International
USA

Fast 100 Schüsse gegen Schwarzen bei US-Verkehrskontrolle

Fast 100 Schüsse gegen Schwarzen bei US-Verkehrskontrolle

10.04.2024, 20:1311.04.2024, 06:32
Mehr «International»

In den USA ist erneut eine Debatte über Rassismus und Polizeigewalt entflammt, nachdem Beamte bei einer Verkehrskontrolle in Chicago nahezu 100 Schüsse auf einen schwarzen Mann abgefeuert und ihn so getötet haben. Der Vorfall ereignete sich bereits am 21. März in einer Wohngegend, aber die Behörde für polizeiliche Rechenschaftspflicht in Chicago (COPA) veröffentlichte die Bodycam-Aufnahmen der beteiligten Polizisten erst am Dienstag. Die Familie des getöteten 26-Jährigen namens Dexter Reed fordert weitere Aufklärung.

Flanked by family members, attorneys and supporters, Dexter Reed's father, Dexter Reed Sr., speaks to reporters outside the headquarters for the Civilian Office of Police Accountability in West T ...
Reeds Vater Dexter Reed Sr.Bild: keystone

Ersten Erkenntnissen von COPA zufolge feuerte der Mann zuerst selbst einen Schuss ab und traf einen Polizisten am Unterarm, nachdem ihn fünf Beamte angehalten hatten. Anwälte der Familie geben an, die Polizisten seien in Zivilbekleidung aufgetreten. Auf dem Videomaterial ist zu sehen, wie sie sich mit gezückten Waffen auf das Auto des Mannes zubewegen. Zunächst fordern sie ihn auf, sein Fenster herunterzukurbeln und dann, die Tür zu öffnen - nach Behördenangaben wurde er wegen eines nicht angelegten Sicherheitsgurtes angehalten. Die Bilder zeigen, wie der Mann offenbar nicht sofort den Anweisungen folgt, ein Schuss ist zu hören und die Situation eskaliert innerhalb kürzester Zeit.

Wie COPA mitteilte, feuerten die Beamten über 41 Sekunden hinweg ungefähr 96 Mal auf den Mann, auch dann noch, als er die Autotür geöffnet hatte und zu Boden fiel. Den Angaben zufolge wurde er in ein Krankenhaus gebracht und dort für tot erklärt. Auf seinem Beifahrersitz wurde demnach später eine Waffe entdeckt. COPA teilte weiter mit, die Ermittlungen dauerten an. Das FBI und das US-Justizministerium würden über den Verlauf informiert. Man habe zudem darum gebeten, vier Beamte vorerst von ihren polizeilichen Befugnissen zu entbinden.

Die Familie des Getöteten stellte die Umstände der Verkehrskontrolle zur Diskussion. Die Beamten hätten sich nie zu erkennen gegeben, sagte ihr Anwalt am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Es habe sich um Polizisten in Kapuzenpullis und Baseballkappen gehandelt, auch das Polizeiauto sei nicht gekennzeichnet gewesen. «Wir haben ein Problem mit der Polizeiarbeit in dieser Stadt», sagte ein weiterer Anwalt. Fünf Beamte seien «bewaffnet aus einem Auto gesprungen, für einen jungen Mann, der nicht angeschnallt war».

In den USA kommt es regelmässig zu tödlichen Polizeieinsätzen ähnlicher Art. Stellvertretend steht dafür der Fall von George Floyd, der vor wenigen Jahren nationale Proteste auslöste. Im Mai 2020 war der Afroamerikaner bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis ums Leben gekommen. Videos dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Der weisse Beamte Derek Chauvin presste dabei sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Der Fall führte damals zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. (hkl/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
96 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Hans Hampelmann
10.04.2024 21:29registriert Februar 2024
Ich habe mir die Bodycamvideos jetzt schnell angeschaut, damit ich ein besseres Bild habe. Erstens war das Auto von Reed von 2 mit Blaulicht und Horn ausgestatteten Autos geblockt, die Blaulichter sind auch eingeschaltet. Zweitens spricht Reed zuerst mit einer Polizistin und man merkt an der Interaktion, dass er ganz klar weiss das er mit der Polizei spricht. Drittens gab er zunächst n zur einen Schuss ab, danach schiesst er aber 10 weitere Male auf die Polizisten. Bei den rund 10 anwesenden Polizisten kommen schnell 100 Schuss zusammen, vorallem wenn der Verdächtige permanent zurückschiesst.
16014
Melden
Zum Kommentar
avatar
FACTS
10.04.2024 23:09registriert April 2020
Der Artikeltitel ist irrefühhrend: Auf den Getöteten wurde nicht wegen einer Verkehrskontrolle geschossen, sondern weil er bei einer Verkehrskontrolle auf Polizisten schoss (und verletzte), die in einer akuten Notwehrsituation zurückschossen.

Ob fast 100 Schuss notwendig waren, den Angreifer zu stoppen, mag man diskutieren (der einzelne Polizist gab wesentl. weniger ab), aber grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass bei einem aktiven Schusswechsel auch gezielte Tötungsschüsse abgegeben werden dürfen, um den Angreifer zu stoppen & das eigene Leben nicht weiterhin zu riskieren!
1298
Melden
Zum Kommentar
avatar
In vino veritas
10.04.2024 23:42registriert August 2018
Tja. Man sollte nun mal nicht auf Polizisten schiessen, da sie zur Verwunderung aller selbst bewaffnet sind und zurück schiessen.

Wer das Video ansieht erkennt, dass es sich um Polizisten handelt. Das beginnt zum Beispiel damit, dass sie so lustige Autos mit Blaulichter haben. Oder daran, dass Polizisten in Uniform keine 10 Meter von ihm entfernt gegenüber stehen und die Waffe ziehen. Oder daran, dass sie ihm klar dazu auffordert, die Scheibe herunter zu lassen um ihn zu kontrollieren. Und einige der Cops waren schwarz! Aber wahrscheinlich sind die bösen Rassisten trotzdem schuld daran…
11516
Melden
Zum Kommentar
96
Neue Details zur Auflösung der Beatles? Diese Papiere wurden für 9000 Pfund versteigert

Kürzlich gefundene juristische Dokumente der Beatles sind bei einer Auktion für 9000 Pfund (rund 10'200 Franken) unter den Hammer gekommen. Die Dokumente werfen laut dem Auktionshaus ein neues Licht auf die Auflösung der Band.

Zur Story