Die einzige TV-Debatte zwischen den US-Vize-Kandidaten Kamala Harris und Mike Pence ging im Vergleich zur letztwöchigen Debatte zwischen Trump und Biden sehr gesittet über die Runden.
Zwar unterbrach Mike Pence doppelt (10) so oft wie Kamala Harris (5), im Vergleich zu letzter Woche aber relativ wenig – auch weil Harris zwei Anläufe von Pence mit einem resoluten «Mr. Vizepräsident, jetzt rede ich» unterband. Dafür überzog Pence immer wieder die ihm zugeteilte Zeit.
Er liess sich auch von der Moderatorin – der Journalistin Susan Page von der Zeitung «USA Today» – nicht stoppen und redete einfach weiter. 79 Beispiele gefällig? Hier entlang:
Aber genug unterbrochen, kommen wir zu den Highlights der Debatte:
Kamala Harris hat US-Präsident Donald Trump Versagen in der Corona-Pandemie vorgeworfen. «Diese Regierung hat das Recht auf eine Wiederwahl verwirkt», sagte Harris. «Das amerikanische Volk ist Zeuge des grössten Versagens einer Regierung in der Geschichte unseres Landes geworden.»
Kamala Harris addresses COVID-19 in first #VPdebate question: "The American people have witnessed what is the greatest failure of any presidential administration in the history of our country...This administration has forfeited their right to re-election" https://t.co/78k94KOfNV pic.twitter.com/yc7RuQypCb
— CBS News (@CBSNews) October 8, 2020
Harris sagte, anders als die Trump-Regierung habe Biden einen Plan für den Kampf gegen das Coronavirus. So solle die Kontaktverfolgung verbessert und ein Impfstoff – wenn die Entwicklung abgeschlossen ist – kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Pence sagte, Trump und er hätten grosses Vertrauen in die Fähigkeit der Amerikaner, die Informationen zum Schutz vor dem Coronavirus selber in die Praxis umzusetzen.
Und konterte: «Wenn ich mir ihren Plan anschaue, der über das vermehrte Testen, das Entwickeln neuer Schutzmassnahmen und Impfstoffe spricht, dann sieht das ein bisschen wie ein Plagiat aus. Darin kennt sich Joe Biden ein bisschen aus.»
Vice President @Mike_Pence on the Biden-Harris coronavirus plan: "When I look at their plan that talks about advancing testing, creating new PPE, developing a vaccine, it looks a little bit like plagiarism, which is something Joe Biden knows a little bit about."#VPDebate pic.twitter.com/f9Iwmylgib
— Team Trump (Text VOTE to 88022) (@TeamTrump) October 8, 2020
Die Debatte drehte sich zu diesem Punkt um die Transparenz in Bezug auf die Gesundheit des Präsidenten. Kamala Harris schlug den eleganten Bogen zu Transparenz in Sachen Steuern und kam auf die geleakten Steuern von Trump zu sprechen.
Harris: «Wir wissen jetzt, dass Trump 400 Millionen Dollar schuldet. Das heisst, man schuldet jemandem Geld. Und es wäre wirklich gut zu wissen, wem Trump, der Präsident, der Oberste Befehlshaber, das Geld schuldet. Das amerikanische Volk hat das Recht zu wissen, wer die Entscheidungen des Präsidenten beeinflusst.»
Sen. Kamala Harirs: "It would be really good to know who the President of the United States, the Commander in Chief, owes money to." #VPDebate pic.twitter.com/jKBwmWrbG8
— The Hill (@thehill) October 8, 2020
Nicht nur des Präsidenten Steuern waren aber Thema, sondern auch die der Bevölkerung. Joe Biden will im Fall seines Wahlsiegs die Steuerreform von Donald Trump rückgängig machen. Das betonte Harris in einem Votum.
Zugleich versicherte sie: «Joe Biden wird für niemanden die Steuern erhöhen, der weniger als 400'000 Dollar im Jahr verdient.» Pence behauptete unterdessen: «Joe Biden wird ihre Steuern am ersten Tag erhöhen.»
Kamala Harris responds to Pence's false claim that Biden will raise taxes "on day one" of his presidency: "I think this is supposed to be a debate based on fact and truth."
— CBS News (@CBSNews) October 8, 2020
When Pence interrupts, she says, "Mr. Vice President, I'm speaking" #VPdebate https://t.co/78k94KOfNV pic.twitter.com/Ibi4lPeLg7
Harris warf der Trump-Regierung vor, sie messe den Erfolg ihrer Wirtschaftspolitik daran, wie gut es den Reichen gehe – während sich Biden um die wirtschaftliche Lage der arbeitenden Amerikaner sorgen werde.
Pence stellte dagegen darauf ab, dass Trump unter anderem mit Steuersenkungen einen wirtschaftlichen Aufschwung und eine schnelle Erholung der Konjunktur in der Corona-Krise erreicht habe.
Kamala Harris hat Donald Trumps Regierung vorgeworfen, Amerika mit seiner Isolationspolitik unsicherer gemacht zu haben. «Er hat unsere Freunde verraten und sich mit Diktatoren auf der ganzen Welt verbündet», sagte Harris. In der Aussenpolitik gehe es um Beziehungen: Darum, gegenüber Freunden sein Wort und Feinde in Schach zu halten, sagte Harris und kritisierte ausdrücklich Trumps Austritt aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran.
.@KamalaHarris, on the president's approach to foreign policy: "What we have seen with Donald Trump is that he has betrayed our friends and embraced dictators around the world." #VPDebate pic.twitter.com/Sa9fx0MpoC
— Mother Jones (@MotherJones) October 8, 2020
Pence widersprach Harris' Darstellung umgehend. Die US-Regierung habe sich gegenüber Verbündeten stark gemacht, aber sei auch fordernd gewesen, sagte er und verwies darauf, dass die Nato-Verbündeten Trumps Forderung entsprechend die Verteidigungsausgaben erhöht hätten. Auf die Spannungen mit traditionellen Verbündeten wie Deutschland ging Trumps Vize nicht ein.
Pence fiel auch damit auf, dass er mehrfach einfach die Fragen ignorierte und stattdessen die Botschaften platzierte, die er unterbringen wollte. So redete er bei einer Frage nach der Position zu Abtreibungen zunächst einmal darüber weiter, wie die Trump-Regierung Irans Top-General Ghassem Soleimani mit einem Raketenangriff getötet hatte.
Beide Kandidaten wichen der Frage aus, wie ihre Absprachen mit den jeweiligen Präsidentschaftsanwärtern für eine Machtübergabe sind. Es ist ein wichtiger Punkt: Trump ist 74 Jahre alt und an Covid-19 erkrankt, Biden ist 77. Jeder der beiden wäre bei Amtsantritt im Januar 2021 der älteste Präsident in der US-Geschichte. Moderatorin Page hakte nicht nach.
Genauso wenig beantwortete Harris die von Pence gestellte Frage, ob Biden und die Demokraten im Falle ihres Wahlsiegs und der Rückeroberung der Mehrheit im Senat das Oberste Gericht vergrössern würden. Die Republikaner versuchen gerade, die Juristin Amy Coney Barrett in das höchste US-Gericht zu bringen. Sie würde eine konservative Mehrheit im Gericht zementieren. Pence ging nicht darauf ein, ob Trump und er eine Wahlniederlage akzeptieren würden. «Ich denke, wir werden diese Wahl gewinnen», sagte der Vizepräsident. Trump liegt in landesweiten Umfragen deutlich hinter Biden zurück.
Vice President Mike Pence dodged a question during the #VPdebate about whether President Trump will commit to a peaceful transfer of power if he loses the election https://t.co/4L40R7OkBX pic.twitter.com/fpiTE1YKqU
— CNN (@CNN) October 8, 2020
Der heimliche Star der Debatte war allerdings eine Fliege, die auf dem Kopf von Pence landete und eine Zeit lang im Haar blieb.
WATCH: A fly landed on Mike Pence's head during #VPdebate and stayed there for two minutes https://t.co/K93TgPwUao pic.twitter.com/slOmKOFJ8c
— CBS News (@CBSNews) October 8, 2020
Irrelevant? Mag sein, der Begriff «Fly» trendete aber nach kurzer Zeit auf Twitter und war einer der meistgesuchten Begriffe während der Debatte.
The fly arrived right when the Vice President denied the existence of systemic racism. That is all. #VPDebate pic.twitter.com/49P0AdSrpt
— Jan Schakowsky (@RepSchakowsky) October 8, 2020
Die Biden-Kampagne reagierte schnell darauf und bietet nun auf ihrem Online-Shop eine Fliegenklatsche an:
That was fast:https://t.co/S3UGIzG1CR
— Arianna Huffington (@ariannahuff) October 8, 2020
Und jeder zweite Witz über die Fliege drehte sich darum, von was eine Flüge überhaupt angezogen wird. Wir verlinken's nicht – ihr könnt's euch wohl selber vorstellen.
(jaw/sda/dpa)
Die Fragen sind ja eher wie auf Teflon abgeprallt an den einstudierten Antworten der Teilnehmenden.