Wenige Tage vor dem Midterm-Entscheid wird der Ukraine-Krieg zum erbitterten Schlachtfeld innerhalb der republikanischen Partei. Genauer: die Weiterführung der US-Militärhilfe an die Ukraine.
Bisher hat die Regierung von Joe Biden Waffen und Ausrüstung im Umfang von 18.5 Milliarden US-Dollar nach Kiew geliefert. Vor Wochenfrist kündigte die US-Regierung weitere Militärhilfen im Wert von 275 Millionen an, darunter bodengestützte Luftverteidigungs- und Satellitenkommunikationssysteme.
Doch mit solchen Lieferungen könnte Schluss sein, sollten die Republikaner am 8. November Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus erringen. Wenn es nach der republikanischen Kongressabgeordneten Marjorie Taylor Greene geht, wird danach «kein einziger Penny mehr in die Ukraine fliessen».
An einer Wahlkampfveranstaltung in Sioux City, Iowa, wiederholte die als rechtsextrem geltende Politikerin mit dieser Aussage bloss den Standpunkt, den zuvor bereits andere Republikaner wie Minderheitenführer im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, ausgesprochen hatten: Warum sollten die USA weitere Millionen in die Ukraine pumpen, während sich im eigenen Land die wirtschaftliche Lage verschlechtert?
Nicht nur sind solche Androhungen ein gefundenes Wahlkampf-Fressen für Bidens Demokraten, sie stossen auch gemässigten Politikern in den eigenen Reihen sauer auf. So griff die bei den Trump-nahen Republikanern verhasste Liz Cheney ihre Parteikollegin in den sozialen Netzwerken frontal an:
Selbstverständlich liess Taylor Greene diese Schmähung nicht lange auf sich sitzen und twitterte bösartig zurück. Ein Ding der Vergangenheit seien bloss zwei Sachen: erstens Liz Cheney und die republikanische Partei ihres Daddy, welche die USA in völlig nutzlose, teure Kriege hineingezogen habe. Und zweitens nochmals sie, Liz Cheney.
There are two things that are in the past.
— Rep. Marjorie Taylor Greene🇺🇸 (@RepMTG) November 4, 2022
1. You and your Daddy’s Republican Party that sent our military to fight foreign wars on the backs of American tax dollars and didn’t win a damn thing.
2. You. https://t.co/cneLwdkxQ8
Unbeabsichtigte Rückendeckung liefert der Tochter von George W. Bushs Vizepräsident Dick Cheney nun ausgerechnet das russische Staatsfernsehen. An einer Talkrunde äusserten die Teilnehmer die explizite Hoffnung auf einen Wahlsieg der Republikaner und dessen - hoffentlich bremsenden - Einfluss auf künftige US-Militärhilfen ans Kiewer Regime.
Nur «Trolle und nützliche Idioten» würden deshalb Moskau in diesen Bestrebungen unterstützen, verkündete anschliessend die US-Politikbeobachterin Julia Davis mit Bezug auf den russischen TV-Talk.
Meanwhile in Russia: Kremlin-funded state TV explains why they're rooting for MAGA Republicans in the midterms and reveal the key talking points their trolls and useful idiots will be spreading to undermine Biden and the Democrats. pic.twitter.com/ND3nniLo8p
— Julia Davis (@JuliaDavisNews) November 3, 2022
Angesichts der jüngsten Drohungen von McCarthy und jetzt Taylor Greene ermahnte US-Präsident Joe Biden die Wählerschaft, wie folgenreich die Blockade von US-Militärhilfe im Kongress ausfallen könnte: «Es geht um viel mehr als die Ukraine. Es geht um Osteuropa. Es geht um die Nato.»
Wie gross die Gefahr einer solchen Blockade bei einem republikanischen Wahlsieg indes tatsächlich wäre, ist umstritten. Zum einen haben rund 90 Prozent der republikanischen Senatoren und 75 Prozent der Abgeordneten den bisherigen Militärhilfskrediten im Kongress zugestimmt.
Anderseits betont der oberste Republikaner im Senat, Mitch McConnell, dass es im nationalen Sicherheitsinteresse Amerikas liege, Russland bei seiner Aggression gegen einen Nachbarstaat in die Schranken zu weisen. Zweifellos würden aber republikanische Mehrheiten in den beiden Kongresshäusern Joe Biden zu grösseren Zugeständnissen an den politischen Gegner zwingen, die Militärhilfen an die Ukraine im selben Umfang fortzuführen.
Inzwischen nimmt die Ukraine mit Befriedigung vom Wahlausgang in Israel und dem erfolgreichen Comeback von Ex-Premierminister Benjamin Netanjahu Kenntnis. Präsident Wolodomir Selenski gratulierte dem Wahlsieger persönlich und hoffte, «eine neue Seite in der Zusammenarbeit mit der neuen Regierung Israels zum gemeinsamen Wohl» aufschlagen zu können.
Congratulations to @netanyahu on winning the elections. It’s always important to see real democracy in action. 🇺🇦 & 🇮🇱 share common values & challenges that now require effective cooperation. We hope to open a new page in cooperation with the new 🇮🇱 Government for 🇺🇦&🇮🇱 benefit!
— Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) November 3, 2022
Der Hintergrund von Selenskis Glückwunschadresse nach Jerusalem ist offensichtlich: Seit Monaten gibt die ukrainische Führung ihrer Frustration darüber Ausdruck, von der Regierung des liberalen Ministerpräsidenten Jair Lapid militärisch nicht unterstützt worden zu sein. Tatsächlich hatte Lapid einen weitgehend neutralen Kurs im Ukrainekonflikt vertreten, nicht zuletzt aus Rücksicht auf die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland und der grossen russisch-jüdischen Gemeinde im eigenen Land.
Vom knallharten Sicherheitspolitiker Netanjahu erhofft sich Kiew dagegen endlich die Lieferung Luft- und Drohenabwehrsystems «Iron Dome» und künftig vielleicht sogar eine Partizipation an der sich in Entwicklung befindenden Laser-Weiterentwicklung «Iron Beam». (aargauerzeitung.ch)
Mir graut's vor dem nächsten Dienstag.