Auf den ersten Blick sind die Nachrichten zwei Hingucker: Zunächst hatten Russland, Saudi-Arabien, Venezuela und Katar sich geeinigt, ihre Ölproduktion auf dem Niveau vom Januar einzufrieren. Ausgerechnet die Russen und die Saudis, die sich – nicht nur auf dem Ölmarkt – oft spinnefeind sind.
Am Mittwochnachmittag nun versprach auch Iran, das Abkommen zu unterstützen. Ausgerechnet Iran, Erzrivale der Saudis und eben jene Ölfördermacht, die nach einem jahrelangen Embargo zurück an den Weltmarkt drängen will.
Formal gesehen ist beides bemerkenswert; inhaltlich ist es Blendwerk.
Es überrascht nicht, dass die Russen ihr Produktionsniveau einfrieren – sie pumpen ohnehin am Limit. Auch von Saudi-Arabien, Venezuela und Katar hatte niemand ernsthaft Produktionssteigerungen erwartet.
Und Iran? Ölminister Bijan Zanganeh hat mit keinem Wort erwähnt, die eigene Förderung auch einfrieren zu wollen. Die iranische Produktion dürfte weiter anziehen.
Das, was da als grosser Durchbruch verkauft wird, ist in Wahrheit ein Bluff mit durchsichtigem Motiv: Die Förderländer wollen die Stimmung auf dem Weltölmarkt verändern.
Konkret wollen die Fördernationen, dass Spekulanten nicht mehr sicher auf eine weitere Verbilligung des Öls setzen können. Ihr Kalkül: Vielleicht muss man gar keine milliardenteuren Förderkürzungen beschliessen. Vielleicht reicht es schon, die vage Möglichkeit von Förderkürzungen in den Raum zu stellen. Schon das könnte Erwartungen auf eine Verknappung des Angebots schüren und Investoren dazu bringen, sich mit billigem Öl einzudecken – was den Preis in die Höhe treiben würde.
Überspitzt gesagt: Die Ölförderländer versuchen, die Spekulanten für blöd zu verkaufen. Doch das wird kaum klappen – wie sich am Ölpreis zeigt: Vor dem Treffen der vier Fördernationen in Doha am Dienstag waren die Preise in die Höhe geschnellt, weil Investoren auf eine substanzielle Einigung hofften. Nachdem der laue Kompromiss verkündet war, stürzten die Preise rasch wieder ab.
Investoren schauen derzeit vor allem auf die harten Zahlen. Und die besagen: Selbst wenn die Ölproduktion weltweit – nicht nur in Saudi-Arabien, Russland, Venezuela und Katar – auf dem Januarniveau eingefroren würde, gäbe es im laufenden Jahr ein Überangebot von 300 Millionen Barrel (also von fast 48 Milliarden Litern). Hinzu kommen rund drei Milliarden Barrel als Reserven in randvollen Ölspeichern.
Jetzt, da sich Iran einem Abkommen verweigert, dürfte das Überangebot noch weiter steigen.