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Hamburger Hafen: Deutsche Regierung erlaubt Einstieg der Chinesen

Hamburger Hafen: Deutsche Regierung erlaubt begrenzten Einstieg der Chinesen

Der Deal sorgte für reichlich Ärger in Deutschland: Nun hat sich das Bundeskabinett unter Kanzler Olaf Scholz im Streit um eine chinesische Beteiligung im Hamburger Hafen auf einen Kompromiss verständigt.
26.10.2022, 08:5426.10.2022, 09:31
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Ein Artikel von
t-online

Die deutsche Regierung hat einen begrenzten Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in die Betreibergesellschaft eines Container-Terminals im Hamburger Hafen erlaubt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters aus Regierungskreisen stimmte das Bundeskabinett am Mittwoch einer sogenannten Teiluntersagung zu.

Statt des Einstiegs mit 35 Prozent beim Containerterminal Tollerort des Hamburger Hafenlogistik-Konzerns HHLA genehmigt die Bundesregierung nun nur eine Beteiligung der Chinesen von 24.9 Prozent.

epa10266476 German Chancellor Olaf Scholz arrives for the weekly meeting of the German Federal cabinet at the Chancellery in Berlin, Germany, 26 October 2022. Among other topics, during the 38th cabin ...
Der aus Hamburg stammende SPD-Politiker und Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich mit seiner chinafreundlichen Haltung gegenüber kritischen Stimmen durchgesetzt.Bild: keystone

Cosco-Zustimmung offen

Mit der Teiluntersagung solle eine strategische Beteiligung verhindert und die Beteiligung auf eine reine Finanzbeteiligung reduziert werden, hiess es im Voraus. So solle es der Erwerberfirma unter anderem untersagt werden, sich vertraglich Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen zu lassen. Auch solle sie keine Mitglieder der Geschäftsführung benennen dürfen. Ob Cosco dem Kompromiss zustimmt, ist bisher offen.

Der Kompromiss ist in der Ampelkoalition umstritten. Unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen war politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte vor neuen Abhängigkeiten und wollte den chinesischen Einstieg komplett untersagen. Auch andere Ministerien wollten dies.

Scholz: Viele Fragen müssen geklärt werden

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Anfang November nach China reist, betonte zuletzt, dass noch nichts entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten. Er wies zudem darauf hin, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe. Grund und Boden selbst sind zu 100 Prozent im Besitz der Hansestadt Hamburg.

Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrösste Containerreederei. Deren Schiffe laufen seit mehr als 40 Jahren das Terminal Tollerort an. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das Container Terminal Tollerort (CTT) zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen. Reedereibeteiligungen an Terminals sind in der globalen Containerlogistik üblich. Cosco selbst hält allein in Europa bereits Beteiligungen an acht Terminals.

Trittin: «Damit wird man ein Stück weit ökonomisch erpressbar»

Die Vorsitzende der Jungen Liberalen in der FDP, Franziska Brandmann, hatte die Bundesregierung und die eigene Partei vor der Entscheidung des Kabinetts aufgefordert, die geplante Beteiligung von Cosco an dem Terminal im Hamburger Hafen zu stoppen. Alles andere schade auch der FDP. «Es ist schmerzlich deutlich geworden, dass die Grosse Koalition im Umgang mit Russland zu blauäugig agiert und Deutschland so in eine energiepolitische Abhängigkeit geführt hat», sagte Brandmann dem «Redaktionsnetzwerk Deutschland» (Mittwoch). Diese «sicherheitspolitische Naivität» müsse mit der Ampelregierung ein Ende haben.

Jürgen Trittin, aussenpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, nannte die Kompromisslösung in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern eine «Schadensbegrenzung», da jetzt «die Umwandlung einer strategischen Beteiligung in eine finanzielle» geplant sei.

«Aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass es bei unmittelbaren Konkurrenten des Hamburger Hafens, etwa in Rotterdam und Antwerpen, bereits chinesische Beteiligungen gibt. Damit wird man ein Stück weit ökonomisch erpressbar», sagte Trittin. Er forderte «für solche Fälle eine europäische Regulierung, sonst macht jedes Mitgliedsland sein Ding allein – und wird dann von Peking aus gegeneinander ausgespielt».

Quellen

  • Nachrichtenagenturen Reuters und DPA

(dsc/t-online)

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42 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Skunk42
26.10.2022 09:23registriert Februar 2022
Es scheint so, als erpresse Cosco Deutschland bereits jetzt. Wenn sie den Hafen nicht bekommen, werden sie diesen weniger (oder nicht mehr) anlaufen. Dies schwächte den Standort und damit die Arbeitsplätze. Dennoch würde ich eher in diesen sauren Apfel beissen, als den Chinesen das Sagen zu überlassen.
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Hubi128
26.10.2022 09:14registriert Mai 2020
Kaum zu glauben. Über lange Jahre hat man seine Seele an Putin verkauft, was sich jetzt gnadenlos rächt. Es will mir nicht in den Kopf, wie man diesen Fehler nun mit dem zweiten grossen Tyrannen wiederholen kann.
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Icetabby01
26.10.2022 09:05registriert Mai 2021
Wie sagte schon Einstein: Es gibt zwei Sachen die unendlich sind, das All und die Dummheit der Menschen. Aus der Geschichte nichts gelernt, aber wir in der CH sind nicht besser.
Eine europäische Beteiligung an einem chinesischen Hafen würden die Chinesen nie zulassen.
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