen Folgen für Floridas Gouverneur.
Trumps Kampagne im Vorwahlkampf setzte DeSantis – nebst eigenen Fehltritten – derart zu, dass er sich kleinlaut zurückzog und nun wieder folgsam hinter Trump steht. Federführend bei der Kampagne: Susie Wiles. Diese wurde enorm gehässig geführt und zielte, wie bei Trump häufig zu beobachten, voll auf die Person. Dabei kam den Wahlkämpfern Insiderwissen über DeSantis zugute – viele vermuteten, es stamme von Wiles, die DeSantis ihre Absetzung noch so gerne zurückzahlte.
Trotz ihrer langjährigen Erfahrung und Tätigkeit als Wahlkämpferin für republikanische Parteigrössen ist verhältnismässig wenig über Wiles bekannt, wie West Palm Beach News (WPBF), ein TV-Sender aus Florida, schreibt. Sie gilt als scharfsinnig sowie freundlich und angenehm im Umgang, hält sich aber gerne im Hintergrund und meidet beispielsweise Interviews. Sie überlässt ihren prominenten Vorgesetzten das Scheinwerferlicht – so, wie es die meisten erfolgreichen Wahlkampfmanager tun.
Mit diesen gemein hat die 67-Jährige eine weitere Eigenschaft, wie The Economic Times schreibt: Sie kann absolut rücksichtslos sein. Zur Feindin möchte man die 67-Jährige nicht haben – wie unter anderem Ron DeSantis schmerzlich bezeugen kann.
Eine weitere Eigenschaft, die Wiles gemäss Weggefährten auszeichnet, ist ihre Besonnenheit. Sie verliere nie die Ruhe, wie unter anderem Chris LaCivita, der Co-Leiter von Trumps Wahlkampf, angab.
Vielleicht ist es diese Eigenschaft, die Donald Trump dazu veranlasste, Wiles in seiner Siegesrede am Mittwoch als «Ice Maiden» zu bezeichnen. Der 78-Jährige sprach in seinem Wahlkampf immer wieder in den höchsten Tönen über seine Managerin. Sie sei unglaublich, betonte er x-fach. Er gab auch mehrfach an, dass der dritte Wahlkampf, den er führe, der mit Abstand bestorganisierte sei.
Wiles wird nachgesagt, dass sie genau wisse, wie sie mit Trump umzugehen hat und dass er sie für ihre Kompetenz respektiere. So sei es ihr möglich, «einige von Trumps schlimmsten Impulsen zu kontrollieren», schreibt WPBF.
Sinnbildlich war dafür eine Szene aus der Endphase des Wahlkampfs. Als Trump in Pennsylvania eine Rede hielt und anfing, Gewalt gegen missliebige Journalisten zu verharmlosen, intervenierte Wiles. Sie schritt auf die Bühne und starrte Trump schweigend und mit bestimmtem Blick an, wodurch sie diesen tatsächlich zur Räson bringen konnte.
Als künftige Stabschefin wird Wiles sicherlich häufiger im Rampenlicht stehen. Die Position gilt als einflussreichster Beraterposten im Präsidenten-Kabinett überhaupt. Unter anderem obliegt die Terminkoordination der Stabschefin – Wiles hat damit einen Einfluss darauf, wen Trump als Präsident trifft. Zudem hilft die Stabschefin bei der Umsetzung der politischen Agenda und der Setzung von strategischen Prioritäten. Sie ist sozusagen die wichtigste Einflüsterin des US-Präsidenten.
In seiner ersten Amtszeit wechselte Trump seinen Stabschef nach Belieben aus – gleich vier versuchten sich in dem Job und fielen schliesslich in Ungnade. Ab Januar darf sich nun mit Susie Wiles die erste Frau in der US-Geschichte auf dem Posten versuchen. Die Chancen, dass sie länger durchhält als ihre Vorgänger, sind vorhanden – wenn einem attestiert wird, man könne die Impulse eines Donald Trump kontrollieren, ist das sicherlich nicht die schlechteste Voraussetzung.
Es hat eine gewisse Ironie, wenn gerade eine Frau Trump massgeblich bändigen (oder zumindest das allerschlimmste verhindern ) könnte. Drücken wir ihr die Daumen.