Wegen des enormen Anstiegs der Arbeitslosigkeit in den USA könnten einer Studie zufolge fast 27 Millionen Menschen mitten in der Corona-Pandemie ihre Krankenversicherung verlieren. Der Grund dafür ist, dass die meisten Menschen dort über den Arbeitgeber krankenversichert sind, wie eine Studie der Kaiser Family Foundation erklärt.
Nach dem Verlust eines Jobs in den USA endet die Krankenversicherung über den Arbeitgeber oft sehr schnell. Viele Arbeitnehmer können es sich dann schlicht nicht leisten, die Police für sich und mitversicherte Familienangehörige privat weiter zu bezahlen. Die am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichte Studie geht allerdings davon aus, dass rund 21 Millionen Menschen nach dem Verlust der Versicherung des Arbeitgebers auf staatliche Hilfe hoffen können, darunter auch rund 6 Millionen mitversicherte Kinder. Wegen bürokratischer Hürden oder ungenügenden Subventionen dürften viele aber trotzdem mitten in der Coronavirus-Pandemie ohne Versicherungsschutz bleiben, hiess es. Zudem hätten rund 6 Millionen Menschen gar keinen Anspruch auf Hilfen.
In den Vereinigten Staaten haben wegen der Corona-Krise seit März mehr als 33 Millionen Menschen Arbeitslosenhilfe beantragt. Die USA sind praktisch das einzige entwickelte Industrieland ohne eine allgemeine staatliche Krankenversicherung. Selbst vor der Corona-Krise hatten rund 28 Millionen Menschen - fast jeder Zehnte im Land - keine Krankenversicherung.
Unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama wurden die Optionen für eine Krankenversicherung deutlich ausgeweitet. Die Zahl der Menschen ohne Versicherungsschutz hatte 2010 noch bei rund 46 Millionen gelegen. Das neue System, oft einfach «Obamacare» genannt, gekoppelt mit einem langem wirtschaftlichen Aufschwung, liess die Zahl der unversicherten Amerikaner dann bis 2018 auf 28 Millionen sinken. Doch jetzt steht die Wirtschaft vor einer schweren Rezession. Das werde ein Härtetest für das Obama-Versicherungssystem sein, erklärte die Stiftung.
Donald Trump, der sich im November um eine zweite Amtszeit bewirbt, will die sogenannte «Obamacare» abschaffen. Der US-Präsident macht unterdessen erneut Druck auf die Bundesstaaten, ihre Corona-Beschränkungen möglichst bald aufzuheben, damit sich die Wirtschaft erholen kann.
Der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, warf Trump vor, selbst angesichts der «grössten Gesundheitskrise seit einem Jahrhundert» weiterhin Parteipolitik und die Interessen der Gesundheitslobby über jene der Menschen in Amerika zu stellen. In der Krise dürfe «Obamacare» nicht weiter gestutzt werden, mahnte er. Die 27 Millionen Menschen, die jetzt ihre Versicherung verlieren könnten, seien keine Statistik, erklärte Biden. «Das sind unsere Verwandten, unsere Freunde, unsere Nachbarn, unsere Arbeitskollegen, die alle hart gearbeitet haben und sich an die Regeln gehalten haben und jetzt unverschuldet vor katastrophalen Herausforderungen stehen.» (sda/dpa)