Ein Mann stürmt eine Schule und erschiesst neun Menschen – weitere wurden bei der Blutorgie schwer verletzt. Offenbar hat der Mann aus der Nachbarort von Roseburg seine Tat auf Social-Media-Kanälen angekündigt – und Äusserungen des Schützen während des Amoklaufs deuten auf eine religiös motivierte Tat hin.
Es ist ein so reflexartiges wie rituelles Schauspiel: Der Mord ruft die Gegner der laxen Waffengesetze in den USA ebenso auf den Plan wie die Lobby der Waffenhersteller.
Während Letztere kurz nach dem Amoklauf forderten, Schüler wie Lehrer müssten allesamt mit einer Waffe ausgestattet, appellierten die Kritiker an US-Präsident Obama: Dieser richtet sich mit ungewohnt scharfen Worten an die Öffentlichkeit:
Schon wieder sei eine Gemeinde von Trauer überwältigt, so Obama. Die USA seien das einzige fortschrittliche Land, das alle paar Monate eine neue Massenschiesserei erlebe. Und weiter:
Tatsache ist: Obama untertreibt masslos, wenn er von einer «neuen Massenschiesserei alle paar Monate» spricht: Seit er Präsident ist, verging keine Kalenderwoche ohne ein solches Massaker. Freilich ist die Zahl Waffen gemäss einer Statistik, in die Verkaufszahlen, Background-Checks und ähnliche Erhebungen einfliessen, seit Beginn seiner Amtszeit 2008 stark angestiegen.
Dieser Wert muss allerdings mit kritischer Distanz betrachtet werden, weil in den Vereinigten Staaten keine Datenbank existiert, in der sämtliche Waffenbesitzer vermerkt sind. Trotzdem wird klar: Die kolportierte Zahl der neuen Handfeuerwaffen war bereits vor Obamas Einzug ins Weisse Haus im Steigen begriffen, schwillt seit 2011 aber besonders sprunghaft an. Und diese konzentrieren sich immer mehr: Im gleichen Zeitraum hat die Zahl der Haushalte, in denen eine oder mehrere Waffen geführt werden, merklich abgenommen.
Freude an der Obama-Administration dürften die beiden grössten Hersteller nicht-militärischer Waffen, die Unternehmen «Sturm Ruger» und «Smith & Wesson», haben. Dank des grossen Reibachs explodierten auch die Aktienkurse – um 700 respektive 450 Prozent.
Wie eine Grafik der «Washington Post» zeigt, kam es in den ersten acht Monaten dieses Jahres zu knapp 250 grossen Schiessereien mit vier oder mehr Toten. An 24 Tagen in diesen acht Monaten starben bei jeweils drei oder mehr Schiessereien mindestens 12 Menschen.
Der «Economist» zeigt in einer weiteren Erhebung: Die grossen Schiessereien werden immer verheerender, sie fordern immer mehr Menschenleben. Die Daten basieren auf Statistiken des Stanford University Geospatial Centre, das sich wiederum auf FBI-Daten beruft.
Trotz der jüngsten Bluttaten: Immer mehr US-Amerikaner verwehren sich gegen restriktivere Waffengesetze. Befürworteten 1959 noch 60 Prozent der Bevölkerung ein Verbot von Handfeuerwaffen, waren es 2014 nur noch 26 Prozent. Im Gegenteil: 63 Prozent stimmten voriges Jahr der Aussage zu, der Besitz einer Schusswaffe mache einen Haushalt sicherer.
Hinter Mexiko belegen die USA bei der Mordrate Platz zwei aller OECD-Länder. Auf 100'000 Personen kamen 2012 etwa 4,7 Morde, was einem Rückgang gegenüber 2011 entspricht. 2015 wird aber wieder ein Anstieg befürchtet.
Eine Karte der Website Vox zeigt eine Übersicht über sämtliche grossen Schiessereien in den USA seit dem Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School in der US-Kleinstadt Newtown am 14. Dezember 2012. Damals starben 28 Menschen.
=> Hier geht es zur interaktiven Karte.
Mass shootings since Sandy Hook, in one map http://t.co/yUNumeYAN8 pic.twitter.com/FQ4fmlLV8i
— Vox (@voxdotcom) October 2, 2015
Eine Gegenüberstellung der Zahlen jener US-Bürger, die Opfer terroristischer Gewalt geworden sind und jener, die bei einem Schusswaffen-Delikt innerhalb des Landes ums Leben gekommen sind, zeigt: Es erlagen 2011 635 mal mehr Menschen einem nicht-terroristischen Schusswaffen-Delikt als einem klar terroristisch motivierten Mordanschlag.
=> Hier geht es zur interaktiven Grafik.
(tat)
Die NRA hält diesen Preis für akzeptabel!
Viele Amis kauften sich ja gerade wegen einer drohender stärkeren Regulierung noch die eine oder andere Waffe. Im Nachhinein muss man aber sagen: Die haben ihre Politiker und Lobbysten unterschätzt.